Kryson 03 - Zeit der Dämmerung
Sache, Drolatol. Jeder soll zusehen, wie er für sich selbst sorgen kann. Ich bin gewiss kein Wohltäter. Das war ich nie und werde ich nicht sein. Dafür habe ich in meinem Leben zu lange und zu hart gearbeitet.«
»Du legst dir die Dinge zurecht, wie du sie brauchst«, ärgerte sich Drolatol, »und ich bemerke zu meinem Bedauern, dass du immer nach einer Rechtfertigung für deine Taten suchst, indem du die Bluttrinker und Rachuren als bedauernswerte Geschöpfe beschreibst. Andererseits zeigt mir dein Verhalten, dass du sehr wohl ein Gewissen haben musst. Mach die Augen auf, Jafdabh. Sie brauchen deine Hilfe nicht. Die Rachuren wollten die Nno-bei-Klan ausrotten. Sie verstoßen gegen die Gesetze der Kojos, indem sie unbeschreibliche Kreaturen in ihren Brutstätten züchten, und ihre Herrscherin ist eine Hexe, die dem dunklen Hirten dient. Die Bluttrinker sind eine Gefahr. Auch sie dienen durch Quadalkars Verbindung seit Urzeiten dem dunklen Bruder der Saijkalrae.«
»Tja … hm … Wie redest du mit mir?«, meinte Jafdabh plötzlich leicht pikiert. »Ich habe dich bei mir wie einen Freund und Sohn aufgenommen, obwohl du mein Diener sein und mir Treue, Gehorsam und Respekt entgegenbringen solltest. Ich teile mit dir meine Gedanken, bezahle dich hervorragend für deine Dienste und du redest mir andauernd ins Gewissen. Was soll das, Drolatol? Ich bin, was ich bin. Aus freien Stücken. Ein Todeshändler. Ell und all seine Geschöpfe brauchen einen Mann wie mich, der ihnen genau die seltenen Dinge verschafft, nach denen es sie verlangt. Wer sonst sollte ihnen die Wünsche erfüllen?«
»Du verstehst mich nicht oder willst mich nicht verstehen«, meinte Drolatol, »dann muss ich wohl deutlicher werden. Ich gebe zu, du behandelst mich zu meinem eigenen Erstaunen gut. Das hatte ich nicht erwartet. Dennoch solltest du nicht vergessen, dass ich ein Sonnenreiter war und einer höheren Bestimmung folgte, bevor ich dem Handel mit dir zustimmte und mich in die Abhängigkeit zu einem gewissen Todeshändler begab. Die Welt um dich herum zerfällt, Jafdabh. Das musst du doch sehen. Es herrscht allerorts Dämmerung und Dunkelheit vor. Das Gleichgewicht verschiebt sich. Welchen Sinn hat unser Leben noch, wenn wir in dieser Welt voller Verzweiflung, Tod und Verderben ohne Hoffnung leben müssen? All dein Vermögen wird nichts mehr wert sein, wenn Kryson im Chaos der Nacht untergeht. Wo willst du es ausgeben, wenn die Klan sterben? Es muss etwas geben, woran wir glauben können. Etwas, wofür es sich zu kämpfen und zu sterben lohnt. Die Rachuren und Bluttrinker sind es gewiss nicht, denn sie wollen nur unseren Tod.«
»Tja … ich gebe zu, der momentane Zustand behagt mir auch nicht. Vielleicht sollten wir tatsächlich anfangen an einigen Verbesserungen zu arbeiten … tja … in kleinen Schritten, meine ich … tja … so langsam eben … Stück für Stück.«
»Das ist es doch, wovon ich rede. Du hast die Macht und das Vermögen dazu. Nutze deine Möglichkeiten, bevor es zu spät ist und wenn es am Ende nur für dich selbst sein sollte. Allein dein Eigennutz könnte anderen helfen ein besseres Leben zu führen.«
»Tja … hm … und wie stellst du dir das vor?«, fragte Jafdabh.
»Wir könnten in Tut-El-Baya anfangen«, schlug Drolatol vor. »Ich habe dein Gesicht gesehen, als wir zuletzt auf geheimen Wegen in die Stadt gelangten. Wie Diebe haben wir uns hineingeschlichen und vor den wütenden Opfern der Seuche versteckt. Du warst zutiefst betroffen. Gib es zu. Es ist deine Stadt und du liebtest das einst brodelnde Leben, den Frohsinn und die Feiern der überaus glücklichen und stolzen Einwohner. Nun, vielleicht sollte ich besser sagen, es könnte deine Stadt sein. Doch das gehört der Vergangenheit an. Nichts davon ist geblieben. Tut-El-Baya ist eine tote Stadt. Eine Stadt der Geister und Schatten. Du besitzt das Heilmittel, um die Seuche aufzuhalten und die Kranken zu heilen. Was hindert dich daran, es endlich einzusetzen? Befreie Tut-El-Baya von der Seuche und den durch die Gassen wandernden Schatten. Das wäre ein erster Schritt und eine wahrhaft große Tat. Glaube mir, die Klan werden dir vor Dankbarkeit zu Füßen liegen.«
»Tja … das wäre in der Tat eine Möglichkeit, aber der Praister Thezael wird das nicht zulassen«, gab Jafdabh zu bedenken. »Er ist ein Mann der Schatten, die Klan fürchten und respektieren ihn. Er ist derjenige, der aus der Katastrophe seinen Nutzen zieht.«
»Dann zettle einen Aufstand an!
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