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Kuckucksmädchen

Kuckucksmädchen

Titel: Kuckucksmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Lohmann
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Lüge.
    Â»Nein.«
    Keine Reaktion.
    Ich trinke einen Schluck Luft aus dem leeren Rotweinglas. Und weil er nichts anwortet und ich weiß, dass er es wahrscheinlich weiß, schiebe ich hinterher: »Ich bin bei Ilya.«
    Â»Was machst du da?«
    Â»Ich bin mir nicht sicher. Ich glaube, ich halte die Zeit an.«
    Â»Aha.« Jonathan lacht verächtlich. »Du glaubst echt, mit mir könntest du alles machen.«
    Vielleicht denke ich das.
    Â»Und komm mir bitte nicht mit diesem Geschwafel von der Zeit, die du anhälst. Wahrscheinlich schläfst du sogar mit diesem Typen und redest dir ein, du würdest es aus reiner Melancholie tun. Ganz ehrlich? Ich versteh dich nicht. Es war doch alles gut, letztes Mal. Warum kannst du nicht mit deiner komischen Abschiedstournee aufhören und einfach mit mir weitermachen?«
    Â»Ich weiß es nicht.«
    Ilya kommt genau in dem Moment zurück, in dem Jonathan auflegt. Ich lasse das Handy auf den Boden gleiten, während Ilya vor mir steht und die Gläser füllt. Eine Weile trinken wir schweigend, ohne uns anzusehen. Das Haus atmet tief ein. Und dann ficken wir meine Gedanken an Jonathan einfach weg.
    Schon vierundzwanzig Stunden später hilft auch Sex nicht mehr. Das liegt einer vorsichtigen Schätzung zufolge nicht nur an Jonathan, der vielleicht gerade in diesem Moment ein letztes Mal auf mich wartet. Es liegt auch am Sex selbst. Wenn wir den Alkohol weglassen und ich die Sache bei Tageslicht betrachte, ist es einfach nicht dem Alter angemessen, mit Jugendfreunden zu schlafen. Unsere Körper scheinen irgendwie noch auf dreizehn Jahre alte Abläufe programmiert zu sein. Eine Zeit, in der man froh war, wenn man die Sache überhaupt einigermaßen schmerzfrei und ohne Peinlichkeiten über die Bühne gebracht hat. Eine Zeit, in der allein der bloße Gedanke an Sex (Oh Gott, wir schlafen miteinander, wie richtige Erwachsene!) einen umhauen konnte. In unseren Köpfen und Betten muss so einiges passiert sein im letzten Jahrzehnt, allerdings getrennt voneinander. Vielleicht spielen unsere Körper deswegen nicht richtig mit. Ich kann nicht aufhören, den Bauch einzuziehen, und Ilya scheint sich nicht zu trauen, heute andere Stellen zu küssen als die, die ich ihm mit siebzehn Jahren erlaubt habe. Wir spielen ein Kinderspiel, das seinen Zauber verloren hat. Und als wir das erste Mal den guten alten Spielbeschleuniger Alkohol weglassen, merken wir es auch.
    Â»Versteh mich nicht falsch, es macht Spaß, aber früher war es irgendwie aufregender«, sagt Ilya, und ich muss mich sehr beherrschen, um nicht beleidigt zu sein. Er hat recht.
    Â»Wahrscheinlich ist es gut so.«
    Ilya schaut mich fragend an.
    Â»Ich habe dir doch am Telefon von meinem Projekt erzählt«, rede ich weiter und schlage einen wissenschaftlichen Tonfall an. »Und der Gedanke, dass sich die gleichen Dinge zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich anfühlen, könnte zu den wichtigsten Erkenntnissen in meiner Projektreihe gehören.«
    Â»Ich bin Teil einer ganzen Projektreihe?«, fragt Ilya irritiert nach.
    Â»Ja«, antworte ich unsicher. »Bist du jetzt eher stolz oder eher beleidigt?«
    Â»Ich bin froh, dass ich dir helfen konnte, würde ich sagen.« Ilya grinst. »Falls du noch mehr Freundinnen mit solchen Projekten hast, kannst du sie gerne vorbeischicken.«
    Â»Das wäre dann aber was anderes. In meinem Projekt geht es ja darum herauszufinden, wie eine Zukunft mit dem Ex ausgesehen hätte.«
    Ilya schüttelt den Kopf. »Entschuldige, Baby, aber um zu wissen, wie eine Zukunft mit mir ausgesehen hätte, hätte es etwas mehr Aufwand gebraucht, als dreimal mit mir zu schlafen.«
    Â»Ich weiß. Meine Arbeit ist an manchen Stellen etwas laienhaft. Aber das ist leider auch eine Zeitfrage.«
    Â»Verstehe. Und wie fühlt es sich an? Also abgesehen von wichtigen Projekterkenntnissen?«
    Â»Wie ein Puzzleteil in der falschen Schachtel.«
    Â»Wie ein was? «
    Â»Du kannst dich doch an die Kinderpuzzles von früher erinnern. Du hast dir einen Kasten vom Stapel genommen, seinen Inhalt auf dem Fußboden ausgeschüttet und angefangen, die Teile zu sortieren.«
    Ilya nickt. »Erst mal alle Teile mit einer geraden Fläche an den Rand.«
    Â»Genau. Und alle hellblauen nach oben, denn das wird der Himmel sein, und grün und braun nach unten, denn das ist die Wiese.«
    Â»Wenn man Glück

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