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Kuckucksmädchen

Kuckucksmädchen

Titel: Kuckucksmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Lohmann
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leiser.
    Â»Ich vermisse es eben manchmal. Das, was ich hatte, bevor Anouk und ich uns diese kleine bunte Welt hier aufgebaut haben.«
    Â»Ja«, sage ich langsam und wittere das erste Mal meine Chance, ein bisschen Gemeinsamkeit zwischen uns herzustellen. »Ganz schön farbenfroh hier. Erinnert mich ein bisschen an Bullerbü.« Achzig Prozent Trockenheit, zwanzig Prozent Ironie, genau die richtige Mischung. Max springt darauf an.
    Â»Das ist ihre Vorstellung vom perfekten Leben. Die Einrichtung, das Essen, die Freunde … Sie macht es glücklich, und mich stört es nicht.«
    Â»Aber … du vermisst doch was?«
    Â»Ja«, sagt er und schaut mich mit einem Grinsen an: »Ficken tun wir selten hier in Bullerbü   …«
    Stille. Räuspern. Die Verlegenheit setzt sich zu uns aufs Sofa und streicht sorgfältig ein paar Kissen glatt.
    Â»Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass der Rotwein wirklich gut ist?«
    Â»Natürlich ist er das, meine Liebe. Du bist hier schließlich bei Max und Anouk . Hier gibt es keinen schlechten Rotwein.« Max grinst zwar noch immer, aber das kann nicht über die Bitterkeit in seiner Stimme hinwegtäuschen. »Streich das am besten wieder, Wanda. Ich bin gemein. Du hast recht, der Wein ist gut. Und er lässt mich ein bisschen vergessen.«
    Apropros vergessen: Ich vergesse unter Alkoholeinfluss immer, dass ich einen Freund habe. Aus dem Kinderzimmer kann ich Anouks ruhige Stimme beim Geschichtenvorlesen hören, auf dem Tisch flackern die letzten Kerzen. In einer Mischung aus Gemütlichkeit und Trunkenheit dränge ich die Verlegenheit mit dem Fuß beiseite und kuschele ich mich ein bisschen in Max’ Richtung. Und während ich in seiner Stimme bade, plappert plötzlich das Herz dazwischen:
    â€“Erinnerst du dich, der hat eigentlich mal uns gehört …
    â€“Ich weiß. Willst du ihn wiederhaben?
    â€“Im Moment schon.
    â€“Egoistisches Biest. So einfach ist das nicht.
    â€“Natürlich ist es ganz einfach. Rück doch noch ein bisschen näher an ihn ran …
    â€“Bist du mein Herz, oder bist du der Teufel?
    Ich rutsche nicht näher. Aber ich lege meinen Arm wie zufällig ganz nah neben seinen auf den Sofarücken. Max redet und redet. Noch ein bisschen näher. Jetzt kann ich schon seine Wärme spüren. Jetzt schon die feinen Haare auf seinem Unterarm. Er bewegt sich nicht. Merkt der das nicht? Oder will der das nicht?
    Ah, Verlegenheit, da bist du ja wieder. Sie hat sich offensichtlich von meinem Fußtritt erholt, setzt sich genau zwischen uns und starrt auf meinen Arm. Den jetzt wegzuziehen ist auch doof. Meine eben noch so lässige Haltung wird mit einem Mal verkrampft. Max hat aufgehört zu reden. Von Zufall kann keine Rede mehr sein. Und dann kommt Gott sei Dank Anouk. Max zieht den Arm weg, die Verlegenheit dreht noch eine schnelle Pirouette auf den Wohnzimmerdielen und verschwindet zur Tür hinaus.
    Â»Komm her, du Heldin«, sagt Max und zieht sein Mädchen aufs Sofa. Sie nimmt ihm den Rotwein aus der Hand und schaut mich beim Trinken über den Glasrand hinweg etwas zu lange an. »Danke, dass du heute übernommen hast.«
    Anouk nickt und gähnt. »Schon gut. Bin beim Vorlesen fast selber eingeschlafen.«
    Â»Willst du ins Bett?«
    Sie nickt noch mal. »Aber nicht allein.«
    Max streicht ihr eine Haarsträhne hinters Ohr und sieht mich an: »Wenn du nichts dagegen hast …«
    Nö, von mir aus geht das klar, nur das Herz wird natürlich protestieren. Zu dritt bahnen wir uns einen Weg zwischen Kuscheltieren, Baggern und Kindersocken durch den Flur. Das Herz tut sich schwer, es hinkt hinterher, stolpert mehrmals und bleibt an einem Plastikdinosaurier hängen. Aber irgendwann haben wir es geschafft.
    Anouk und Max verlieren kein einziges Mal den Körperkontakt, plötzlich scheinen sie wie miteinander verklebt. Sogar als ich die beiden zum Abschied umarme, lassen sie die Hand des anderen nicht los. Ich merke schon jetzt, wie das Herz in meiner Brust tief Luft holt, um gleich all seiner Traurigkeit freien Lauf zu lassen.
    Â»Danke fürs Essen und alles«, sage ich brav mein Sprüchlein auf.
    Â»Schön, dass du da warst«, smalltalkt Anouk zurück.
    Â»Ja, das war interessant, Wanda«, sagt Max. Er sagt nicht: »Das müssen wir mal wieder machen.«
    Und dann macht einer von beiden die Haustür

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