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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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es. Es ist eine Art Hemmung, die durch diese Zahnrädchen den Druck auf den Armstumpf verringert. Die falsche Hand muß fest auf dem Fleisch aufsitzen, sollte aber natürlich nicht kneifen oder schmerzen, sobald man die Metallfinger bewegt oder nach irgend etwas greifen möchte.‹
    Ich studierte die Hand ganz genau. Nie wäre ich dahintergekommen, wie ihr ausgeklügelter Sperrmechanismus funktionierte, wenn er mich nicht in das Geheimnis eingeweiht hätte. Als ich sie ihm zurückgab, sah ich ihm fest in die Augen, denn ich wollte ihn etwas fragen.
    |192| ›Kennt Ihr Artal de Mendoza denn gut?‹
    ›Nur allzu gut‹, erwiderte er, ohne meinem Blick auszuweichen.
    Da ich sah, daß Turriano ein aufrichtiger Mensch war, versuchte ich, mehr über den obersten Spion Seiner Majestät in Erfahrung zu bringen. Aber ich konnte ihm kein einziges Wort mehr entlocken. Mit einer schnellen Bewegung legte er ein Tuch über die silberne Hand und erklärte das Thema damit für beendet. Kein Zweifel: es reichte aus, Artals Namen zu erwähnen, daß die Leute verstummten. Ich wandte mich daher besser unverfänglicheren Dingen zu.
    ›Was sagt Ihr eigentlich zu der Zeichnung, die Cardano Euch geschickt hat?‹ fragte ich.
    Er trat an den Tisch, auf dem die Skizze ausgebreitet war, und betrachtete lange den quadratischen Rahmen mit den Kurbeln und kleinen Würfeln.
    ›Er glaubt, nur Ihr könntet diesen Apparat bauen‹, sagte ich nach einer Weile, da Turriano keinerlei Anstalten machte, sein Schweigen zu brechen.
    ›Cardano hat eine viel zu hohe Meinung von mir. Wißt Ihr, was das größte Problem ist? Das da …‹ Turriano zeigte nach hinten, wo sich der Schmied am Feuer abplagte. ›Man braucht dafür eine Esse, und meine ist viel zu abgenutzt dafür. Natürlich könnte man es auch mit Gießen versuchen, doch erhält man dabei keine sonderlich glatten Oberflächen. Schmiedet man das Ganze hingegen, erzielt man eine höhere Festigkeit des Metalls, und die einzelnen Teile würden dann auch genau ineinanderpassen. Ein so präziser Mechanismus wie dieser würde jedenfalls viel Zeit erfordern. Und natürlich auch viel Geld. Cardano und ich haben uns schon oft über den Nutzen unterhalten, den so eine Vorrichtung für das Herstellen von Hauptschlüsseln hätte, die zu noch mehr Türen passen würden als die bisherigen. Es gibt nicht viele, die sich eine Uhr leisten können, aber Schlüssel braucht jeder, und man sollte dieses Geschäft nicht einfachen Kesselflickern überlassen.‹
    ›Cardano denkt inzwischen noch an andere Möglichkeiten, |193| wie die Kombinationsmaschine Verwendung finden könnte‹, sagte ich. ›Er sagt, man könne sie zum Ver- und Entschlüsseln von Geheimschriften einsetzen. Den Schlüssel dazu erhalte man mittels gelochter Pappstreifen. Seinen Worten zufolge hat er die Botschaft für den Kaiser, die ich hier in diesem Beutel habe, auf diese Art verschlüsselt.‹
    Juanelo ging zu einem Regal in der Ecke und holte einen Stein, der ganz oben lag, herunter.
    ›Das ist ein Magnet‹, erklärte er. ›Er besitzt eine unsichtbare Kraft. Vielleicht verbirgt sich darin ja die Lösung für diese Maschine. Wir würden dafür allerdings Kenntnisse benötigen, über die wir leider nicht verfügen.‹
    In diesem Augenblick klopfte es an der Tür. Es war Herrera.
    ›Die Messe ist zu Ende‹, teilte er uns mit.
    ›Und in welcher seelischen Verfassung ist Seine Majestät?‹ wollte Juanelo wissen.
    ›In keiner besonders guten. Er hat befohlen, die
estufa
herzurichten.‹
    Der Uhrmacher verzog das Gesicht und drehte sich dann zu mir um.
    ›Die Schwitzstube ist das kleinste Arbeitszimmer Seiner Majestät. Es geht gen Osten und ist leicht zu beheizen. Darin ist es meist furchtbar stickig; es ist also nicht gerade der beste Ort für eine Audienz. Seine Majestät nehmen diese Dinge immer sehr mit. Die Messen für seine verstorbene Gemahlin, meine ich. Ich fürchte, der Moment ist nicht sonderlich günstig, um bei ihm vorzusprechen.‹
    ›Er hat nach Euch gefragt‹, wandte Herrera ein. ›Er befindet sich gerade in seinem nach Süden ausgerichteten Kabinett. Ihr solltet jetzt zu ihm gehen, solange die
estufa
noch geheizt wird.‹
    Turriano blickte mich zweifelnd an.
    ›Der Kaiser erledigt seine Amtsgeschäfte eigentlich spätnachmittags, und der übliche Weg wäre, die Botschaft seinem Sekretär, Martín de Gaztelu, zu übergeben. Dann würde er Euch jedoch sicher nicht empfangen. Die Nachmittage sind ruhiger. Es ist besser,

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