Kryson 03 - Zeit der Dämmerung
werden sie Euch auf der Stelle töten.«
»Ihr müsst von Sinnen sein«, meldete sich Henro erneut zu Wort, »er wird Tomal und mit ihm die zum Schutz abgestellten Eiskrieger vernichten. Unterschätzt nicht seine magische Begabung!«
»Schön … Ihr werdet ebenfalls dabei sein«, wies Corusal an. »… sollten die Eiskrieger versagen, könnt Ihr ihn immer noch nach Art der Praister vergiften.«
Henro erschrak gewaltig bei den letzten Worten des Fürsten und zog sich weiter zurück. Das plötzliche Auftauchen des vermeintlichen Magiers hatte ihn die Kontrolle verlieren lassen. Er musste darauf achten, das über die Wintermonde mühsam aufgebaute Vertrauen nicht wieder zu verspielen, indem er sich dazu hinreißen ließ, unbedacht aus seiner innersten Überzeugung als Praister heraus Äußerungen fallen zu lassen, die den Unmut und die Zweifel des Fürsten erregten. Aber er musste handeln, das wurde ihm während der Unterredung klar. Die Anwesenheit des Magiers passte ihm nicht, und Sapius war in der Lage, die Pläne des Praisters zu durchkreuzen.
»Einverstanden«, sagte Sapius strahlend, dem es gleichgültig war, wer ihn während seiner Begegnung mit Tomal beobachtete.
Hassard wurde angewiesen, die Vorbereitungen für die Begegnung zwischen Tomal und Sapius zu treffen. Bis dahin wurde Sapius unter strenger Bewachung durch die Eiskrieger eine Kammer im Eispalast zugewiesen. Erst am nächsten Tag sollte er Gelegenheit erhalten, den Jungen zu sehen. Dann würde er endgültig Gewissheit haben.
Die Horas wollten und wollten nicht vergehen, während Sapius dem Treffen entgegenfieberte und sich wie ein Gefangener in der Kammer auf und ab schleppte. Irgendwann in der Nacht überfiel ihn eine Müdigkeit, die ihn auf sein Lager zwang. Überreizt warf er sich unruhig hin und her und fand trotzdem keinen richtigen Schlaf. Wenn er kurz eindöste und in eine Art Dämmerschlaf fiel, plagten ihn schreckliche Albträume vom Ende Krysons, die ihn umgehend wieder aufschrecken ließen. Er wusste nicht, was die Träume verursachte und warum er sich jedes Mal schmutzig und an den furchtbaren Ereignissen schuldig fühlte. Vielleicht war es die Nähe des Lesvaraq, die ihm diese Schreckensvisionen in authentisch wirkenden Bildern schickte. Schließlich, die Nacht war schon weit fortgeschritten, schlief er völlig ermattet ein und dieses Mal störte kein Traum seinen Schlaf.
Sapius hatte fast den gesamten Vormittag bis zum Einsetzen der in Eisbergen nicht sichtbaren Tsairu verschlafen. Durch ein lautes Klopfen an der Tür wurde er jäh aus dem Schlaf gerissen. Die Eiskrieger waren in Begleitung des Praisters Henro gekommen, ihn für die Begegnung mit Tomal abzuholen. Hastig warf der Magier seine Kleidung über, öffnete die Tür und folgte Hassard, der die Gruppe anführte, auf dem Fuße.
Nach einem wiederum endlos lang scheinenden, für Sapius eher schlitternden als gelaufenen Marsch durch die Palastflure wurden sie vor der Tür einer weiteren Kammer angehalten. Ein einziger Blick auf den riesenhaften, Wache stehenden Eiskrieger ließ Sapius verstehen, was genau Hassard meinte, als er ihm von Baylhard berichtet hatte. Kein Wunder, dass sowohl Chromlion als auch Madhrab von dem Eiskrieger beeindruckt gewesen sein mussten.
Wer würde es schon freiwillig wagen, sich mit diesem Monstrum eines Kriegers anzulegen?, dachte Sapius bei sich. Dieser Mann hätte selbst einem Grimmgour in der Schlacht am Rayhin gehörigen Respekt eingeflößt.
Baylhard begrüßte die anderen Eiskrieger, öffnete die Tür, bückte sich, um nicht mit dem Kopf gegen den oberen Türrahmen zu stoßen, und ging voraus in die Kammer des Jungen. Einer nach dem anderen folgte. Als Sapius die Kammer betrat, erblickte er als Erstes die jungen Schneetiger, die sich auf einem für sie ausgelegten Fell ausgestreckt hatten und selig ineinander verschlungen schliefen. Gelegentlich zuckten ihre Ohren in Richtung der Geräusche, die von den Besuchern verursacht wurden. Sie kümmerten sich jedoch nicht darum, witterten offenbar keinerlei Gefahr und hielten daher die Augen geschlossen.
Sapius’ Herz pochte bis zum Hals, als er Tomal endlich erblickte. Der Junge stand mit dem Rücken zur Gruppe auf einem Stuhl am Fenster der Kammer und blickte gelangweilt auf den Hafen und das Meer. Er war von seinem Vater angewiesen worden, auf den Gast zu warten, was ihm offensichtlich nicht schmeckte.
»Seid Ihr jetzt endlich alle hier, um mich anzustarren?«, fragte Tomal mit heller
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