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Kuckucksmädchen

Kuckucksmädchen

Titel: Kuckucksmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Lohmann
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Stoppelfelder stehen. Ich drücke fester zu und ziehe ihn über den rechten Unterschenkel. Zu feste. Winzige Hautlappen verfangen sich in der stumpfen Klinge, das Wasser verfärbt sich rosa. Aber ich bin fest entschlossen und halte das Gemetzel durch. Blut ist immer noch besser als Haare, und das Gute an der Sache ist, dass ich fast nichts spüre; der Alkohol macht mich netterweise schmerzunempfindlich. Nach fast zwanzig Minuten habe ich keine Haare mehr auf den Unterschenkeln. Dafür etliche offene Stellen. Das Badezimmer sieht aus, als hätte jemand eine Jungfrau in der Wanne geschlachtet. Alles egal jetzt. Ich stille die blutenden Wunden notdürftig mit dem schneeweißen Gästehandtuch und stolpere in Ilyas Zimmer. Dort setze ich mich direkt neben ihn aufs Bett.
    â€“Hach.
    â€“Was ist denn jetzt schon wieder?
    â€“Das Bett.
    â€“Was ist damit?
    â€“Hier haben wir unsere Unschuld verloren.
    â€“Stimmt. Hach.
    Wenn ich betrunken bin, verstehe ich das Herz so gut.
    â€“Wahrscheinlich liegt sie jetzt irgendwo da, in der Bettritze im Staub.
    â€“Mach kein Theater. Das ist doch ein guter Ort für unsere Unschuld. Schlimmer wär ’ s, wenn du da noch herumliegen würdest, mein Herz.
    Ich gebe mir gar nicht erst die Mühe, nach dem Zimmer seines Bruders zu fragen. Stattdessen lasse ich mich nach hinten aufs Bett fallen. Ein paar Sekunden später fällt Ilya neben mich. Wir sehen uns eine Weile an, und ich muss fast gar nicht an Jonathan denken. Dann gehe ich in seinem Geruch nach Erde, Rauch und Rotwein baden.
    Ich wache mit Kopfschmerzen auf. Ich traue mich nicht, die Augen zu öffnen. Ich weiß genau, wo ich bin. Neben mir kann ich es sanft atmen hören. Bitte, lieber Gott, lass mich wieder einschlafen und woanders aufwachen.
    Den Gefallen tut Gott mir nicht. Hat er noch nie getan. Stattdessen erweckt er meinen Geruchssinn zum Leben. Kalter Rauch, der in meinen Haaren hängt. Alkohol, der aus meinen Poren dringt. Getrocknetes Sperma spannt und knistert auf meiner Haut. Zunge und Gaumen pappen pelzig aneinander. Die Unterschenkel kleben an der Bettdecke fest. Vorsichtig öffne ich meine von Wimperntusche verklebten Augen.
    Ãœber das weiße Kissen ergießen sich Ilyas schwarze Locken. Er hat noch immer die schöneren Haare. Sie sind weich und wellig und der Traum einer jeden Frau. Beim Aufsetzen fährt mir ein Schmerz in beide Hüftgelenke. Seit ungefähr zwei Jahren mögen sie die Missionarsstellung nicht mehr. Vorsichtig stehe ich auf und löse die Bettdecke von meinen blutverkrusteten Unterschenkeln. Ich habe mit meinen Rasierschnitten das ganze verdammte Bett vollgeblutet. Fast wie damals. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass in diesem Haus noch immer nicht Ilya die Wäsche macht. Ich schaue auf seinen Hinterkopf und bin froh, dass er sich nicht umdreht. Morgendliche Nacktheit fühlt sich so anders an, als sich betrunken und ungeduldig im Halbdunkel Kleider herunterzureißen.
    Ich laufe über den kurzen Flur zum Badezimmer, dieses Risiko bin ich schon immer gern eingegangen und habe auch heute Glück. Erst als ich schon eine ganze Weile unter der heißen Dusche stehe, fällt mir auf, dass meine Blutspuren von letzter Nacht verschwunden sind. Weiß und blank blitzen mir Fliesen, Wanne und Handtücher entgegen. Frau Wagner hat mich auch dieses Mal gerettet. Alles ist wie früher. Und plötzlich ist es okay. Das hier ist kein unangenehmer One-Night-Stand mit irgendeinem aufgegabelten Typen, dem ich jetzt so schnell wie möglich entwischen muss. Das hier ist Ilya. Das hier ist Brühl. Das hier ist eine Option.
    Meine Option sitzt mit seiner Mutter am Frühstückstisch, als ich kurze Zeit später ins Wohnzimmer komme. Sie haben den Tisch für mich mitgedeckt, wie selbstverständlich. Am Kopfende sitzt Ilyas Mutter, mit nackten Füßen und im Morgenmantel. Sekunden später erreicht mich eine Wolke Jasminduft.
    Auf meinem Teller liegt eine Kopfschmerztablette. Ich lasse sie in mein Wasser fallen und beobachte das aufgebrachte Sprudeln im Glas, während Frau Wagner irgendetwas von einem Wochenendhaus in Holland erzählt. In einem Zug getrunken, spülen die kleinen Brausebläschen den Großteil des pelzigen Gefühls von der Zunge.
    Ich sehe mich um. Irgendwas ist anders. Gestern war das Wohnzimmer noch ein in sich funktionierender Organismus, in den ich einzudringen versuchte wie ein

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