Küchenfee
Üppig blühende, riesige Kastanien beschatteten die breit ausladende Front des Bauernhauses. Die reich geschnitzte Eingangstür war, ebenso wie die hölzernen Läden an den kleinen Sprossenfenstern, glänzend dunkelgrün gestrichen. Von Mikes Gewächshäusern und Gemüsebeeten war nichts zu sehen, aber an der linken Seite führte ein gepflasterter Weg hinter das Haus, und rechts davon stand eine Scheune von gleicher Bauweise wie das Wohngebäude.
Gina fasste sich als Erste. » Madonna, das ist ja ein Paradies! Was für eine Kulisse! Hier gehört doch zwingend ein Restaurant hin, was meinst du? Oder ein Biergarten! Am besten beides. Zeit fürs erste Foto!« Sie zog eine kleine Digitalkamera aus der Umhängetasche und knipste schon drauflos, während Lilli noch mit Staunen beschäftigt war. Gina hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Das Ambiente war traumhaft schön, für einen lauschigen Biergarten wie geschaffen.
Sie ließ ihr Auto langsam neben dem Geländewagen ausrollen und drückte zweimal kurz auf die Hupe. Mike hatte sie gebeten, das zu tun, da er bei ihrer Ankunft vermutlich hinter dem Haus bei den Beeten sein würde.
Keine zwei Sekunden später galoppierten die beiden größten Hunde, die Lilli je gesehen hatte, um die Hausecke und umkreisten schwanzwedelnd ihr Auto. Neugierig spähten die beiden zotteligen grauen Riesen durch die Wagenfenster und hinterließen beim aufgeregten Schnüffeln verschmierte Abdrücke ihrer nassen Nasen auf den Scheiben.
»Irische Wolfshunde! Wollte ich immer haben, aber dazu brauchst du viel Platz, viel Zeit und jede Menge Auslauf für die Monster. Aber die sind superlieb.« Gina öffnete die Autotür.
»Gina! Bist du verrückt? Warte! Was, wenn …«
»Feigling! Ich steige aus. Die tun nichts, sonst würden die hier nicht frei herumlaufen.«
Während Lilli noch zögerte, war Gina schon aus dem Auto geklettert. Sie ließ beide Hunde an ihren Händen schnüffeln und tätschelte ihnen dann die mächtigen Köpfe.
»Los, Lilli, komm, steig aus. Du musst ihnen die Hände hinhalten, damit sie deinen Geruch aufnehmen können, dann kann nichts passieren.«
Lilli beschloss, ihrer Freundin zu vertrauen, und öffnete ebenfalls ihre Tür, um auszusteigen. Mike kam um die Hausecke und winkte fröhlich.
»He, da seid ihr ja!«, rief er schon von Weitem, als wären sie seit Jahrzehnten befreundet.
Gina sah auf und schnalzte mit der Zunge. »Hallo, das ist ja ein Prachtkerl! Das ist mir auf dem Markt überhaupt nicht aufgefallen.«
»Pst, Gina, wenn er dich hört!«
Mike war hochgewachsen und durch die Arbeit im Freien durchtrainiert und braun gebrannt. Sein blondes Haar war zu einem langen Zopf geflochten. Seine Jeans waren ausgeblichen und an den Knien zerrissen, sein ärmelloses T-Shirt trug absurderweise den Aufdruck »Kiss the Cook«. Auf dem Markt trug er immer eine viel zu weite Latzhose mit einem unförmigen Pullover darunter, und dazu noch eine Schirmmütze. Er wäre die Idealbesetzung als knackiger Bauer in einem Werbespot.
Mike kam mit ausgestreckter Hand auf sie zu. Er lächelte breit. »Grüß Sie, Lilli. Schön, Sie zu sehen.«
Lilli schüttelte seine Hand. »Hallo, Mike. Danke für die Einladung. Sie erinnern sich an Gina? Wir waren mal zusammen bei Ihnen am Stand.«
Mike wandte sich Gina zu. »Na klar, schöne Frauen vergesse ich nicht so schnell. Guten Tag, Gina. Wie ich sehe, haben Ozzy und Zappa sich schon bekannt gemacht.«
»Ah, zwei echte Rocker also!« Gina klopfte den beiden Hunden begeistert auf die Rücken, wozu sie sich keineswegs bücken musste.
Mike grinste breit und sagte: »Eigentlich wollte ich die beiden Macduff und Macbeth nennen, aber schottische Namen für irische Hunde wären vielleicht nicht so passend gewesen. Außerdem hatte ich Angst, Shakespeare selig würde mir die drei Hexen aus Macbeth auf den Hals hetzen.«
Ozzy und Zappa scharwenzelten um Lilli herum und stießen sie mit ihren Riesenköpfen immer wieder auffordernd an. Sonst keineswegs ängstlich bei Hunden, war sie durch die schiere Größe der beiden struppigen Riesen eingeschüchtert. »Was, was wollen die beiden von mir?«
Mike lachte. »Die wollen gestreichelt werden! Die erkennen einen netten Menschen, wenn sie ihn sehen. Und außerdem, da sie noch keine von Ihnen an der Kehle gepackt und vom Hof geschleift haben …« Er grinste aufmunternd. »Trauen Sie sich ruhig, ich passe auf, dass nichts passiert.«
Lilli ließ sich überzeugen und streichelte vorsichtig die Köpfe
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