Krumme Gurken
aus, wenn ich sie anguckte, fing bei mir im Hirn an, ein Ohrwurm abzulaufen: ’ 54, ’74, ’90, 2006 von den Sportfreunden. Komisch! Klar war das nichts gegen die Ausstrahlung von Anna: Anna schmückte das Fußballfeld wie der Bommel die Mütze – auch dieser Spruch kommt von Vati. Und Emma verbreitete beim Gegner Angst und Schrecken. Die wildeste Frau auf dem Feld: Lara Croft, Jill Valentine
und Lariko in einem. Wenn sie jetzt zu mir gekommen wäre und mir auch eine überbraten würde, hätte ich mich sofort in sie verliebt. So knallhart war kein Mädchen in Dresden.
HÄNDE HOCH! SCHURKE! »Na, Alda!«, sagte Rowdy am Mobil. »Was macht deine Freundin?«
»Spielt gerade Fußball«, sagte ich. »Echt brutal, die Frauen!«
»Geil!«, sagte Rowdy und legte auf.
Ich hatte zwar keine Flat, rief ihn trotzdem sofort wieder an. »Wieso legst du gleich auf?«, fragte ich.
»Was? Haben wir telefoniert?«, fragte der Blödmann. Da hörte ich aus dem Hintergrund die Stimme von Rowdys Mutter brüllen: »Lass das, Domi!«
Und dann hörte ich SCHMATZ! und PATSCH!
»Autsch! Mama! Du hast mich mit dem nassen Lappen geschlagen!«
»Warum steckst du dann deine schmutzigen Finger in den Pudding rein?«
»Bleib cremig, Kumpel!«, sagte ich und legte auf.
Auf dem Feld ging’s weiter heiß zu. Frauenfußball halt! Der einzige Mann auf dem Platz war der Schiri: Ein Lehrer von einer Schule der Gäste. Zum Schluss gewannen meine Mädels 3:1, natürlich nur, weil ich ihnen so fest die Daumen gedrückt hatte. Das Zuschauen war ganz schön, nur haben mich die Mädchen auch ständig daran erinnert, dass ich ihnen neue Geschichten erzählen musste. Saschas Stoff ging mir bald aus. Und was dann? Langsam bewunderte ich echt Typen, die sich Storys ausdachten. War tierisch schwer, so was. Oder musste man das Ganze echt zuerst erleben? Hmm … Jetzt sollte ich mich aber sputen. Das vorletzte Spiel des Turniers stand an. Um den dritten und vierten Platz. Die Spiele dauerten nur eine halbe Stunde, meine
Mädchen sollten in einer Stunde um den ersten Platz spielen. Sicher stürmten sie nach der Siegerehrung sofort alle die Duschen. Dann würde ich die Werkzeugtasche nicht mehr holen können. Und unter uns, Mädels und Jungs: Wer möchte sich schon von der nackten Emma in einer Mädchendusche erwischen lassen, he, he? Ich joggte zum Gebäude mit den Umkleidekabinen.
In der Höhle des Pandabären
Erstaunlicherweise hatte mich ein Fußballplatz voller Mädchen gar nicht ›berührt‹. In Bayern schien sich meine krumme Gurke weitgehend zivilisiert zu haben. Das machte wohl die frische Bergluft. Vor dem Sportgebäude angekommen, hörte ich, wie das Gebrüll der Mädchenfans auf den Bänken losging. Genauso laut wie das Brüllen der Zuschauer gestern im Berliner Stadion bei Lost Horizon .
Das vorletzte Spiel des Turniers fing an. Wohl hatte mich auch Emma daran erinnert, dass nicht nur Fenton, sondern genauso ich irgendwie meinen Horizont verloren hatte und mir einen neuen erobern musste. Das Leben ist ein Kampf: Wie würde Fenton sich wohl beim Nazi-Empfang in Berlin schlagen? Direkt in der Höhle des Löwen. Keine Bange – Fenton konnte nichts passieren. Ich war ja sein Aufpasser und kam mir zur Zeit verdammt furchtlos und cremig vor. Nicht mal eine Straßenbahn voller nackter Mädchen würde mich aus der Ruhe bringen.
Ich wollte das neue Sportgebäude mit Vatis Schlüsseln aufsperren. Hmm … es war auf. Das Gebäude aber voll leer, wie Mia sagen würde.Alle waren auf dem Fußballplatz.
Die Duschen und die Umkleidekabinen sollten im Keller liegen. Hmm … der Architekt muss auf Zwetschgenschnaps gewesen sein. Unten war’s verwinkelt wie in Sultan’s Labyrinth . Zum Glück fand ich die Tasche von meinem Vater recht schnell. Unter der letzten Dusche im Duschraum. Jede der vier Duschen war durch eine Kachelwand getrennt und die Tasche hatte nicht unbedingt im Blick gelegen. Als ein geübter Adventure-Spieler wusste ich aber, dass man überall nachgucken musste.
Und schon kämpfte ich mich mit der Werkzeugtasche aus den verwinkelten Gängen nach draußen. Das heißt – ich wollte nach draußen. Doch auf halbem Weg trat ich panisch den Rückzug an. Die Treppe runter in meine Richtung bewegte sich eine Menge Mädchenstimmen. Was jetzt? Na ja, so viel konnte mir nicht passieren, wenn sie mich entdeckten – ich würde halt sagen, dass ich die Werkzeugtasche meines Vaters holen musste. Die Mädchen kamen vom Spielfeld,
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