Kuehles Grab
Entführungen oder Angriffe auf weitere Opfer gesprochen?«
Catherine schüttelte den Kopf und sagte eine Sekunde später, um ihre Antwort auf dem Band festzuhalten: »Nein.«
»Haben Sie jemals das Boston State Mental Hospital besucht?«
Wieder schritt Carson ein.
D. D. formulierte die Frage neu: »Mrs. Gagnon, waren sie im Herbst 1980 zu Besuch im Boston State Mental Hospital?«
»Ich habe noch nie vom Boston State Mental Hospital gehört – weder vor noch nach 1980«, gab Catherine huldvoll zurück.
»Und Richard Umbrio?«, fragte D. D. nach.
»Falls er jemals dort war, hat er mir gegenüber nichts davon erwähnt. Aber ich hätte sicher davon erfahren, nicht wahr?«
»Was ist mit Freunden? Hat Umbrio jemals von jemandem gesprochen, der ihm nahesteht? Oder hat er vielleicht jemanden mit in die unterirdische Kammer gebracht?«
»Ich bitte Sie, Richard Umbrio war schon im Alter von neunzehn groß, gefühlskalt und irre. Er hatte bestimmt keine Freunde. Was meinen Sie, warum er mich so lange am Leben gelassen hat?«
Diese Worte schockierten alle am Tisch. Catherine sah uns der Reihe nach an, als wären wir komplette Idioten. »Denken Sie, ich hätte damals nicht gewusst, dass er mich letzten Endes umbringen würde? Ich kann Ihnen versichern, dass er jeden zweiten Tag versucht hat, mich zu töten. Er legte seine verschwitzten Finger um meinen Hals und drückte zu, als würde er einem Hühnchen den Hals umdrehen. Es gefiel ihm, mir dabei in die Augen zu schauen. Aber in der letzten Sekunde ließ er los. Freundlichkeit? Mitleid? Nicht bei Richard. Er war einfach noch nicht bereit, mich zu töten. Ich war das perfekte Spielzeug. Nie ein Widerspruch, immer gehorsam. Im wahren Leben hatte er wohl nie so viel Glück.« Sie zuckte mit den Schultern.
»Hatte er nie ein Messer, einen Strick bei sich?«, fragte D. D. nach.
»Nein.«
»Sie sagten, er habe Sie gefesselt. Mit einer Schnur, Handschellen oder etwas anderem?«
»Mit einer Schnur.«
»Sah die Schnur immer gleich aus? Oder waren es verschiedene? Welche Knoten hat er bevorzugt?«
»Die Schnur war ziemlich dick. Weiß. Schmutzig. Kräftig. Er schlug Pflöcke in den Erdboden und band meine Hände und Füße daran fest. Ich muss gestehen, dass ich damals nicht auf die Knoten geachtet habe.«
»Hat er jemals Müllsäcke in das Erdloch gebracht?«
»Müllsäcke?«
»Große Plastiksäcke.«
Catherine schüttelte wieder den Kopf. »Richard transportierte seine Gerätschaften und die Lebensmittel in Einkaufstüten aus Plastik. Er brachte die Vorräte und nahm den Abfall mit – wie ein braver Pfadfinder.«
»Mrs. Gagnon, wissen Sie, warum Mr. Umbrio ausgerechnet Sie entführt hat?«
»Ja.«
D. D. zögerte einen Moment, als hätte sie nicht mit dieser Antwort gerechnet. »Tatsächlich?«
»Ja. Ich trug einen Cordrock und Kniestrümpfe. Ich kam irgendwann dahinter, dass Richard eine besondere Schwäche für katholische Schulmädchen hat. Er sah mich und wusste, dass ich es sein musste.«
D. D. und Bobby tauschten einen Blick. Bobby hatte sich eifrig Notizen gemacht, während D. D. die Fragen stellte. Die beiden waren an allen Details interessiert, um die Vorgehensweise des Kidnappers mit den Spuren an den sechs Opfern vom Boston State Mental Hospital vergleichen zu können, vermutete ich. Diese Aussage beunruhigte sie offensichtlich. Beide musterten Catherine.
»Catherine«, begann D. D. ruhig, »waren Sie Richard vor dem bewussten Nachmittag schon einmal begegnet?«
»Nein.«
»Waren Sie ihm zufällig aufgefallen? Hatte er jemals erwähnt, dass er Ihnen schon vorher auf dem Nachhauseweg gefolgt war oder Sie auf dem Schulhof beobachtet hatte?«
»Nein.«
»Demnach sahen Sie Richard Umbrio an dem Nachmittag, als er in die Straße einbog und neben Ihnen hielt, zum ersten Mal?«
»Ja – ich bin offenbar ein Glückskind.«
D. D. runzelte die Stirn. »Was geschah, nachdem Sie in den Wagen gestiegen waren?«
»Die Tür wurde zugeschlagen, verriegelt – ich weiß nicht. Jedenfalls konnte ich sie nicht mehr öffnen.«
»Haben Sie geschrien, sich gewehrt?«
»Ich erinnere mich nicht.«
»Sie erinnern sich nicht?«
»Nein. Ich weiß nur noch, dass ich in den Wagen stieg und dass ich … ganz durcheinander war, dass mir schlecht wurde. Ich glaube, ich habe versucht, die Tür aufzustoßen, und danach … ich weiß es nicht mehr. Die Polizei und die Therapeuten haben mich jahrelang danach gefragt. Ich kann mich immer noch nicht erinnern. Ich schätze,
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