Krumme Gurken
Frauen abgelästert, die schon beeindruckt waren, wenn du einen PC hochfahren konntest. Die meisten Frauen interessierten sich wohl für andere Sachen als für Computerzeugs.
»Unser Lehrer-Netzwerk ist zusammengebrochen«, sagte Frau Korcks. »Das Netzwerk wurde noch vor den Ferien installiert, aber dann ist unser Computerexperte gestorben.« Ja! Das hat die Tante gesagt und lachte mich dabei an, als wäre es ein Witz. »Wir haben hier sonst keinen, der sich damit auskennen würde.«
»Keen Problem«, sagte Vati. »Bänn is ä Combjudoreggsbärde.« Ich und ein Computerexperte? Mein Vater hatte echt Ahnung! Wusste nicht mal, dass man für ein Computernetzwerk mehr als einen Computer brauchte. Zu Hause in Dresden hatten wir nur meinen. Wir brauchten kein Netzwerk. Clara hatte zwar eine E-Mail-Adresse, guckte sich ihre Post aber an meinem Notebook an oder an dem von Kevin oder in der Schule. Clara ist old school. Sie brauchte keinen Rechner.
Die Schulleiterin führte mich ins große Lehrerzimmer, in dem zwei PCs standen. Der dritte Rechner hockte in ihrem Büro daneben. Die Leiterin und mein Vater machten sich’s dort gemütlich und redeten über Vaters Aufgaben hier. Ich guckte mir den Rooter im Lehrerzimmer an. Die Lämpchen am Rooter blinkten wie Farbmusik in einer Diskothek. Das sah ja ein Blinder ohne Brille, was der Rooter brauchte – einen frischen Stromstoß! Ich steckte den Rooter aus, wartete einen Moment und schaltete ihn wieder ein. Und alles war wieder in Ordnung: Die LAN-Verbindung
hergestellt. Trotzdem fuhr ich beide Computer runter und hoch, um etwas Ekschn vorzutäuschen. Damit die Direktorin das Gefühl bekam, ich sei ein Computerexperte von Gottes Gnaden, der ihr mit seinem Super-Knowhow einen komplizierten Defekt repariert habe. Während sie und Vati redeten, konnte ich mir ja meine Mails direkt an meinem Server anschauen. Ich freute mich riesig, wieder im Netz zu sein. Die Mails scrollten fröhlich vor meinem Blick:
Dauergeile Amateurhure will bumsen
Meine Brust-OP ist super gut gelaufen
She wants to be your ideal loving machine
Einfach länger fick-en!
Mindestens fünf Frauen wollten mir ihre Möse zeigen. Ich bin halt viel mit meiner E-Mail-Adresse im Netz unterwegs. Egal wie du am Spam-Filter drehst, etwas Dreck kommt immer durch. Täglicher Deutschunterricht halt. Diese ganzen Worte musst du ja als Jugendlicher zuerst kennen, wenn du sie in die Spamfiltersoftware reintippen willst, damit sie schön rausgefiltert werden können. Ficken, Muschi, Schwanz, Viagra und das Übliche wurden schon automatisch gelöscht. Aber eine »dauergeile Amateurhure« besuchte mich zum ersten Mal. Ein anderer Typ hat sich den Bindestrich in »fick-en« einfallen lassen und schon war er durch. Klar kam dieser Dreck von keinem Jugendlichen. Damit schütten dich die Erwachsenen zu. Kein sechzehnjähriges Mädchen würde sich als »dauergeile Amateurhure« bezeichnen. So krank muss man erst mal werden!
Eine Mail wollte mich überreden, eine Datei in den Mailanhängen zu öffnen, sonst würde ich sterben, ein paar Typen versuchten, mir eine Versicherung anzudrehen und
irgendwelche Pillen, das Übliche halt, was ein Mensch am Rechner so bekommt. Ich ging auf die Facebook-Seiten von Krumme Gurken . Was schrieben die Fans? Hmm … Rowdy hatte recht. Die Fans schrieben gar nichts. Kein Kommentar. Was sollte das? He? Eine Band ohne Fans war doch wie Robinson ohne die Insel. Kein Schäkern also heute mit den Fans von Clara. Was tat sich sonst im Netz? Ich wanderte durch diverse Webwiesen, um zu sehen, was für neue Pflanzen dort wuchsen und kehrte schließlich zurück – auf meine Jerry-van-Helsing-Facebook-Seiten. Schön, dass mich das Facebook mit diesem krassen Namen noch nicht gelöscht hatte. Letztes Jahr hat man hier meinen Wikipedius-Errektus-Cactus-Zugang sofort gekillt. Facebook fahndet nach ungewöhnlichen Namen. Du musst dir halt einen Namen zulegen, der durch die Fahndungsmaschinen rutscht, und trotzdem interessant ist. Aber was soll’s? Den Kopf zerbrechen musste ich mir nicht darüber. Sollte mich Facebook löschen, würde ich tausend Freundinnen verlieren. Tragisch, oder? Ach nee! Garantiert würden sich schnell wieder neue Vampirsüchtige finden. Zwei haben mir jetzt ihre Freundschaft angeboten: Michaela Vamp aus Chemnitz und Trinita aus Italien. Mein Ruhm als Ex-Vampirjäger und jetzt als reuiger Stuntmann, der für die Rechte der Vampire kämpfte, breitete sich in der Europäischen Union
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