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Krokodil im Nacken

Krokodil im Nacken

Titel: Krokodil im Nacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kordon
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»Du willst uns doch wohl nicht etwa zur Flucht überreden, Tante Fränze?«
    Fränze nippte an ihrem mitgebrachten Kognak und zog an ihrer Gauloise ohne Filter, als wollte sie sie mit einem Zug zum Verglühen bringen. »Überreden nicht – aber vielleicht dabei helfen, falls ihr euch dazu entschließen solltet.«
    Es war, als hätte jemand mit einem Schlag alle Lichter aus- und wieder angeknipst. Was hatte Fränze da eben gesagt?
    Fränze, ganz ernst: »Hab schon oft darüber nachgedacht. Sehe ja, dass ihr nicht glücklich seid. Was meint ihr, soll ich euch hier rausholen?«
    Erst schüttelte Lenz nur den Kopf, als wollte er immer noch nicht glauben, was er da zu hören bekommen hatte, dann spottete er: »Und wie willst du das bewerkstelligen? Willst du einen Hubschrauber schicken? Unser Haus besitzt ein Flachdach, auf dem könnte er prima landen. Oder sollen wir uns zu viert unter den Rücksitz deines Käfers quetschen?«
    Franziska blieb ernst. »Wenn ihr mir sagt, dass ihr hier wegwollt, suche ich nach einem Weg. Es liegt an euch, mein Angebot anzunehmen.«
    Da konnte auch Lenz nicht mehr lachen. Was stand da plötzlich für eine Frage im Raum?
    »Also weißt du!« Hannah schüttelte verärgert den Kopf. »Du redest, als ginge es nur um einen ganz normalen Umzug.«
    »Habt ihr denn nie darüber nachgedacht?«
    Lenz: »Hast du schon über deine nächste Reise zum Mars nachgedacht?«
    »Aber wenn es nun einen Weg gäbe, der euch und die Kinder nicht gefährdet?«
    Ja, wenn es den gäbe – dann würden sie gehen! So weit waren sie längst. Aber was sollte Fränzes Spinnerei? Einen solchen Dschungelpfad mitten durch die Mauer hatte noch niemand entdeckt.
    Franziska ließ nicht locker. Und wenn sie nun eine Urlaubsreise nach Kuba machten? Die war DDR-Bürgern doch erlaubt und mit ihrer finanziellen Hilfe sicher nicht unerschwinglich. Weshalb sollte sie nicht in Miami ein Boot chartern, nach Kuba hinübertuckern, sie dort irgendwo einladen und ganz gemütlich wieder zurückschippern? »Die haben keine Mauer um ihre Insel. Jede Woche verschwinden Hunderte Kubaner in Richtung USA.«
    Das war eine so verrückte Idee, dass Lenz und Hannah erleichtert aufatmeten: Gott sei Dank, Fränze spinnt nur! Wir müssen uns nicht ernsthaft mit dieser Frage beschäftigen. Belustigt phantasierten sie ein bisschen mit, um Franziska den Spaß an ihren Winnetougeschichten nicht zu verderben, und vergaßen das Ganze wieder. Während ihres nächsten Besuches aber kam sie darauf zurück: Sie habe sich inzwischen erkundigt, das mit Kuba wäre doch ein zu riskantes Unternehmen. Über Bulgarien ließe sich die Ausreise sehr viel leichter bewerkstelligen. Ihr neuester Plan: Die Familie Lenz unternahm eine Urlaubsreise ans Schwarze Meer, während sie ihnen bundesdeutsche Pässe besorgte, die sie ihnen dann dort in die Hand drücken würde und mit denen sie problemlos in die Türkei ausreisen könnten. Waren sie erst in der Türkei, waren sie auch bald in der Bundesrepublik.
    Die Unruhe in Hannah und Lenz kehrte zurück. »Und die bulgarischen Einreisestempel«, fragte Lenz, »wie zauberst du die in deine falschen Pässe? Wer ausreisen will, muss zuvor eingereist sein.«
    »Es sind echte Pässe«, verbesserte ihn Fränze. »Wir lassen uns auf keine Fälschungen ein. Ich hab da jemanden an der Hand, der liefert uns echte Pässe. Und die Einreisestempel sind dann auch schon drin.«
    »Und woher hat dein … Lieferant die Pässe?« Hannah erschienen die Aktivitäten ihrer Schwester inzwischen ein wenig unheimlich. Was Fränze da alles auf sich nahm, nur um ihnen zu helfen …
    »Das wird er mir gerade auf die Nase binden. Er hat sie und damit gut.«
    Lenz: »Und woher willst du wissen, dass der Mann – oder die Frau – zuverlässig ist? Erkennst du einen falschen Pass oder irgendeinen Fehler an dem Einreisestempel auf den ersten Blick?«
    »Ich kann ihn mit dem Stempel in meinem Pass vergleichen. Und was die Papiere selbst betrifft, vertraue ich den Leuten, die mir diesen Lieferanten empfohlen haben.« Fränze war überzeugt von ihrem Plan. Fast ein wenig ungeduldig fügte sie hinzu: »Mein Gott, bei uns kannst du für das nötige Geld alles bekommen!«
    Schweigen. Lenz blickte Hannah an und Hannah Lenz.
    »Und was verlangt dein Lieferant für seine echten Pässe?«, fragte Hannah dann.
    Zehntausend Mark pro Pass verlangte er. Das waren, da die Kinder noch keinen eigenen Pass benötigten, sondern beim Vater oder bei der Mutter eingetragen wurden,

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