Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
mochte, die Naiki kümmerte das nicht weiter. Sie richteten ihr Leben und ihren Rhythmus nach den vorherrschenden örtlichen Gegebenheiten aus. Sorgen würden sie sich nur machen, wenn sich das Gleichgewicht auf irgendeine Seite verschieben und dadurch die Natur unweigerlich aus den Fugen geraten sollte. Sie wachten und arbeiteten am Tag und schliefen, mit Ausnahme einiger Jäger, des Nachts.
Taderijmon setzte seinen Bruder am Fuß eines Baumes ab, legte zwei Finger in den Mund und pfiff dreimal hintereinander in kurzen Abständen. Kurz darauf schwebten wie von Geisterhand drei große handgeflochtene Körbe aus der Höhe herab. Bei genauerem Hinsehen waren auch die Seile erkennbar, die die Körbe hielten. Ikarijo half Taderijmon dabei, Baijosto in einen der Körbe zu setzen. Belrod wurde währenddessen bereits nach oben gezogen. Zum Schluss bestieg Ikarijo den letzten der freien Körbe.
»Soll ich dir einen der Körbe wieder hinunterschicken, wenn wir oben angekommen sind?«, rief Ikarijo dem wartenden Taderijmon zu, der vom Boden aus zusah, wie die Körbe langsam an Höhe gewannen.
»Nicht nötig, mein Freund. Der Aufzug ist nur etwas für Alte und Gebrechliche. Ich klettere rauf. Wollen wir wetten, wer schneller oben ist?«, lehnte Taderijmon lachend ab und winkte dabei Ikarijo zu.
Sogleich machte er sich daran, den ihm am nächsten stehenden Baum zu erklimmen. Taderijmon bewegte sich flink wie eines jener in den Wäldern häufig anzutreffenden fliegenden und furios kletternden Streifenhörnchen den Baum hinauf. Die Naiki nannten die kleinen, auf den Bäumen lebenden Nager liebevoll Ufirra. Taderijmons bevorzugtes Tier war das Ufirra, dessen schrillen Ruf er ebenfalls perfekt beherrschte. Hilfsmittel benutzte er für das Klettern nicht. Geschickt und offenbar ohne große Mühe nutzte er herausstehende Äste, Löcher und die zerfurchte, dicke Rinde des Baumes aus, um einen sicheren Halt für seinen Aufstieg zu finden. Es dauerte nicht lange und der Jäger hatte die Körbe seiner Freunde bereits hinter sich gelassen. In der Siedlung angelangt blickte er mit leichtem Spott auf die Körbe herab, die noch nicht einmal die Hälfte des Weges hinter sich gebracht hatten.
Er half Baijosto beim Aussteigen, dessen Korb als erster oben in der Siedlung angekommen war. Ikarijo folgte kurz darauf, während Belrods Beförderung aufgrund des weit höheren Körpergewichts des Maiko-Naiki am längsten gedauert hatte.
»Wahrhaft erstaunlich, du wirst unseren Ufirra immer ähnlicher, Taderijmon … hier … fang«, scherzte Ikarijo, als er den Transportkorb verließ, und warf seinem Freund eine Nuss zu, die er in seiner Tasche versteckt hatte.
»Da könntest du sogar recht haben, Ikarijo«, antwortete Taderijmon augenzwinkernd, warf die Nuss hoch in die Luft und fing sie geschickt mit dem Mund wieder auf.
»Lasst uns keine Zeit verlieren«, mischte sich Baijosto ein, »wir sollten den Rat einberufen.«
»Wir machen das schon«, antwortete Taderijmon. »Leg du dich mit deinem Moluscho erst einmal schlafen und erhole dich für eine Weile. Ich wecke dich, wenn es so weit ist.«
Baijosto nickte zustimmend. Er war seinem Bruder dankbar. Nichts hatte er im Moment nötiger als Schlaf und Erholung von den Strapazen der vergangenen Tage. Die Hetzjagd durch den Wald hatte ihm arg zugesetzt. Er fühlte sich, als könnte er ewig schlafen, ohne jemals wieder aufzuwachen. Ikarijo half Baijosto in seine in der Nähe des Rathauses gelegene Behausung, in der ein richtiges Bett mit einer frisch gefüllten Laubmatratze auf ihn wartete. Der Waldläufer ließ sich auf das Bett fallen, schloss die Augen und versank augenblicklich in einen tiefen, aber unruhigen Schlaf.
Ikarijo schüttelte ungläubig den Kopf. Sein Freund musste wahrlich am Ende gewesen sein. Noch nie hatte er jemanden erlebt, der so schnell eingeschlafen war.
R ENLASOLS R EISE
I hre Reise führte die vier Reiter am Ufer des Rayhin entlang. Die Tareinakorach ließen sie bald hinter sich. Nicht jedoch die Erinnerung an die vergangenen Tage.
Mit jedem Tag ihres Weges wurde der Gestank des durch die Schlacht verpesteten Flusswassers unerträglicher. Das einst reine und klare Wasser des Rayhin schimmerte rötlich braun. Ein schmutziger Film schwamm an der Oberfläche. Niemand der kleinen Gruppe von Reitern wagte zu wetten, wie lange es wohl dauerte, bis sich der Fluss wieder erholen, das Wasser wieder trinkbar sein würde und die nunmehr trocken und brachliegenden Felder wieder
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