Kuckucksmädchen
und Matratze auf und beziehe Decke und Kissen mit frisch gewaschener weiÃer Bettwäsche. Fertig. Sahnebergbett auf Champagnerflauschboden.
Dann wird es etwas anstrengender. An der gegenüberliegenden Wand bohre ich insgesamt vier Löcher. Ich stecke die passenden Dübel hinein und schraube die Metallhaken an. Ich bin nicht ganz sicher, ob es passt. Ich konnte schlieÃlich nicht Maà nehmen. Aber ich hoffe, es sind die richtigen Abstände für Jonathans Rennrad.
Ich lege mich aufs Bett und teste die neue Aussicht. Es fühlt sich noch immer richtig an.
âFinde ich auch.
âHuch. Du hast aber lange nichts gesagt, mein Herz.
âRichtig. Und wenn alles gut läuft, werde ich dir in Zukunft auch wieder weniger reinquatschen.
âWarum hast du damals eigentlich überhaupt damit angefangen?
âWeil du es verdammt noch mal dringend nötig hattest, Kuckucksmädchen. Das war ja nicht mehr mitanzusehen.
âUnd jetzt habe ich es nicht mehr nötig?
âNein. Jetzt kommt was Neues.
âSchade. Ich werde dich vermissen.
âMusst du nicht. Ich bin ja da.
Es pikst kurz, aber heftig in die Innenseite meines Brustkorbes.
âNa, dann will ich mal hoffen, dass sich nach dir jetzt nicht noch all die anderen Organe zu Wort melden â¦
âKeine Sorge. Die sind nicht so vorlaut wie ich.
âDann ist ja gut.
âJa. Also ⦠wenn du keine Fragen mehr hast â¦
Ich überlege kurz, habe aber tatsächlich keine Fragen mehr.
Endlich. Keine. Fragen. Mehr. Die letzten Wochen scheinen sich doch irgendwie gelohnt zu haben, auch wenn das Herz und ich dabei kräftig bluten mussten.
Ich denke an die ratlose Leere, die Phillip und Larissa in mir erzeugt haben, während wir in der Küche an einem Holztisch saÃen, auf dem ich nie gevögelt wurde. An den Schmerz, den wir gespürt haben, als Max und Anouk mich durch den Bullerbü-Flur ihrer durchgestylten Altbauwohnung geführt haben. An Ilya, den Garten seiner Mutter und an das Gefühl, ein Puzzleteil im falschen Karton zu sein. An Mila und Clemens, die mit ihrer unperfekten Einrichtung und ihrer mutigen Art dem Herzen einen Stoà gegeben haben.
Und dann denke ich an Babuschkas, die aus einer Gummibärchentüte krabbeln, und an Jonathan, der auf das beleidigte Haus einredet, und merke, dass ich langsam wegschlummere, als ich plötzlich ein Geräusch höre.
Ein Geräusch, das einmal quer durch die riesige, kalte Wohnung scheppert, über den leeren Flur wandert, bis hinein in mein Sahnebett dringt und sich dann in meine Ohren legt. Es klingelt.
Einmal.
Zweimal.
Dreimal.
Nachwort
Nur einen Tag, nachdem ich die letzten Seiten von Kuckucksmädchen geschrieben habe, ging ich abends mit meinem besten Freund im Gloria essen. Es sollte ein kurzes Treffen werden, wir waren müde und traurig und hatten somit die besten Voraussetzungen, früh nach Hause zu wollen. Aber vielleicht gerade weil wir so müde und traurig waren, kam alles ganz anders. Wir aÃen eine Kleinigkeit, das heiÃt, ich aà viel und er sehr wenig, wie immer, wenn wir uns treffen.
Und dann fingen wir an zu trinken, ungeplant und aus heiterem Himmel. Wir wechselten vom Gloria in die Amandabar , wir bestellten noch mehr und wollten noch nicht nach Hause. Ich glaube, wir hatten sogar kurz überlegt, was passieren würde, wenn wir jetzt sofort zum Flughafen führen und in die nächste Maschine nach Australien stiegen. Aber wir wurden uns ziemlich schnell einig, dass wir uns nach spätestens einer Woche auf die Nerven gehen würden. Also beschlossen wir, vorerst in Hamburg zu bleiben und dann aber wenigstens jetzt tanzen zu gehen.
Wir nahmen uns ein Taxi (!) und fuhren an einem Mittwoch (!) auf den Kiez (!), wo ich, genau wie Wanda in meinem Roman, seit Jahren nicht mehr war. Wir gingen erst in die Hasenschaukel , doch da saà nur ein trauriges Mädchen mit einer Gitarre, zu deren Musik man beim besten Willen nicht tanzen konnte, und so zogen wir weiter zum Couchcapitän. Dort traf ich ein paar alte Bekannte aus meinem vergangenen Leben, worauf dringend angestoÃen werden musste. Es war mittlerweile schon nach eins, mein bester Freund verabschiedete sich, in sechs Stunden musste er seine Tochter in die Kita bringen. Ich blieb, denn auf mich warteten weder ein Job noch Kinder, nur ein zu überarbeitendes Manuskript, dem ein bisschen Abstand auch nicht schaden konnte.
Also
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