Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kuche Totalitar - Wladimir Kaminer

Titel: Kuche Totalitar - Wladimir Kaminer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wladimir Kaminer
Vom Netzwerk:
Euro-Angeln nicht zu fangen. Ein anständiger sibirischer Fisch muss mindestens einen Zentner wiegen, und sein Schwanz muss den Boden fegen, wenn der Fischer ihn über die Schulter hängend nach Hause trägt. Die Kartoffel wird hier zwar nur schwach und klein, umso größer werden dafür die Bären.
    Je nach Jahreszeit liefert der Wald unterschiedliche Gaben. Im Sommer sind es Pilze, die manchmal das Gewicht eines Dreijährigen erreichen, und gelbe oder rote Moorbeeren, so groß wie Kirschen. Im Winter und Herbst kommen Rentier- und Bärenfleisch auf den Tisch sowie Wildgänse und Hasen, wobei sogar der sibirische Hase ganz schön gefährlich sein kann. Die Jäger erlegen die Tiere, und ihre Frauen machen Pelmenis daraus, kleine Teigtaschen mit unterschiedlichster Füllung. Bären und Beeren, alles kommt da hinein, und es gibt mehr als dreißig Rezepte für diese Teigtaschen. Sie werden zu tausenden zusammengefaltet und über Nacht nach draußen gestellt, wo sie in der Kälte einfrieren. Danach werden sie im Speisekeller oder im Kühlschrank in großen Tüten aufbewahrt. Auf diese Weise hat man das ganze Jahr über etwas zu beißen.
    Oft wird Sibirien mit dem äußersten Norden verwechselt. Der falsch informierte Europäer denkt dabei gleich an den Nordpol und an Eisbären, doch die gibt es in unserem zivilisierten MittelSibirien nicht. Die Eisbären findet man viel nördlicher. Dort, nahe am Polarkreis, leben Nomaden, die Ureinwohner des Nordens, die keine Pelmenis kochen, sondern mit ihren Familien den Rentierherden hinterher ziehen.
    Die Rentiere bewegen sich immer im Kreis, je nach Wetterlage. Im Frühling geht das Ren gen Norden, dorthin, wo es weniger Mücken gibt. Dann auf die Sommerweide, und im Herbst zieht es in den Süden, wo die Tundra an die Taiga grenzt und es natürlichen Schutz vor Wind, Eis und Schnee findet. Jede Herde wird von einer Nomadensippe begleitet, deren Mitglieder als Rentierzüchter bezeichnet werden, obwohl in dieser komplizierten Beziehung zwischen Mensch und Tier nur bedingt feststellbar ist, wer eigentlich wen züchtet.
    Die eingewanderten Russen haben in den letzten Jahrhunderten viele schlechte Angewohnheiten in den Norden gebracht und den natürlichen Gang der Dinge gestört. Sie brachten den Nomaden das Wodkatrinken und Brotessen bei, das inzwischen zu einem festen Bestandteil der Nomadenküche geworden ist. Fünfhundert bis sechshundert Brotlaibe werden pro Sippe für eine Wanderungsperiode eingekauft und müssen dann mitgeschleppt werden. Nach jeder Flußüberquerung wird das Brot, das sich längst in Trockenbrot verwandelt hat, ausgelegt und am Ende des Tages wieder eingepackt. Die Jagd wird hier bloß noch von Minderjährigen ausgeübt. Aus Patronenmangel schießen die jungen Jäger nur dann, wenn sich zwei Wildgänse oder -enten im Flug kreuzen. Trotzdem haben die Nomaden mit ihren Rentieren eine abwechslungsreiche Nahrung zur Verfügung: Blut, Fleisch, Fett, Material für ihre Kleidung und Unterkünfte, außerdem, was in der Tundra besonders wichtig ist, ein Transportmittel, das keine Ersatzteile und kein Benzin braucht.
    Eine normale Großfamilie, bestehend aus zwei Erwachsenen und fünf Kindern, würde bei den Nomaden eine Herde von mindestens vierhundert Tieren zum Überleben brauchen. Etwa hundert davon werden zum Arbeiten benutzt, sechzig für den Transport des Familienbesitzes einschließlich Zelt, zwanzig für weite Ausflüge zum Jagen oder Einkaufen und zwanzig männliche Tiere, die ausgebildet werden, um irgendwann die alten Arbeitstiere abzulösen. Für ihren Lebensunterhalt, also Essen und Kleidung, würde die Familie zwischen fünfzig und achtzig Rentiere jährlich verschleißen. Das würde auch für unvorhergesehenen Besuch von Gästen reichen oder wenn die Schwiegermutter kommt. Für das Ausbessern und Erneuern des Zelts, das durch Frost und Wind schnell kaputtgeht, müsste die Familie mit noch einmal achtzig bis hundert Tieren rechnen. Den Rest könnten sie dann für die Feier anlässlich des Rentierzüchtertages verwenden, der alljährlich am ersten April gefeiert wird.

Sibirische Küche
Alle Zutaten sind für vier Personen berechnet.
     
Vorspeisen
     
Hering im Mantel
     
Zutaten:
     
250 g Heringsfilet, 1 Rote Bete, 2 Kartoffeln, 2 Möhren, 2 Eier, 200 g Mayonnaise, 3 Salzgurken, 1 TL Erbsen, 1 Zwiebel
     
Zubereitung:
    Die Kartoffeln, die Eier, die Rote Bete und die Möhren kochen. Alles getrennt reiben. Das Heringsfilet und die Zwiebel klein hakken.

Weitere Kostenlose Bücher