Küchenfee
Kommt ihr nach hinten?« Mike stand an der Hausecke und winkte ihnen zu. Die Hunde trabten sofort in seine Richtung, blieben aber immer wieder stehen, um auf Lilli und Gina zu warten.
Am Tisch auf der Terrasse saß ein Paar mittleren Alters. An Jim war alles mächtig: der schwarze Bart, der Bauch, die graue Mähne, die schaufelgroßen Hände. Er trug eine offensichtlich maßgeschneiderte Lederhose über teuren, handgenähten Biker-Boots, dazu ein schwarzes T-Shirt. Bei ihrem Eintreffen erhob er sich sofort von seinem Stuhl und streckte ihnen grüßend die Hand entgegen. »Hi, ich bin Jim«, dröhnte er. »Wir duzen uns doch? Ihr seid meine Lebensretterinnen.«
Lillis Hand verschwand komplett in Jims Pranke. »Lilli Berger, ich freue mich, dich kennenzulernen, Jim. Das ist meine Freundin und Geschäftspartnerin Gina. Sie wird alles dekorieren.«
Jim schüttelte Gina ebenfalls enthusiastisch die Hand. »Wunderbar! Wunderbar! Ich möchte euch meine süße Braut vorstellen. Das ist Babsi.«
Babsi, mit roten Locken, frischer Gesichtsfarbe und mollig, lachte laut. »Danke, aber mit Mitte Vierzig noch als süße Braut vorgestellt zu werden … ich weiß nicht. Trotzdem danke.« Auch sie schüttelte Lilli und Gina die Hand. »Ich freue mich sehr. Großartig, dass ihr einspringen könnt.«
»Wir sind auch ganz glücklich«, sagte Lilli. »Wir sollten an dem Tag sowieso eine große Gartenparty ausrichten. Der Auftraggeber musste kurzfristig absagen, und so fügt sich doch alles bestens, nicht wahr?«
Kaum eine Stunde später waren sie sich einig. Babsi und Jim entpuppten sich, wie von Mike angekündigt, als pflegeleichte Auftraggeber. Sie wünschten sich ein Fest, auf dem jeder seinen Spaß haben sollte. Kein Kleiderzwang, keine steife Sitzordnung, kein »Ikebana auf dem Teller«, wie Jim sich ausdrückte. Schnell hatten sie sich auf Leckeres vom Grill und verschiedene Salatvariationen verständigt, außerdem ein Kuchenbüffet.
»Ansonsten vertrauen wir eurer Fantasie«, hatte Babsi zu Lilli gesagt.
Erst am Abend dachte Lilli daran, bei Käthe zurückzurufen. Im Nachhinein dankte sie dem Schicksal dafür, dass Mike sie genau im richtigen Moment unterbrochen hatte. »Käthe? Hier ist Lilli.«
»Elisabeth. Ich hatte schon nicht mehr mit deinem Anruf gerechnet.«
»Ich hatte heute sehr viel zu tun. Es tut mir leid. Ich hatte einen kurzfristigen Termin mit einem Auftraggeber.«
»Mit Polizeipräsident Gruber?«
»Nein. Die Feier von Gruber ist abgesagt. Leider.«
»Abgesagt? Aber warum denn?«
»Seine Frau ist krank und muss ins Krankenhaus. Obwohl er sicher nicht möchte, dass ich das erzähle.«
Käthe schwieg. Dann fragte sie: »Was hat sie denn?«
»Keine Ahnung, Käthe. Aber das spielt auch keine Rolle. Ich habe nämlich auch eine gute Nachricht.«
»Aha?«
»Ja, ich habe einen Ersatzauftrag für den Tag. Fast genau so groß. Eine Hochzeitsfeier.«
»Aber das ist ja wunderbar! Eine Hochzeit! Jemand, den man kennt?«
»Nein, es ist ein Bekannter von meinem Lieferanten. Deswegen hat er heute Morgen angerufen, als wir gerade telefoniert haben. Die Feier findet auf Mikes Hof statt.«
»Auf dem Bauernhof? Zwischen Kühen und Schweinen? Mein Gott, was sind denn das für Leute?«
Wider Willen musste Lilli lachen, beherrschte sich aber sofort wieder. »Käthe! Keine Tiere! Mike zieht lediglich Obst und Gemüse. Er wohnt in einem wunderschönen, alten, restaurierten Bauernhaus. Vor dem Haus ist ein Vorplatz mit altem Baumbestand, der jeden noch so edlen Biergarten in den Schatten stellen würde.«
»Und der Auftraggeber?«
»Ein Geschäftsmann. Ich kann fast die komplette Planung, die Gina und ich für Herrn Gruber gemacht haben, übernehmen. Das sollte ja auch eine Gartenparty werden. Eigentlich müssen wir nur das Konzept für die Dekoration ändern, das ist alles.«
»Ein wohlhabender Geschäftsmann, aha. Und der Mann ist ein Bekannter deines Lieferanten?«
»So ist es. Er hatte eigentlich jemand anderen engagiert, aber das Unternehmen musste absagen.«
Käthe schwieg einen Moment lang. Dann sagte sie zögernd: »Aha, hm. Nun, wegen des Kredits …«
»Käthe, lass uns abwarten, ja? Die Situation hat sich verändert. Du wirst die Bilder von der Hochzeit sehen, und dann kannst du immer noch eine Entscheidung treffen.«
»So werden wir es machen. Auf Wiederhören, Elisabeth.«
Kapitel 20
Drei Wochen später saß Lilli auf dem Sofa, die Beine hochgezogen, und umklammerte nervös mit beiden
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