Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
herab über einer ebenso tiefen wie breiten in den Boden eingelassenen Feuerstelle.
Ralijo betrat den Raum zuerst. Er war ein wahrer Meister, wenn es um die Bestimmung verschiedenster Gifte und deren Wirkung ging. Metaha folgte dicht hinter ihm. Die beiden Mitglieder des inneren Rates begutachteten misstrauisch den zähflüssigen Inhalt des Kessels. Dem am Boden liegenden Naiki schenkten sie keinerlei Beachtung. Darum hatten sich andere zu kümmern. Zum Schutz vor den giftigen Dämpfen hielten sie sich einige in Leinentuch gewickelte frische Blätter vor Mund und Nase. Die Giftmischer wurden aus der Hütte an die frische Morgenluft getragen.
»Was meinst du, Ralijo? Ist das Gift gelungen?«, fragte Metaha vorsichtig.
»Es sieht sehr gut aus. Das Requas könnte verheerend und stark sein. Genau wie wir es brauchen. Die richtige Farbe, den typischen Geruch und die erwartete Konsistenz hat es jedenfalls. Das ist offensichtlich. Die Wirkung scheint ebenfalls erwiesen. Einer ging zu den Schatten, die anderen lagen besinnungslos um den Kessel herum, als wir die Hütte aufschlossen«, antwortete Ralijo.
»Ich stimme dir zu. Sollten wir es zur Vorsicht noch einmal prüfen, bevor wir es an die Jäger ausgeben?« Metaha war sich ihres Urteils noch nicht vollständig gewiss.
Es stand viel auf dem Spiel. Von der schnellen Wirkung des Giftes hing das Gelingen des bevorstehenden Einsatzes ebenso wie das Leben der Jäger ab.
»Wenn du darauf bestehst, Metaha. Ich denke aber, dass das nicht nötig sein wird«, erwiderte Ralijo, der von der tödlichen Wirkung überzeugt war.
»Nein, ich vertraue deinem Urteil. Dann geben wir es also sofort an die Jäger aus. Je eher, umso besser. Das wird ein langer und anstrengender Tag für uns alle werden. Die Jäger sollten möglichst bald aufbrechen«, sagte Metaha.
Vorsichtig füllten sie das Requas in kleine Lederbeutel, die sie mit großer Sorgfalt verschnürten. Für jeden Jäger waren jeweils vier mit Requas gefüllte Beutel vorgesehen. Danach wurden die kleinen Pfeile für die Blasrohre der Naikijäger mit dem Gift bestrichen. Eine schwierige Arbeit, die Konzentration und Fingerspitzengefühl erforderte, denn die Pfeile waren spitz und scharfkantig. Schon kleinere Verletzungen wie Risse, Kratzer oder Schnittwunden, die bei der leisesten Unachtsamkeit leicht passieren konnten, waren mitunter tödlich, wenn dadurch das Gift in den Körper gelangte.
Aber sowohl Ralijo als auch die mit Blindheit geschlagene Metaha hatten erstaunlich ruhige Hände. Sie machten diese Arbeit eindeutig nicht zum ersten Mal. Nachdem der Kessel leer war, läutete Ralijo an einer Glocke in der Nähe der Tür.
Nur wenig später hatten sich die in der Siedlung verbliebenen Jäger der Naiki vor der Hütte versammelt. Sie waren dem Ruf der Glocke gefolgt. Taderijmon und Ikarijo unterhielten sich leise miteinander. Die anderen beiden Jäger waren Pavijolo und Gartijmon, die zu den weniger erfahrenen zählten und erst vor wenigen Monden in den erlauchten Kreis der Jäger aufgenommen worden waren. Alle anderen Jäger wie Hinijo, Jakaijo oder Nylavaijo, die mitgeholfen hatten, Baijosto und Belrod vor den Baumwölfen zu retten, waren in den Wäldern unterwegs, um entweder Vorräte und Felle für den Winter zu sammeln oder die Bereiche um die Siedlung weitläufig zu überwachen und zu sichern.
»Wo ist Baijosto?«, fragte Ikarijo seinen Freund besorgt.
»Ich nehme an, er ist in Metahas Behausung. Wir haben in der Nacht versucht den Fluch des Krolak zu schwächen, anfangs noch gemeinsam. Die Hexe schickte mich aber bald fort. Ich hoffe nur, dass mein Bruder die schwere Behandlung überlebt hat«, antwortete Taderijmon und musterte dabei Metaha mit großer Sorge und Neugier, die soeben aus der Hütte trat und sich überhaupt nichts anmerken ließ.
»Das Requas steht für euch bereit«, sagte Ralijo an die Jäger gewandt, nachdem er ebenfalls aus der Hütte gekommen war. »Für jeden von euch haben wir vier Beutel abgefüllt und jeweils einen Satz Pfeile mit dem Requas präpariert. Seid vorsichtig mit dem Gift. Es ist eines der stärksten Gifte, das wir jemals für euch hergestellt haben.«
»Taderijmon!«, erhob Metaha ihre Stimme. »Nimm die Beutel und die Pfeile für deinen Bruder mit. Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Das Schlimmste hat er überstanden. Gebt ihm noch etwas Zeit, bevor ihr zur Jagd auf die Rachuren in die Wälder aufbrecht. Jede Sardas, die er sich von der Tortur der letzten Tage
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