Krumme Gurken
sein. Zum Glück mussten wir meine neue Zitatensucht nicht weiter erörtern. Ich fuhr das Notebook runter. Wir hatten ja jeder auch ein hübsches Buch zum Lesen dabei. Hamsterlegenden ! Von Sascha Guddimar.
Flaschendrehen im Mädcheninternat
Das Wochenende hatte den Mädchen heftig die Immunabwehr gesteigert. Alle lachten. Nur mich trieben durch den Klosterhof düstere Gedanken. Chill out! Nach fast einem Viertel Jahr Holiday ging’s heute wieder in die Blödelbude. Für einen Sechzehnjährigen ist die Schule manchmal ’ne echte Folterkammer. Wenn dir zum Beispiel die junge Lehrerin in einem kurzen Minirock Mathe beibringen will, (Mach mir das Integral, Bunny!) statt wichtige Sachen im Leben wie zum Beispiel das Handwerken, he, he, he!
Meine neue Klassenlehrerin war zum Glück jenseits von Gut und Böse. Als ich reinkam, zeigte sie uns ihren Rücken und ihr langes grauschwarzes Haar. Keine Kurven, nur Kanten!
»Das ist dein neuer Klassenlehrer, Benn«, sagte der Schulleiter und verabschiedete sich. Ach, so! Na ja, als Kerl schaute meine neue Klassenlehrerin … pardon, mein Klassenlehrer gar nicht so übel aus. Wohl hatte mich sein langes Haar etwas verwirrt.
»Du bist also Benn aus Dresden«, sagte Herr Kramarz und brüllte gleich in die Klasse rein: »Ruhe!« Er stellte mich den Leuten vor. Hmm … Zum Glück glotzten mir von den Bänken keine angsteinflößenden Erscheinungen entgegen. Keine Pseudogangsta. Keine Aggro-Berlin-Typen.
Terror in der Schule konnte ich jetzt nicht gebrauchen. Ich musste mich auf meine Mädchen im Kloster konzentrieren. Überhaupt schien das bayrische Schulsystem viel strenger zu sein als das sächsische: Hier schafften’s ins Gymnasium nur die hübschen Mädels. Mehr als die Hälfte der Klasse. Voll die Peepshow! Trotzdem gab sich meine Gurke heftig dezent. Kein Gewichtstemmtraining oder so! Wohl checkte sie langsam, dass man dem harten Leben nicht immer hart begegnen musste. Voll auf Tai Chi! Die Weichen besiegen die Harten, wie Vati sagt. Ich war halt schon Mädchen gewöhnt. Deswegen störte’s mich überhaupt nicht, neben einem zu sitzen: Alina! Zumindest hatte ich gleich jemand bei der Hand, von der ich in der Früh die Hausaufgaben abschreiben konnte. Ich lächelte Alina schüchtern an und sie reichte mir unter der Bank eine Praline. Gar nicht so übel! Die Praline meinte ich. Um mir ihre Hausaufgaben zu sichern, trug ich nach der Schule ihre Tasche zum Bus und stellte mir vor, dass ich die Tasche von Anna trüge. Oder von Katja. Schlimmstenfalls von Emma.
»Danke, Bennie«, sagte Alina zum Abschied. »Vergiss nicht: Energie kann weder erzeugt noch vernichtet, sondern nur in andere Energiearten umgewandelt werden.«
»Verstehe«, sagte ich, auch wenn ich überhaupt nichts verstand.
Am Abend wollte ich durchs Liebesloch den Mädels meine neue Hamstergeschichte erzählen und mich damit von dem Hamster Dudi endgültig befreien. Meine allererste eigene Geschichte! Aber dann sollte es mit Dudi vorbei sein. Schluss! Hatte keinen Bock auf weitere Hamstergeschichten.
Jetzt waren andere Pelztiere dran, he, he, he … Dann konnte ich auch endlich Fentons Spiel zu Ende zocken. Oder? Alles kam aber wieder mal anders.
»Willst du uns besuchen, Benn?«, rief Katja von nebenan. »Wir feiern!«
»Eure Party steigt doch erst am Donnerstag«, sagte ich. »Oder habt ihr sie vorverlegt?« Das wäre gar nicht übel. War gerade echt kussbereit. Nur etwas Sorgen machte mir, dass ich immer noch nicht wusste, wen ich bei der Party küssen sollte: Anna? Oder Emma? Anna war zwar meine Freundin, auch wenn sie sich in dieser Hinsicht ziemlich bedeckt hielt, doch Emma könnte mir die Fresse polieren, sollte ich die Falsche küssen. Zum Glück hatten Katja und Mia nichts davon gesagt, dass ich sie am Donnerstag abknutschen sollte. Sonst würde hier das totale Kusschaos abgehen.
»Die Party am Donnerstag ist fest eingeplant«, sagte Katja. »Heute gibt’s nur eine kleine spontane Geburtstagsfeier.«
»Am Mittwoch kann er zur Tanzparty in der Stadt mitkommen«, sagte Anna. »Wir gehen doch alle!«
»Ich nicht!«, sagte Mia zum Glück und zog somit die Aufmerksamkeit von mir weg. Klar würde ich nie zu einer Tanzparty mitkommen. So bescheuert, meinen Ruf mit Hühnertanzschritten zu vernichten, war ich auch nicht.
»Warum plötzlich nicht?«, fragte Emma Mia.
»Mia und Tanzen?«, höhnte Anna. »Kennst du den Spruch von dem Elefanten im Porzellanladen nicht? Hi, hi, hi…«
Doch
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