Kubu und der Tote in der Wueste
die Maschine ab und vollführte eine lässige Rolle. Anschließend stieg er fröhlich hinauf auf tausend Fuß. Eine Gruppe von Buschleuten starrte zu ihm hoch. Er winkte und rief ihnen in
ihrer eigenen Sprache etwas zu, aber wie üblich antworteten sie nicht.
Plötzlich füllte sich das Cockpit mit Flammen. Er spürte die Hitze und atmete Rauch und Feuer ein. Ein brennender Schmerz, und er wurde bewusstlos. Dann wechselte die Perspektive, und er stand, zu seiner vorübergehenden Erleichterung, auf der Erde bei den Buschleuten und sah zu, wie das Flugzeug sanft abkippte, während Rauch und Feuer aus dem Cockpit schlugen. Er glaubte, Schreie zu hören. Er rief den Buschleuten zu: »Ich bin es nicht! Ich war es nicht! Ich war es nicht!« Aber sie starrten nur in den Himmel und sahen zu, wie die Maschine sank, sich langsam auf den Rücken drehte und irgendwann auf der Erde aufschlug. Ein Moment der Stille trat ein. Dann folgte eine Explosion. Feuer verschlang das Flugzeug und kam dann unerbittlich und unerklärlich über den Sand auf sie zu. Er stand da wie angewurzelt, wagte nicht, zu den Buschleuten hinüberzublicken, denn wenn er das tat, würden sie sich in andere Kreaturen verwandeln. Schließlich erreichte ihn das Feuer, ließ den Boden unter seinen Füßen schmelzen, und zusammen sanken sie hinunter in die unsterblichen Flammen.
Cecil Hofmeyr erwachte schweißgebadet. Ein Aufschrei des Grauens war ihm im Hals steckengeblieben. Er zitterte in Fieberkrämpfen und zog die Beine an, als wollte er sie vor dem Feuer schützen. Irgendwann wurde sein Atem ruhiger. Er stand auf und ging ans Fenster, zog die Gardinen auseinander und stieß die Fenster auf, als könnte die Kälte der Botswana-Nacht ihn eher abkühlen als die Klimaanlage. Der fast volle Mond stand direkt über ihm, und er sah den Garten in deutlichem Schwarzgraukontrast unter ihm liegen. Das kalte Licht tröstete ihn.
Im Busch waren die Beutetiere – Antilopen, Zebras, Gnus, Giraffen – froh über die bessere Sicht, die für sie größere Sicherheit bedeutete. In Afrika gilt der Vollmond als Segen und hat keine der negativen Bedeutungen, wie sie ihm in den westlichen Legenden angedichtet werden. Sechs Wochen später würden sich zwei Ranger nach seiner Unterstützung sehnen, als sie einer zermürbenden Nacht entgegensahen, in der sie nur bei Sternenlicht eine Leiche vor den Hyänen schützen mussten. Doch davon ahnte Cecil nichts, als er die kühle Luft tief einatmete und die Wirklichkeit zurückkehren fühlte.
Er sank in einen Sessel neben dem Bett und versuchte, sich zu entspannen. Es liegt an Kobedi, dachte er. Deswegen hat mich der Traum wieder heimgesucht, nach all den Monaten. Es liegt an ihm. Immer an ihm. Er dachte an das Treffen am gestrigen Nachmittag zurück, an Kobedis unwillkommenen Besuch.
Kobedi hatte auf dem Treffen bestanden, und irgendwann hatte Cecil widerwillig zugestimmt. Kobedi gab sich als Landwirtschaftsberater aus, als Experte für Viehzucht und Weidezäune. Auf diese Weise konnte er ganz unverfänglich bei Cecil ein und aus gehen. Er erschien pünktlich zu ihrer Verabredung um vier Uhr. Cecils Sekretär ließ ihn ein, erinnerte Cecil aber ausdrücklich an einen weiteren Termin um halb fünf.
»Was willst du?«, fragte Cecil und erhob sich weder von seinem Stuhl, noch bot er Kobedi einen Platz an. Kobedi lachte nur und machte es sich auf einem Sessel vor dem Schreibtisch bequem. Er besaß noch immer einen Hauch animalischer Anziehungskraft – die fein geschnittenen Gesichtzüge, die muskulöse Figur ... Doch sein Gesicht war mittlerweile aufgedunsen von Alkohol und Lotterleben, und die einst kräftigen Muskeln verschwanden allmählich unter einer Fettschicht. Eine verblühte Rose, dachte Cecil. Wie konnte ich diese Schlange jemals attraktiv finden?
»Ich glaube, du brauchst ein bisschen mehr Unterstützung, Cecil. Wie ich gehört habe, läuft es bei euch nicht allzu gut. Sagen wir, für zwanzigtausend Pulas Honorar?« Kobedi lächelte. Er hatte noch immer perlweiße, ebenmäßige Zähne.
»Wir hatten eine Vereinbarung«, erwiderte Cecil. »Eine letzte Vereinbarung. Dazu gehörte keine weitere Beratung. Bald werde ich meinen Neffen wiedersehen. Sobald Angus dreißig ist, wird er genügend Anteile erben, um in der Firma das Sagen zu haben. Der Trust wird ihm und seiner Schwester gehören. Ich werde ihre Unterstützung brauchen, um das Geschäft weiterzuführen. Ich kann mir keine weitere Beratung mehr leisten.«
»Cecil,
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