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Kuckucksmädchen

Kuckucksmädchen

Titel: Kuckucksmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Lohmann
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vorgeschlagen. Es ist eines dieser Cafés in Altona, in denen Hamburg so tut, als würde es noch zu Dänemark gehören. Geweißelte Stühle, verschnörkelte Landhausregale, große Glasglocken, unter denen winzige bunte Kuchen liegen. Shabby Chic.
    Vielleicht habe ich dieses Café ausgesucht, weil ich glaube, dass es Anouk gefallen würde und ich auf diese Art Max gefallen könnte. Aber in dem Moment, in dem er sich in seinem schlicht geschnittenen Anzug auf die pastellige Holzbank setzt und seine langen Beine unter das Cafétischchen quetscht, komme ich mir vor, als hätte ich einen Geschäftsmann in eine Puppenstube eingeladen.
    Max lässt sich nichts anmerken und bestellt so souverän Kaffee und Kakao, wie man es eben in einer fliederfarbenen Puppenstube tun kann. Dann sieht er sich eine Weile wortlos um. Und weil ich eine Ahnung habe, worum es geht, aber nicht genau weiß, was Max mir sagen will, fange ich an: »Anouk ist übrigens toll, Max. Auch wenn sie mich nicht mag.«
    Er nickt abwesend, es interessiert ihn nicht, was ich über seine Frau denke. Dann, endlich, sieht er mich direkt an: »Und? Hast du dich einigermaßen erholt?«
    Â»Wovon?«
    Â»Von unserem Treffen. Davon, dass ich dir wehtun musste.«
    Â»Das hast du gemerkt?«
    Â»Natürlich. Und es tut mir leid. Aber ich hatte keine andere Wahl.«
    Er schaut mich unverwandt an. »Ich hatte Angst.«
    Â»Angst? Wovor? Dass ich deine kleine bunte Welt kaputt machen könnte? Das ist nicht dein Ernst.«
    Max zuckt mit den Schultern. »Du warst auf einmal so … nah. Nicht mehr nur die Frau am anderen Ende des Telefons auf der anderen Seite der Stadt. Plötzlich hast du auf meinem Sofa gesessen. In unserer Wohnung. Wanda und Anouk in einem Zimmer. Normalerweise trenne ich die Dinge gerne voneinander.«
    Â»Normalerweise?«
    Max nickt, ohne mich aus den Augen zu lassen.
    Â»Das wollte ich dir sagen. Ich betrüge sie seit fast einem Jahr.«
    â€“Jetzt wird es interessant.
    â€“Darauf hast du die ganze Zeit gewartet, oder was?
    â€“Ich wusste, es gibt eine Lücke im System.
    Ich wirke wohl etwas abwesend oder perplex, wenn ich mit meinem Herzen rede. Jedenfalls schiebt Max hinterher:
    Â»Es ist nicht, wie du denkst.«
    Ich muss lachen. »Den Satz hast du jetzt gerade nicht wirklich gesagt, oder?«
    Die Kellnerin bringt Kakao und Kaffee, auf den Untertassen liegen kleine rosafarbene Marshmallows. Das ist zwar nicht dänisch, aber bestimmt fand der zuständige Inneneinrichter, dass sie »einfach wahnsinnig gut zur Wandfarbe passen«.
    Max atmet hörbar einmal ein und wieder aus. Das Ausatmen klingt wie ein Seufzen von tief innen: »Ich hätte nie damit gerechnet, einmal solche Sätze zu sagen. Und es auch noch so zu meinen. Aber ich habe auch nicht mit dem gerechnet, was mir passiert ist. Warst du schon mal in einem Swingerclub?«
    Die Wachsdecke auf dem Cafétisch zwischen uns wird von kleinen, pastellfarbenen Babuschkas bevölkert; sie reihen sich aneinander, eine kleine Kugelfrau nach der anderen, mit großen schwarzen Kulleraugen.
    Ich muss etwas antworten.
    Max scheint allerdings keine Antwort zu erwarten:
    Â»Ich war vor einem halben Jahr zum ersten Mal in so einem Club. Ein Versehen. Ein Zufall. Oder … vielleicht auch nicht, ich weiß es nicht.«
    Diese rundlichen Babuschkas erinnern mich an Anouk. Prall und rosa und unschuldig. Betont locker ziehe ich die linke Augenbraue hoch, als ich ihm ins Gesicht schaue.
    Â»Und?«
    Â»Es war auf jeden Fall sehr viel anders, als ich es mir all die Jahre vorgestellt hatte. Keine nackten Hintern auf Kunstlederhockern, Leberwurstschnittchen oder Yuccapalmen.«
    Â»Sondern?«
    Â»Sondern Männer in edlen Anzügen. Schöne Frauen in Lederkorsagen. Champagner. Stilvolle Einrichtung.«
    Er nimmt seinen Kaffeelöffel und beginnt, die Rundungen der kleinen Babuschkas damit nachzuzeichnen.
    Â»Also nicht so schlimm, wie RTL2 immer sagt?«
    Er lacht.
    Â»Nein.«
    Â»Und jetzt gehst du da jeden Samstagabend hin, oder was?«
    Max schafft es, kurz hochzuschauen.
    Â»Nein«, sagt er noch mal, »aber ich gehe hin, ab und zu. Und ich kann nicht aufhören.«
    Â»Ich nehme an, du kannst Anouk nicht fragen, ob sie mal mitkommen möchte?«
    Er schnaubt ironisch. »Du hast sie gesehen. Sie ist großartig, so wie sie ist. Ich liebe sie. Aber schwarzes Leder

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