Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
Vom Netzwerk:
starrte.
    Erst als seine Frau, beinah stellvertretend für seine Fäuste, auf den Tisch schlug, schienen ihre Worte in ihn zu dringen, und er mußte erkennen, daß sie recht hatte. Bald blätterten sie im Herstellerkatalog, faßten zwei Modelle ins Auge, und schon am Nachmittag saß Kronhardt im Büro. Pfiff eine Melodie, flippte durch den Karteikasten, und nach einer kleinen Vorbereitung für Stimme und Ausdruck forderte er am Telefon ausführliche Unterlagen zu dem neuen Achtkopfmodell. Und selbstverständlich ein Angebot, das ihn als langjährigen Kunden nicht an die Konkurrenz nötigen würde.
    Nach dem Standesamt frühstückten Willem und Barbara im Parkhotel, eine illustre Sache mit Glaskuppel und Blick auf die Wasserspiele. Am Nebentisch rumorte der Sänger einer englischen Rockband; er sah angeschlagen aus, und die anderen schienen ihn nicht zu kümmern. Als der Oberkellner an seinen Tisch kam, stopfte ihm der Sänger ein paar Scheine in die Livree und rumorte weiter. Für die anderen Gäste wurde der Flügel mit der Orangerie geöffnet, und bald saßen nur noch das Brautpaar und der Rockstar im Saal. Der Engländer stieß die Marmelade beiseite und langte nach dem Rührei. Es schien kalt geworden, und er schrie nach neuem. Dann schrie er nach Whisky, warf die Serviette auf den Tisch, der Stuhl schlug um, und er marschierte rumorend in die Orangerie.
    Der Klang ihrer Gläser stieg durch den Kristallüster bis unters Kuppeldach. Das Schlagen ihrer Zungen, die Kehllaute.
    Der Page verstaute die Koffer und verbeugte sich, während er die Tür zum Fond aufhielt. Das Taxi war auf Hochglanz poliert, ein altes Modell mit Trennscheiben, und der Fahrer trug eine Dienstmütze. Er umsteuerte die Innenstadt Richtung Hafen, hielt die Droschke gelassen im dröhnenden Schwerlastverkehr, machte einen kurzen Schlenker, so daß von der Werft der Umriß eines neuen Supertankers aufflackerte, und dann zogen sie auswärts. Industrie siedelte auf dem alten Schwemmland oder auch neue Wohnquartiere. Hinter dem Deich fiel Sonnenlicht auf den Fluß, und während der Fahrer die Grünphase an den Kreuzungen mühelos einfing, schob sich von Norden der Geestrücken heran; ungehobeltes, welliges Land, ein paar Waldflecken noch auf den Endmoränen, ansonsten vereinnahmt von großtuerischem Neubau, gelber Klinker zumeist, mit Weitblick von den in den Hang geschlagenen Südterrassen.
    Ãœber der B6 spannte sich eine marmorierte Wolkendecke; blaue Adern durchleuchteten das Weiß, und darunter zogen Heideinseln dahin, Wald und Moor. Zweimal überholten sie einen Traktor, und kurz vor Bremerhaven standen Schutzmänner auf der Straße. Sie trugen weiße Paletots, und mit ihren Kellen fädelten sie den Verkehr in eine Bucht. In der Bucht waren Sandsäcke aufgetürmt, kleine MP -Nester, wie es schien, und die Schutzmänner in vorderster Front trugen anscheinend Bleiwesten. Sie waren wachsam und bestimmt, und durch alle Freundlichkeit hindurch drang auf Anhieb die Verdichtung eines Staates gegen seine Feinde. Hunde durchschnüffelten die Autos, Rückbänke wurden ausgebaut und Taschen geöffnet. Daß Willem und Barbara frisch verheiratet waren, brachte die Polizisten nicht aus ihrer Wachsamkeit. Ihre Fragen und Anweisungen waren bestimmt. Erst als sie das Taxi freigaben, nickte einer der Beamten und wünschte eine schöne Hochzeitsreise.
    Ein Fabriktrawler mit rostiger Heckklappe machte fest, voran lag eine Loggerflotte, und in den Auktionshallen schoben Männer in Gummikitteln dampfendes Trockeneis zusammen. Der Fahrer kurbelte das Fenster hoch und zog den Wagen behutsam durch das Gelände. Tampen drückten sich unter die Reifen oder Schienenstränge, und manchmal wurde der Beckenrand nur noch von einem Poller markiert.
    Die Prinz Oberon hatte am Auswandererkai festgemacht. Über dem Schornstein erschien die Luft flüssig, Wellen klatschten gegen die Bordwand. Als das Taxi abfuhr, wurde ihnen die Größe des Dampfers bewußt. Stockwerke wie ein Hochhaus, und so stiegen sie die Gangway hinauf.
    Der Zahlmeister begrüßte sie mit Handschlag, prüfte Papiere und Billetts und sagte für die Überfahrt ruhiges Wetter voraus. Zum Sonnenuntergang wären sie bereits auf hoher See und rechtzeitig zum Frühstück in Harwich. Sie hatten eine Kammer mit Ausblick gebucht, H- 600 , eine kleine, feine Sache,

Weitere Kostenlose Bücher