Kuehler Grund
Sie schon von ihm gehört. Da kommt Ihr Kollege.«
Fry drehte sich um. Der Toyota kam den Feldweg herunter und bog an der Nissenhütte ab. Cooper parkte hinter dem Transit und beugte sich aus dem Fenster.
»Weiter oben war keiner zu Hause«, sagte er.
»Sind Sie nicht Sergeant Coopers Junge?«, fragte Sam.
»Nicht zu fassen«, sagte Fry.
»Es tut mir Leid, Sir. Aber ich glaube nicht, dass ich Sie kenne.«
»Sam Beeley.«
Plötzlich war das gellende Meckern der Ziege ganz nah.
»Sie ist wieder draußen«, sagte Sam. »Ich muss es Wilford sagen.«
»Was hat sie denn?«, fragte Fry. »Ist sie krank?«
»Brünstig«, sagte Sam trocken.
»Lassen Sie sie decken?«, fragte Cooper.
»Heute Abend. Wir fahren sie hin. In der Nähe von Bamford wohnt ein Mann, der einen Bock hat.«
Hufe klapperten, und ein braunweißer Kopf mit Hörnern tauchte kurz über dem Dach der Hütte auf, bevor die Ziege flink auf die Koppel sprang und am anderen Ende im hohen Gras verschwand.
»Mist«, sagte Sam. »Jetzt frisst sie uns den ganzen Kohl weg, bevor wir ihn ernten können.«
»Soll ich Ihnen helfen, sie wieder einzufangen?«, fragte Cooper und stieg aus dem Toyota.
»Nein, nein. Die würde uns nie an sich ranlassen. Wilford fängt sie wieder ein. Zu ihm kommt sie. Sie ist noch jung und ein bisschen wild. Er nennt sie Jenny.«
»Mr. Beeley hat mir erzählt, wie Mr. Cutts und er sich kennen gelernt haben«, sagte Fry, damit ihr das Gespräch nicht ganz entglitt. »Schon ihre Väter kannten sich, sie waren Arbeitskollegen.«
»Damals gab es natürlich genug Arbeit«, sagte Sam. »Und zwar hier in der Gegend. Im Bergwerk oder im Steinbruch konnte man immer was finden. Für die jungen Leute heutzutage ist es anders, nehme ich an. Da brauchen Sie nur Ihren Kollegen hier zu fragen.«
Fry war nicht entgangen, dass Sam sie wie selbstverständlich als Fremde eingestuft hatte, die nichts über dieses Problem wissen konnte – im Gegensatz zu Ben Cooper. Seit sie in Moorhay war, ließ man sie deutlich fühlen, dass sie nicht von hier war. Es lief völlig unbewusst ab und war auch nicht böse gemeint, aber es verfehlte seine Wirkung nicht. Sie war in jedem Haus, das sie abgeklappert hatten, höflich behandelt worden, aber von der Vertrautheit, von der Herzlichkeit, die die Menschen Ben Cooper entgegenbrachten, hatte sie nichts gespürt.
»Es ist schon lange nicht mehr so, wie es früher einmal war, Mr. Beeley«, sagte Cooper.
»Da haben Sie wohl Recht, mein Junge. Da haben Sie wohl Recht. Aber wie ich schon sagte, mein Gedächtnis ist nicht mehr das Beste. Ich erinnere mich an den Krieg, aber danach kommt nicht mehr viel.«
Aus dem Stall, in dem Wilford mit seinem Besucher verschwunden war, kam ein ohrenbetäubendes Gackern und Kreischen, begleitet von lautem Flügelschlagen.
»Was geht denn da drin vor?«, fragte Fry.
»Der Mann mit dem Lieferwagen kauft ein paar von Wilfords Vögeln«, sagte Sam, als ob das jeder hätte merken müssen. »Wilford hat sie heute extra im Stall gelassen, die jungen Hühner. Aber sie sind ein bisschen zu munter. Es ist besser, wenn man sie am Abend transportiert – dann machen sie nicht so viel Ärger.«
»Das hört sich ja grauenhaft an.«
»Tüchtige Legehennen«, sagte Sam.
»Mr. Beeley, kannten Sie Laura Vernon?«
»Ich kenne die Familie. Zugezogene, nicht wahr? Das halbe Dorf scheint heutzutage aus Zugezogenen zu bestehen. Sie sind erst ein, zwei Jahre hier, in der Villa. Einmal waren die Eltern abends im Pub, als sie noch ganz neu im Dorf waren. Die haben vielleicht ein Gesicht gemacht. Das hätten sie wohl selbst nicht gedacht, dass sie sich mal unter das einfache Volk mischen würden. Aber einfach schnurstracks wieder rausgehen konnten sie auch nicht, also haben sie einen Gin und Tonic geschlürft, wie ein paar südenglische Stadtdeppen.«
»So weit ich weiß, sind sie aus Nottingham.«
»Aye.«
Sam scharrte mit den Füßen in der trockenen Erde. Dann sah es plötzlich so aus, als hätte er einen Krampf. Ein Fuß zuckte unkontrolliert zur Seite und stieß klappernd gegen eine Emailleschüssel, halb voll mit Wasser, das vermutlich für die Gänse bestimmt war.
»Mr. Beeley, diese Frage müssen wir jedem stellen. Ist Ihnen vielleicht zur Tatzeit in der Gegend des Baulk etwas aufgefallen?«, fragte Fry.
»Ach so, Sie wollen wissen, ob ich ein Alibi habe, hm?«
»Nein, danach hatte ich Sie nicht gefragt, Sir.«
Sam gluckste. »Es ist bloß, dass ich auf meine alten Tage nicht
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