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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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recht. Und durch die Zeit hindurch wird noch die schmutzigste Menschengeschichte veredelt.
    Zuzutrauen ist es unserer Art allemal.
    Eben. Und so wurde auch Geschichte gemacht, als Ihr Vater starb.
    Was soll das heißen?
    Daß man dazu neigt, historische Lücken mit Phantasie und Wunschdenken zu füllen. Und daß es fast immer anders war, als man sich vorstellt.
    Willem sieht die Detektive an. Ramows Neffen also.
    Wenn Sie so wollen.
    Dann legt er die Venus zurück und nimmt den Australo-Schädel. Ist der aus Lucys Sippe?
    So ungefähr.
    Von dem Georgischen Schädel haben Sie natürlich gehört.
    Ja.
    Er wiegt den Australo, klopft, schaut hinein. So was kriegt man sonst nur im Museum zu sehen.
    Quatsch. So ein Exemplar finden Sie nicht mal in den Tresorräumen der Anthropologen.
    Willem starrt den affenartigen Schädel an. Er scheint perfekt erhalten, von den Millionen Jahren keine Spur. Wo ist der denn her?
    Aus Afrika.
    Und wo haben Sie ihn her?
    Afrika.
    Schwarzmarkt? Oder selber den Tresor geknackt?
    Ausgebuddelt.
    Glaub ich nicht.
    Müssen Sie auch nicht.
    Wie kommt man als Detektiv dazu, einen Australo-Schädel auszubuddeln?
    Als guter Detektiv ist man für jede Art von Entdeckung prädestiniert.
    Willem lacht. Sie nehmen mich auf den Arm, und das hier ist eine Fälschung.
    Die Detektive lachen mit. Na klar. Heutzutage läßt sich alles fälschen.
    Willem legt den Schädel zurück. Was halten Sie denn von dem Georgischen?
    Alter Hut.
    Wenn sich etwas gegen die Zeit entwickelt und eine neue Dimension erschafft. Willem macht eine Bewegung. Das nehm ich Ihnen nicht ab.
    Wenn die Wissenschaft heute bislang unbekannte Eigenschaften aufdeckt, heißt das doch nicht automatisch, daß es diese Eigenschaften erst seit heute gibt.
    Aber auch nicht, daß jedes neuentdeckte Phänomen in Wirklichkeit uralt ist.
    Da ist wohl was dran, sagen die Ramows, und Willem zieht mit beiden Händen einen Knochen aus der Vitrine. Ein mannshohes Stück und schwerer als erwartet. Erst als der Knochen neben ihm steht, spricht er wieder. Können Sie mir erklären, was da mit dem Georgischen Schädel passiert?
    Die Detektive heben die Schultern. Wir können nicht mal erklären, warum es bislang immer so aussah, als verliefe die Zeit nur in eine Richtung.
    Was wird wohl geschehen, wenn der Georgier in die Gegenwart stößt?
    Woher sollen wir das wissen.
    Immerhin bringt Ihr Beruf es mit sich, daß Sie spekulieren. Daß Sie mehr für möglich halten als andere.
    Das ist ja nur die Grundvoraussetzung unserer Arbeit. Um etwas zu wissen, muß man lange und hart arbeiten, und in den Georgischen Schädel haben wir nicht viel investiert.
    Willem muß den Knochen mit beiden Händen halten, und wenn das Ding anfängt zu schwanken, schwankt er mit.
    Oberschenkel vom Harlan-Riesenfaultier, sagen die Detektive. Korrekterweise müßte es aber Ramow-Riesenfaultier heißen.
    Sie setzen ja immer noch einen drauf.
    Wir habens gefunden.
    Aber doch nicht vor diesem Harlan.
    Seit dem Georgischen Schädel scheint so was doch möglich.
    Willem wuchtet den Schenkel zurück und kommt dabei ins Schwitzen. Dann sagt er: Im Grunde halte ich es ja wie Sie und zweifel gern an den gängigen Erklärungsmodellen. Nichtwahr, die Geschichte der Menschheit ist auch eine Geschichte der gestürzten Weltbilder. Und er atmet schwer. Aber was Sie hier andeuten, geht ziemlich weit.
    Kein Problem, Chef.
    Haben Sie dieses Riesenfaultier auch ausgebuddelt?
    Die Ramows grinsen. Geht das nicht zu weit?
    Neugierig bin ich schon.
    Wir haben es in Kanada entdeckt. Und ohne Zweifel nachgewiesen, daß es von Menschen erlegt wurde. Und schlimmer: Kaum hatten sie ihren Fuß in Amerika, war der Harlan auch schon ausgerottet.
    Ich dachte, daß mittlerweile wieder klimatische Ursachen als wahrscheinlicher gelten.
    Schon möglich, Chef. Aber wenn wir uns mit allgemein und mittlerweile zufriedengeben würden, hätten wir den falschen Beruf. Also investigieren wir schon mal, wenn uns was interessiert. Der Mensch erscheint im Holozän, und prompt gehts den Riesensäugern an den Kragen. Da hängen wir uns dann rein und schnüffeln nach Ursachen, Zusammenhängen und Entwicklungen. Schließlich ist es ja möglich, daß der Mensch schon ganz früh ein schlimmer Finger war, so daß die Schwarzbücher der Geschichte keine Mutationen aufzeigen, sondern

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