Kristin Lavranstochter 1
sei, dieser Mönch mit dem unnorwegischen Namen. Frau Groa war zum Sprechen aufgelegt; sie erzählte, daß er hier in Oslo geboren sei, daß aber sein Vater ein Engländer gewesen sei, Rikard Plattenmeister, der sich mit einer Bauerntochter aus dem Skogheimgau verheiratet habe und in der Stadt ansässig geworden sei - zwei Brüder Edvins waren angesehene Waffenschmiede in der Stadt. Aber dieser älteste der Söhne des Plattenmeisters war seiner Lebtage ein unsteter Geist gewesen. Zum Klosterleben hatte er zwar von Kindesbeinen an Lust gehabt, und er war bei den Graumönchen auf der Hauptinsel eingetreten, sowie er das vorgeschriebene Alter hatte. Sie sandten ihn zur Erziehung in ein Kloster nach Frankreich - er war gut begabt; dort draußen hatte er es durchgesetzt, aus dem Orden der Zisterzienser auszutreten und in den Minoritenorden einzutreten. Und als später die Brüder eigenhändig anfingen, eine Kirche östlich von Lökken zu bauen, gegen das Verbot des Bischofs, da war Bruder Edvin einer der ärgsten und streitbarsten gewesen, ja er hatte einen der Männer, den der Bischof gesandt hatte, um die Arbeit durch ihn einstellen zu lassen, mit einem Hammer halb erschlagen.
Es war lange her, seit jemand so viel auf einmal mit Kristin gesprochen hatte, und als nun Frau Groa sagte, sie könne jetzt gehen, beugte sich das junge Mädchen herab und küßte der Äbtissin die Hand, ehrerbietig und innig; die Tränen traten ihr dabei in die Augen. Als Frau Groa dies sah, glaubte sie, es sei aus Kummer - und da sagte sie, daß sie vielleicht doch einmal ausgehen und Bruder Edvin begrüßen dürfe.
Und einige Tage später erhielt sie den Bescheid, daß jemand vom Kloster im Königshof etwas zu tun habe, da könne sie mit zu den Brüdern auf Lökken hinausgehen.
* Bergen.
Bruder Edvin war daheim. Kristin hatte nicht geglaubt, daß sie beim Anblick eines anderen Menschen als Erlend so froh werden könnte. Der alte Mann saß da und streichelte ihre Hand, während sie miteinander sprachen - dankte ihr, weil sie gekommen war. Nein, er sei seit jener Nacht, in der er auf Jörundhof geschlafen habe, nicht mehr in die Gegend gekommen, aber er habe erfahren, daß sie heiraten solle, und er wünsche ihr Glück dazu. Da bat Kristin, ob er mit ihr in die Kirche gehen wolle.
Sie mußten zum Kloster hinaus und um dasselbe herum zum Haupteingang gehen; Bruder Edvin wagte nicht, sie durch den Hof zu führen. Er war überhaupt sehr verzagt und schien ängstlich zu sein, etwas zu tun, was Ärgernis erregen könnte. Er war sehr alt geworden, dünkte es Kristin.
Und als sie ihr Opfer auf den Altar des Priesters, der in der Kirche war, gelegt hatte und danach Edvin bat, ihr die Beichte abzunehmen, erschrak er sehr. Das wage er nicht, es sei ihm streng verboten worden, die Beichte abzunehmen.
„Ja, du hast vielleicht davon gehört“, sagte er, „es verhielt sich nun einmal so, daß ich glaubte, diesen armen Menschen jene Gaben nicht verweigern zu können, die Gott mir unentgeltlich gegeben hat. Aber ich hätte sie natürlich dazu anhalten müssen, an der richtigen Stelle Sühne zu suchen - ja, ja . . . Du aber, Kristin, bist ja verpflichtet, bei eurem Prior zu beichten.“ „Es ist etwas, was ich dem Prior im Kloster nicht beichten kann“, sagte Kristin.
„Denkst du, es könne dir nützen, wenn du mir das beichtest, was du vor deinem rechten Beichtvater verbergen willst?“ sagte der Mönch strenger.
„Kannst du nicht meine Beichte hören“, sagte Kristin, „dann kannst du mich wohl mit dir sprechen und dich in der Sache um Rat fragen lassen, die mir auf dem Herzen liegt.“
Der Mönch blickte um sich. Die Kirche war jetzt gerade leer. So setzte er sich auf eine Truhe, die in einem Winkel stand.
„Denke daran, daß ich dich nicht entsühnen kann, aber ich werde dir raten und werde mit dir schweigen, als hättest du es mir in der Beichte gesagt.“
Kristin stellte sich vor ihn hin und sagte:
„Es verhält sich so, daß ich nicht Simon Darres Weib werden kann.“
„Du weißt, daß ich dir hierin nicht anders raten kann, als dein Prior dir raten würde“, sagte Bruder Edvin. „Ungehorsamen Kindern schenkt Gott kein Glück, und dein Vater will dein Bestes, das weißt du wohl.“
„Ich weiß nicht, welches dein Rat sein wird, wenn du mich zu Ende gehört hast“, erwiderte Kristin. „Die Sache steht nun so, daß Simon zu gut dafür ist, an dem kahlen Zweig zu nagen, von dem ein anderer Mann die Blüte abgebrochen
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