Kronjuwel (German Edition)
gerne persönlich sagen, nach allem, was wir gemeinsam in Mexiko erlebt haben. «
Erst nach und nach schien sie zu verstehen, dass er es tatsächlich ernst meinte und er im Begriff war, sich wirklich von ihr zu verabschieden.
»Aber, aber was ist mit Ihren Träumen und Zielen? Sie wollen eine Professur, oder nicht? Sie sind doch gerade dabei, sich einen richtig guten Ruf zu machen, was kann Sie denn jetzt, da alles in Ihre Richtung läuft, noch davon abbringen?«
»Wie Sie gesagt haben, man darf seinen eigenen Gewinn nicht zum Ziel haben, wenn man wirklich Wissenschaftler sein will. Aber mein eigener Gewinn ist mir wichtig. Sogar sehr wichtig und das ist genau der Grund, aus dem ich jetzt einige Dinge anders machen werde.«
»Was meinen Sie damit, mehr Geld, bessere Arbeitszeiten? Das wollte ich gerade ansprechen, ich denke, wir können da eine Lösung finden. Und was wollen Sie denn anderes machen? Sie sind Historiker, Noah, Archäologe. Was kann es denn für Sie anderes geben?«
Allein diese Aussage ließ Noah innerlich erbeben. War es nicht genau diese Haltung gewesen, die ihn zu dem gebracht hatte, was er zwei Tage zuvor und mehrere hundert Meilen entfernt von hier getan hatte? Dass man ihm nichts zutraute, ihn für festgelegt hielt, für unfähig, den eingeschlagenen Kurs noch einmal zu ändern.
»Ich werde mir eine kurze Auszeit nehmen. Danach muss ich mich neu sortieren, aber ich weiß genau, dass ich das hier nicht länger mitmachen werde«, schluckte er schließlich den aufsteigenden Zorn wieder hinunter.
»Aber es wird doch besser...«, setzte Caine erneut an, doch in ihrem Gesicht konnte Noah ablesen, dass sie angefangen hatte zu verstehen, dass es ihm völlig ernst war und es nichts gab, das sie sagen konnte, um ihn von seiner Entscheidung abzubringen.
Wie in Trance gingen die nächsten Minuten an Noah vorbei. Er gab ihr die Hand, verabschiedete sich bestimmt, doch ohne unhöflich zu wirken und kehrte ihr den Rücken zu. Es kam ihm vor als schwebe er zurück zwischen den hohen Regalen der Sammlung hindurch und durch die Tür auf den Gang. Er verabschiedete sich von Mandy, die ihn ansah, als hätte sie der Blitz getroffen, als er ihr in einem Satz erklärte, dass er kündigte und sich jetzt auf andere Dinge konzentrieren würde. Er gab ihr keine Zeit, um ihm Fragen zu stellen oder zu versuchen, ihn irgendwie zu überreden. Mit triumphalem Gefühl trat er schließlich durch die hohen Torbögen der historischen Fakultät nach draußen vor das Gebäude. Über ihm in der Wolkendecke hatte sich ein deutlicher Riss gebildet, durch den die Frühjahrssonne mit voller Kraft zu scheinen begann. Seltsames, helles Licht fiel auf den Campus vor ihm. Wenn man zum Himmel sah, konnte man fast einzelne Lichtkegel erkennen, die ihren Weg durch die Lücke fanden und alles rund um die dunklen Wolken erhellten. Er fühlte sich wie befreit, als wären die Ketten durchschlagen worden, mit denen er gefesselt gewesen war. Genau das hatte er sich erkaufen wollen, letztlich war es auf üble Weise geschehen, doch es war ihm egal. Es kam ihm nur auf sein Gefühl an und mit dem Wissen, mehrere Millionen Dollar auf dem Konto und einen mächtigen Freund gewonnen zu haben, über das Gras zwischen den Universitätsgebäuden zu schreiten weckte in ihm ein Gefühl von Freiheit, von Unabhängigkeit und Überlegenheit, als wäre er unbezwingbar und endlich auf genau dem Weg angekommen, nach dem er sein ganzes Leben gesucht hatte.
Überhang
Sie stiegen aus dem BMW des Immobilienmaklers aus und Noah betrachtete das Gebäude, vor dem sie gehalten hatten. Es war tatsächlich eine alte Kirche, die an einer Straßenecke stand. Auf der anderen Seite der Straße lag ein kleiner Park mit Grünflächen und Palmen, genau so, wie die Maklerin es ihm am Telefon gesagt hatte
»Das ist es also«, meinte er.
Die Maklerin stellte sich neben ihn und betrachtete ebenfalls die rötliche Steinfassade des Gebäudes.
»In der Tat. Wollen wir?«
Sie gingen auf die Haustür zu. Es war eine Doppeltür mit hohen geschwungenen Türbogen. Die Türflügel waren aus einem dunklen Holz und sahen massiv und schwer aus. Die Maklerin zog den Türschlüssel aus ihrer Hosentasche und schloss auf. Sie drückte nur eine Seite der breiten Doppeltür auf und bedeutete Noah mit einer Geste, dass sie ihm den Vortritt ließ. Er trat ein und war sofort überwältigt von der Wirkung, die die Kirche bereits beim ersten Betreten ausstrahlte. Im Inneren wechselten sich alte
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