Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
gefegt war, Balken zum Ächzen gebracht und an den Fensterläden gerüttelt hatte, wurde endlich schwächer und hinterließ einen Eindruck vollkommener Stille in den Bergen des Riesengebirges. Doch ein anderes Geräusch durchdrang die Nacht. Erst leise und dann immer lauter werdend. Aufgeregtes Heulen und Bellen näherte sich unaufhaltsam der Hütte am Choquai-Pass.
Madsick erschrak, lief in die Ecke, in der er sich schon zuvor versteckt hatte, und machte sich so klein und unsichtbar, wie er nur konnte.
»Was ist das?«, fragte Elischa, während sich ihr die Nackenhaare sträubten.
»Sie sind uns auf den Fersen«, beantwortete Madhrab Elischas Befürchtungen, »hört sich verdammt nach Sarchas an. Ich hätte mir denken können, dass sie uns diese Bestien auf den Hals hetzen. Das sieht Chromlion ähnlich. Wartet hier und rührt euch nicht von der Stelle. Verriegelt die Tür hinter mir, sobald ich draußen bin. Ich kümmere mich darum.«
»Du willst zu ihnen rausgehen?«, sagte Elischa ungläubig. »Sie werden dich in Stücke reißen.«
Madhrab sah Elischa mit einem schiefen Lächeln an, so als ob er ihr sagen wollte, dass sie ihn doch besser kennen müsse und sich keine Sorgen machen solle. Aber er wusste sehr wohl, ein Rudel hungriger Sarchas konnte selbst für einen Bewahrer seines Ranges eine echte Herausforderung sein. Die Tiere waren schlau, zäh und äußerst hartnäckig. Wenn es sein musste, kämpften sie bis zum eigenen Tod um ihre Beute, ungeachtet der ihnen zugefügten Schmerzen und Verletzungen. Sicherlich würden sie nicht ohne einen Führer unterwegs sein, und wenn er Pech hatte, folgten ihnen die Bewahrer und Sonnenreiter auf dem Fuße.
Wir sind so weit gekommen. Nein, Chromlion, den Gefallen werde ich dir nicht tun. Hier und heute wird es nicht enden. Noch nicht«, dachte Madhrab.
Die Augen des Lordmasters hatten sich schnell an die Sichtverhältnisse gewöhnt. Mit Verschwinden des Sturms hatten sich auch die Wolken verzogen. Das Licht des Mondes reflektierte auf der Schneefläche und tauchte die Umgebung in ein gespenstisches, fahles Licht. Lange, dunkle Schatten hasteten über den Schnee auf die Hütte zu. Das grauenhafte Heulen ging eindeutig von ihnen aus. Der Bewahrer hatte die Schatten sofort als Sarchas erkannt und stellte sich den Tieren, hundert Fuß von der Hütte entfernt, offen und breitbeinig entgegen.
»Ihr wollt mich haben?«, rief er ihnen entgegen. »Dann kommt und holt mich. Wollt ihr mehr? Dann müsst ihr an mir vorbei.«
Wütendes Bellen war die Antwort auf die Herausforderung des Bewahrers. Madhrab zählte zwanzig Tiere oder mehr und machte sich auf einen harten und langen Kampf gefasst. Wenigstens konnte er keinen von den Verfolgern entdecken. Wahrscheinlich hatte Chromlion die Sarchas vorausgeschickt, um ihn und Elischa ausfindig zu machen. Gewiss war der Sarchas-Führer seinen Tieren langsam gefolgt und würde sie erst später einholen. Bis dahin hatte Madhrab Zeit, sich auf den Angriff zu konzentrieren, ohne dabei abgelenkt zu werden. Das kam ihm entgegen, denn er fühlte sich matt und erschöpft. Die Anstrengungen der vergangenen Tage, der wenige Schlaf und der Aufstieg durch den Schneesturm zur Hütte steckten ihm wie Blei in den Knochen und Muskeln. Seit seiner Flucht aus dem Verlies des hohen Vaters hatte er sich keine Ruhe gegönnt. An Erholung war nicht zu denken und für den Einsatz des Tarsalla fühlte er sich zu geschwächt.
Er zog das Schwert eines Sonnenreiters aus der Scheide, starr und regungslos wie eine Statue aus Stein und wartete geduldig, bis die Tiere heran waren.
Chromlion hat die Sarchas hungern lassen, dachte Madhrab, als er den gierigen Tieren in die Augen starrte.
Die Sarchas sprangen mit aufgerissenen Mäulern auf den Bewahrer zu. Plötzlich löste der sich aus der Starre. Er wirbelte durch die erste Welle der Angreifer, durchtrennte Leiber im Flug und blieb wieder abrupt in der noch unvollendeten Bewegung stehen. Das klägliche Winseln der tödlich getroffenen Sarchas jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Die bluthungrigen Jäger waren jedoch klug und erkannten rasch, dass sie in einem frontalen Angriff keine Chance hatten, ihre Beute zu stellen und zu überwinden. Knurrend und zähnefletschend drehten sie ab und begannen Madhrab weitläufig einzukreisen.
Elischa hatte sich im Inneren der Hütte, unmittelbar hinter der Tür, postiert und hielt ihren Stab gezückt. Sie wollte vorbereitet sein, sollte es Madhrab nicht gelingen, die
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