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Kuckucksmädchen

Kuckucksmädchen

Titel: Kuckucksmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Lohmann
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Mila spricht auch mit ihrem Herzen?
    â€“Definitiv. Ich habe ein Auge für so was. Ist aber auch egal. Versuch nicht schon wieder, uns abzulenken.
    â€“Wovon?
    â€“Davon, dass sie gesagt hat, dass du auf mich hören sollst. Und davon, dass ich dir jetzt sage, dass du Jonathan anrufen sollst.
    â€“Sonst noch was? Der ist stinksauer auf mich.
    â€“Ja, sonst noch was: Du entschuldigst dich für all die Dinge, die in den letzten Wochen passiert sind. Von mir aus kannste auch sagen, es wäre meine Schuld gewesen.
    â€“Tolle Idee. Und dann?
    â€“Dann sagst du ihm, dass du dich für ihn entschieden hast. Und zwar mit allem Drum und Dran und Heirat und Kindern und Krankheit und Liebe und Tod und was da sonst noch so alles auf uns wartet.
    Ich stehe vom Sofa auf und fange an, durch die Eiswohnung zu laufen. Brauche ein paar Schrecksekunden, bevor ich meine Worte wiederfinde. Das Herz versucht derweil, den Takt meiner Schritte anzunehmen, kommt aber nicht richtig hinterher.
    â€“Du tust plötzlich so, als hättest du schon immer gewusst, was richtig ist. Darf ich dich daran erinnern, dass du am Anfang selbst keinen Plan hattest?
    â€“So sind wir Herzen. Wir lassen uns schnell hinreißen. Wir sind eben eher spontan. Und wir können schlecht planen.
    â€“Das ist eine nette Umschreibung für » extrem sprunghaft « .
    Das Herz kichert leise und kitzelt dabei in meiner Brust:
    â€“Ja, wir Herzen können euch Menschen ganz schön in die Scheiße reiten. Aber ohne uns wäre es auch langweilig, glaub mir. Und jetzt weiß ich schließlich, was zu tun ist. Ganz sicher.
    â€“Und das soll ich jetzt glauben?
    â€“Ganz ehrlich, Mädchen: Nicht auf mich zu hören wäre dein Ende. Und jetzt rufst du Jonathan an.
    Aber vorher muss ich noch die Möbel meines Schnöselkunden fotografieren. Sie werden sich gut verkaufen, das habe ich auf den ersten Blick gesehen. Wissen lassen werde ich ihn das nicht.
    Ich fange im Flur an, fotografiere mich einmal durch die weiße Wohnlandschaft, von einem Hochglanzmöbel zum nächsten, eine einzige kalte, weiße Eislandschaft ist das hier. Und in der Mitte dieser Eislandschaft steht dieser bescheuerte Antifingerprint-Kühlschrank, der nur dann Sinn macht, wenn man eine fünfköpfige Familie ernähren muss, deren zwei- bis sechsjährige Kinder jeden Morgen mit schmierigen Patschehändchen gegen den Kühlschrank trommeln, weil sie Monte zum Frühstück haben wollen. Auch in seiner muschelförmigen Badewanne hätte eine mittelgroße Familie Platz gefunden, allerdings hätte es wohl Probleme gegeben, wenn die Kinder hinterher mit nassen Füßen über den Flur gerannt wären, denn diese Sorte Laminat fängt erfahrungsgemäß sofort an zu quellen, sobald es mit Wasser in Kontakt kommt. Auf dem Balkon hätten jede Menge Kinder viel Platz zum Toben gefunden, er war komplett leer. Wahrscheinlich hatte das Inneneinrichtungsbüro vergessen, ihn zu planen, oder er war meinem Unternehmensschnösel egal, weil er nie Zeit gehabt hat, sich in die Sonne zu legen. Die schönsten, prachtvollsten Altbauten in Hamburg haben oft die leersten Balkone.
    Alles, was über das Funktionale hinausging, wurde hier offensichtlich nicht gebraucht. Ich frage mich, ob er jemals eine Frau mit nach Hause gebracht hat. Wenn, dann stelle ich mir eine kleine, zierliche Unternehmensberatungspraktikantin vor, blutjung und an einem Donnerstagabend die Letzte im Büro, weil sie noch voller Elan und Ehrgeiz bis abends um zehn Kundendaten archiviert, obwohl sie im vierten Semester BWL doch schon viel mehr könnte. Ich stelle mir vor, wie er sie zu sich nach Hause mitnimmt, weil er sie niedlich findet und weiß, dass er ihr imponieren kann mit seiner kalten, durchdesignten Alsterwohnung. Und wie sie mitgeht, weil sie sich geschmeichelt fühlt und gleichzeitig noch so furchtbar schüchtern ist, dass sie zwar mit ihm in die Muschelbadewanne steigt, dabei aber ihre Unterwäsche anlässt und auf ganz viel Schaum besteht.
    Am nächsten Morgen läuft sie auf nackten Füßen zu seinem Antifingerprint-Kühlschrank, weil sie hungrig ist, wahrscheinlich gab es am Abend zuvor nichts als Champagner. Sie hat sich sein dezent blau gestreiftes Hemd übergezogen, weil sie das in irgendwelchen amerikanischen Filmen gesehen hat und weil es sich irgendwie erwachsen anfühlt. Und dann steht sie mit kalten Beinen vorm

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