Kuehles Grab
scheußlich.
»Setzen Sie sich! Reden Sie!« D. D. war stocksauer.
Jetzt fiel mir auch auf, dass D. D. noch vollständig angezogen war, obwohl es schon auf ein Uhr zuging. Ihr Laptop stand auf dem Schreibtisch, das Handy kündigte mit einem hektischen Blinken eingegangene Nachrichten an.
Offenbar musste D. D. in letzter Zeit öfter auf ihren Schönheitsschlaf verzichten.
Ich versuchte, mich zu setzen. Die Übelkeit verschlimmerte sich. Also ging ich auf und ab.
Später, als ich über alles nachdachte, bereute ich sehr, dass ich den Champagner getrunken hatte. Nicht weil mir so schlecht war, sondern weil ich meine Vorsicht fallenließ. Ich redete, während die nüchterne Annabelle klüger gewesen wäre und den Mund gehalten hätte.
»Mein Vater war Undercover-Agent beim FBI«, platzte ich heraus.
D. D. runzelte die Stirn. »Wovon, um alles in der Welt, sprechen Sie?«
»Von meinem Vater. Er war beim FBI. Catherine kannte ihn … Hey, hören Sie auf damit!«
»Womit?«, wollte Bobby wissen.
»Mit diesen vielsagenden Blicken. Das ist ausgesprochen lästig und nicht halb so cool, wie Sie es sich vielleicht einbilden.«
Ich erntete ein hochmütiges Schnauben.
»Catherine ist Ihrem Vater begegnet?«, fragte Bobby.
»Er ist zu ihr ins Krankenhaus gegangen, als sie sich dort nach ihrer Rettung erholte. Er hat sie zweimal besucht.«
»Ihr Vater hat Catherine befragt?«
»Ja. Ich sage es doch, er war FBI-Agent. Und genau das machen FBI-Agenten – sie stellen Fragen.«
D. D. seufzte, rieb sich die Stirn und seufzte noch einmal. »Ich mache uns einen Kaffee«, sagte sie unvermittelt. »Annabelle, Sie müssen dringend nüchtern werden.«
»Ich lüge nicht! Fragen Sie Catherine! Sie wird es bestätigen. Er war zweimal bei ihr.«
»In der Klinik«, sagte Bobby.
Ich nickte. »Er sagte, er sei ein Special Agent, und stellte alle möglichen Fragen.«
D. D. blieb mitten im Zimmer stehen, fing sich aber rasch wieder und ging weiter. »Alle möglichen Fragen? Was für Fragen?«
»Na ja, FBI-Fragen eben. Wer hat sie mitgenommen? Wie sah er aus? Was für einen Wagen fuhr er? Wohin hat sie der Täter gebracht?«
»Der Täter?«
»Ja, der Täter. Und all die anderen Sachen, die Sie auch gefragt haben. Wo das Erdloch war, welche Sachen drin gewesen sind, wie lange sie dort festgehalten wurde. Ob Umbrio noch von anderen Opfern gesprochen hat, wie sie entkommen war.«
Der Kaffee lief inzwischen durch die Maschine. Ein würziger Duft lag in der Luft.
»Er war zweimal bei Catherine?«
»Das hat sie erzählt.«
»Hat er ihr einen Ausweis gezeigt?«
»Keine Ahnung.«
»War jemand bei ihm? Ein Officer? Ein Partner?«
»Davon hat sie nichts gesagt.« Ich legte die Hand auf Bobbys muskulösen Arm. »Ich glaube, das mit den Partnern ist nur ein Fernseh-Märchen«, erklärte ich ihm freundlich.
»Aber es gibt Geheimagenten, die undercover arbeiten«, gab er sarkastisch zurück.
»O ja.«
»Die zu Hause bei ihren Familien leben.«
D. D. machte ihm Zeichen. Das brachte mich mehr als alles andere zur Besinnung. Plötzlich wurde mir klar, wie lächerlich das alles klang, und die wahre Bedeutung dessen, was Catherine erzählt hatte, kam mir zu Bewusstsein. Mir zog es regelrecht den Boden unter den Füßen weg.
»Sie haben doch Undercover-Agenten, oder nicht?«, hörte ich mich fragen. »Ich meine, sie könnten …«
Meine Hand lag noch auf Bobbys Arm. Er nahm sie in seine und führte mich zum Sofa. Ich ließ mich fallen und rührte mich nicht mehr.
Er nahm mir gegenüber auf der Kante Platz. D. D. brachte mir einen Becher Kaffee.
»Hat Ihr Vater Ihnen jemals erzählt, dass er beim FBI ist?«, fragte Bobby ruhig.
Ich nippte an dem heißen, schwarzen Kaffee und schüttelte den Kopf.
»Haben Sie jemals von jemand anderem gehört, dass er Agent ist?«
Wieder ein Kopfschütteln und ein weiterer Schluck.
»Natürlich können wir im Bostoner Büro anrufen und nachfragen«, sagte Bobby behutsam.
»Aber …«
»Es ist das FBI, Annabelle, nicht die CIA. Außerdem würde kein FBI-Agent wegen eines albernen Spanners die Polizei anrufen. Zum einen würde er selbst damit fertig werden. Zum anderen würde er seine Kumpels um Hilfe bitten, wenn er das Gefühl hätte, dass er und seine Familie bedroht werden. Ihr Vater wurde dreimal von Polizisten vernommen, und er erwähnte mit keinem Wort, dass er Agent ist.«
»Aber warum behauptet Catherine, dass er beim FBI war?« Ich brach ab. Mein Vater war auf Informationen über
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