Küss mich Engel
Kind abzutreiben.«
Max‘ Lippen wurden dünn. »Das hast du nicht.«
»Du kannst mir nichts sagen, das ich mir nicht selbst schon gesagt hab.«
»Denkst du noch immer so darüber?«
»Natürlich tut er das nicht«, sagte Amelia. »Du musst ihn dir bloß ansehen, um das zu wissen. Das schlechte Gewissen hängt wie eine schwarze Gewitterwolke über ihm.« Sie erhob sich. »Ich bin spät dran für meine Gesichtsmaske. Ihr beiden müsst das unter euch ausmachen. Gratuliere, Max.«
Alex registrierte sowohl Amelias letzte Worte als auch das vielsagende Lächeln, mit dem sie Max bedachte. Er starrte ihr nach, als sie den Raum verließ, und wusste, dass etwas Wichtiges zwischen den beiden hin- und hergegangen war.
»Hat Amelia recht?« wollte Max wissen. »Hast du deine Meinung geändert?«
»Ich hab das nicht ernst gemeint, als ich es sagte. Sie hat mir einen Heidenschrecken versetzt, und ich war wütend.« Er musterte Max genau. »Amelia war nicht überrascht, als sie von Daisys Schwangerschaft erfuhr, und doch wusste sie, dass sie die Pille nahm. Wie kommt das?«
Max ging hinüber zu einem Walnussholzkästchen und blickte durch die Glastüren auf die darin befindliche Porzellansammlung. »Wir haben eben einfach bloß gehofft, das ist alles.«
»Du lügst, verdammt noch mal! Daisy hat mir erzählt, Amelia hätte das Rezept selbst für sie ausgefüllt. Sag mir die Wahrheit.«
»Es war - wir taten nur, was wir für das Beste hielten.«
Vollkommene Reglosigkeit überkam Alex. Er dachte an das kleine Pillendöschen. Als würde er es nun zum ersten Mal sehen, fiel ihm wieder ein, dass die Pillen lose darin aufbewahrt gewesen waren. In einer Zeit, in der fast alle Medikamente eingeschweißt waren, lagen diese Pillen einfach so in dem Döschen, nur durch den Deckel vor dem Herauskollern geschützt.
Der Druck auf seiner Brust, der nun nie ganz verschwand, wurde noch größer. Wieder hatte er seiner Frau nicht vertraut, und wieder stellte sich heraus, dass er im Irrtum gewesen war. »Du hast das alles geplant, nicht wahr; so wie du auch alles andere geplant hast. Irgendwie hast du die Pillen ausgetauscht.«
»Ich weiß nicht, wovon du redest.«
»Aber sicher weißt du das. Die Wahrheit, Max. Jetzt sofort.«
Der ältere Mann schien in sich zusammenzusinken. Seine Knie gaben unter ihm nach, und er sackte in den nächststehenden Sessel. »Verstehst du denn nicht? Es war meine Pflicht.«
»Deine Pflicht. Klar, dass du das so sehen würdest. Ich kann nicht fassen, dass ich so dumm sein konnte. Ich hab immer gewusst, mit welcher Besessenheit du Stammbäume studierst, aber es wär‘ mir nie in den Sinn gekommen, dass du so was tun würdest.« Bitterkeit wallte in ihm auf. Von Anfang an waren er und Daisy bloß Marionetten in Max‘ Besessenheit von der Vergangenheit gewesen.
»Was tun? Mein Gott, du solltest mir dankbar sein.« Max schoss aus dem Sessel. Mit zitterndem Finger deutete er auf Alex. »Für einen Historiker hast du jämmerlich wenig Sinn für deine Abstammung. Du bist der Urenkel des Zaren!«
»Ich bin ein Markov. Das ist die einzige Abstammung, die mir was bedeutet.«
»Eine nutzlose Bande von Vagabunden. Vagabunden, hörst du mich? Du bist ein Romanov, und es ist deine Pflicht, ein Kind zu zeugen. Aber du wolltest ja nichts damit zu tun haben, nicht wahr?«
»Das hab ich zu entscheiden, nicht du!«
»Hier geht es um mehr als eine selbstsüchtige Laune von dir.«
»Als sie mir sagte, sie wäre schwanger, hab ich gedacht, sie hätte mich absichtlich reingelegt. Ich hab sie der Lüge bezichtigt, du Bastard!«
Max zuckte zusammen und verlor ein wenig von seiner selbstgerechten Empörung. »Sieh das doch mal von meiner Warte. Ich hatte bloß sechs Monate und musste rasch etwas unternehmen. Sosehr ich mir auch gewünscht hatte, du würdest dich in sie verlieben, ich konnte doch kaum annehmen, dass ein Mann von deiner hohen Intelligenz an einem Hohlkopf wie meiner Tochter interessiert sein würde, außer natürlich sexuell.«
Alex wurde ganz schlecht vor Abscheu. Wie musste es für seine sanfte, intelligente Frau gewesen sein, an einen Vater gekettet zu sein, der so wenig Achtung vor ihr hatte? »Dieser Hohlkopf ist klüger als wir alle beide.«
»Du musst nicht höflich sein.«
»Das bin ich nicht. Du kennst deine Tochter überhaupt nicht.«
»Ich weiß eins: Ich konnte diese Ehe nicht enden lassen, ohne alles dafür zu tun, dass es einen Romanov-Erben gibt.«
»Das hattest nicht du zu
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