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Kuckucksmädchen

Kuckucksmädchen

Titel: Kuckucksmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Lohmann
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früher«, sagt Mila eher zu den Bärchen als zu mir. »Die Auswahl war beschränkt damals. Und die Zeit begrenzt. Spätestens mit neunzehn haben sie sich ernsthaft auf dem jährlichen Dorffest umgeschaut und den Typen genommen, der ihnen die schönsten Augen gemacht hat. Die waren naiv und durften es sein. Wenn sie dann am Ende unglücklich wurden, war es nicht wirklich ihre Schuld, sondern es lag an den Umständen. War eben kein Besserer da gewesen. Heute könnten wir theoretisch jeden Mann der Welt kennenlernen. Uns im Internet ganz genau raussuchen, was wir wollen. Wir haben Zeit, wir haben Geld, wir haben alle Chancen, die man sich vorstellen kann.«
    Sie nimmt zwei grüne Gummibärchen aus der ersten Reihe und legt sie auf ihre nach oben zeigende Handfläche. »Bedeutet: Dein Leben liegt auf ’nem goldenen Tablett, Baby. Was natürlich cool ist. Was aber auch heißt: Wenn du es jetzt verpfuschst, biste selbst schuld.«
    Â»Richtig. Und auf einmal wache ich jeden Morgen in einem Leben auf, das nicht zu mir passt.«
    Sie hält mir ihre Tabletthand vor die Nase. »Magst du auch?«
    Ich schüttle den Kopf. »Von so was bekomme ich Kopfschmerzen.«
    Â»Du Glückliche. Ich hatte mir die Dinger eigentlich mal abgewöhnt. Aber irgendwie können sie wohl nicht ohne mich. Jetzt ess ich nur noch die grünen.«
    Â»Und was soll ich jetzt machen?«
    Mila zuckt fast gleichgültig mit den Schultern. »Hab ich doch eben schon gesagt. Eigentlich ist es egal. Am Ende sterben wir alle.« Sie schiebt sich die grünen Bärchen in den Mund. »Wir müssen einfach nur die Angst ablegen, es falsch zu machen. Diese Angst vor falschen Entscheidungen. In hundert Jahren kräht kein Hahn mehr nach uns und unseren Entscheidungen.«
    Sie schaut mich kurz an und lacht über mein verdutztes Gesicht
    Â»Wichtig ist nur, dass es jetzt weitergeht. Die Zeit bleibt nämlich leider nicht stehen, nur weil du dich nicht entscheiden kannst. Und wenn du Pech hast, verpasst du den Rest deines Lebens. Du musst bloß die Angst vor der falschen Entscheidung verlieren. Quäl dich nicht so lange. Hör einfach auf dein Herz, und alles wird gut.«
    Ich soll auf mein Herz hören? Wo hat sie denn das jetzt her?
    Â»Bist du ’ne Therapeutin oder so?«
    Â»Nee.« Mila klaubt die restlichen grünen Gummibärchen aus den Reihen und steckt sie sich nach und nach in den Mund. »Wenn ich das wäre, hätte ich dir das alles nicht gesagt, sondern gewartet, bis du es selbst rausfindest. Hab nur ein paar Erfahrungen gesammelt die letzten Jahre.«
    Wie schon vermutet, klopft in dem Moment mein Herz an:
    â€“Also, ich finde, sie hat recht.
    â€“Das kann ich mir denken.
    â€“Aber es stimmt doch. Irgendwann müssen wir auch mal Ja sagen zu einem Plan, Kuckucksmädchen. Sonst ist das Leben vorbei, und wir haben uns für nichts entschieden.
    Â»Wenn du noch ’ne Stunde wartest«, unterbricht Mila mein kleines Zwiegespräch, während sie auf die Armbanduhr schaut, »müsste Clemens wieder hier sein.«
    Clemens. Den hatte ich für einen Moment ganz vergessen.
    â€“Macht nichts. Er dich anscheinend auch.
    â€“Na, haste dich entschieden, wieder wehzutun, mein Herz?!
    â€“Verzeihung, aber das ist nun mal gerade mein Job.
    â€“Schon gut. Und du hast übrigens recht. Wahrscheinlich hat Clemens mich wirklich vergessen.
    Vielleicht war unsere Begegnung für ihn gar nicht schicksalhaft. Vielleicht war ich nur ein Mädchen von vielen auf einer Jahre zurückliegenden Europareise. Ein Mädchen, dem er irgendwann aus Langeweile eine Freundschaftsanfrage über Facebook geschickt hat, mehr nicht. Wenn ich darüber nachdenke, war da schließlich nichts zwischen uns, kein Kuss, kein Versprechen, kein Wiedersehen. Vielleicht war es wirklich nicht mehr als zwei Arme, die sich zufällig berührten. Vielleicht hat er die Funken dazwischen gar nicht mal bemerkt. Vielleicht habe ich mir alles nur eingebildet. Vielleicht sollte ich langsam damit aufhören, mich und alle um mich herum zu quälen.
    Und vielleicht sollte ich bei Mila damit anfangen.
    Â»Danke. Aber ich glaube, ich fahre jetzt nach Hause.«
    Â»Okay, wie du magst.«
    Falls sie erleichtert ist, lässt sie es sich jedenfalls nicht anmerken.
    Ich stehe auf, ich bin müde, meine Knochen tun weh, mein Gesicht spannt, aber irgendwie fühle ich mich

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