Küss mich Engel
auf der Peitsche. »Und normalerweise hätt ich sie auch nicht gegessen - ich eß nie Junkfood -, aber ich hatte Hunger, letzte Nacht, und da, also, wenn Sie mal drüber nachdenken, müssen Sie zugeben, dass ich Ihnen einen Gefallen getan hab, denn jetzt verstopfen sie meine Arterien und nicht Ihre.«
Seine Stimme klang ganz ruhig. Zu ruhig. Wider Willen sprang ihr das Bild eines Kosaken in den Sinn, der wild einen russischen Mond anheult. »Nimm nie wieder meine Twinkies. Wenn du ein Twinkie willst, kauf dir selbst eins.«
Sie biss sich auf die Unterlippe. »Twinkies sind nicht gerade Vollwertnahrung.«
»Hör auf damit!«
Sie schrak zurück, und ihr Blick flog zu seinen Augen. »Womit aufhören?«
Er hob die Peitsche und fuchtelte wütend damit in ihre Richtung. »Hör auf, die hier anzustarren, als würde ich dir jeden Moment die Haut in Streifen vom Fleisch prügeln, verdämmt noch mal. Ich musste sie einfetten, das ist alles. Ich wollte sie gerade weglegen.«
Sie stieß erleichtert den Atem aus. »Sie wissen gar nicht, wie froh ich bin, das zu hören.«
»Wenn ich dich auspeitsche, dann sicher nicht wegen eines Twinkies.«
Da, er tat‘s schon wieder. »Hören Sie sofort auf, mir zu drohen, oder Sie werden‘s noch bereuen.«
»Was willst du tun, Engelchen? Mich mit deinem Augenbrauenstift abstechen?« Er betrachtete sie leicht amüsiert und ging dann zum Bett, wo er die Schublade hervorzog und die Peitsche hineinlegte.
Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe von geschlagenen eins vierundsechzig auf und sah ihm tollkühn in die Augen.
»Sie sollten wissen, dass mir Chuck Norris höchstpersönlich Unterricht in Karate gegeben hat.« Unglücklicherweise war das schon zehn Jahre her, und sie konnte sich an nichts mehr erinnern, doch darum ging es schließlich nicht.
»Was du nicht sagst.«
»Außerdem hat mir Arnold Schwarzenegger höchstpersönlich ein ganz spezielles Fitnessprogramm zusammengestellt.« Hätte sie doch bloß einen seiner Vorschläge in die Tat umgesetzt.
»Ich höre und schaudere. Jetzt mach, dass du in den Wagen kommst.«
Sie wechselten kaum ein Wort während der ersten Stunde. Da er ihr nicht annähernd genug Zeit gelassen hatte, um sich fertig zu machen, musste sie sich wohl oder übel im Auto schminken und konnte sich auch nicht mal ihr Haar föhnen wie üblich, weshalb sie es mit ein paar Art-Nouveau-Haarkämmen zurücksteckte, die zwar hübsch aussahen, aber nicht besonders gut hielten. Anstatt Verständnis dafür aufzubringen, wie schwer es war, sich in einem ruckelnden Auto zurechtzumachen, ignorierte er ihre Bitte, doch ein wenig langsamer zu fahren, während sie Eyeliner auftrug, und besaß dann auch noch den Nerv, sich zu beschweren, bloß weil er ein winziges bisschen von ihrem Styling-Spray ins Gesicht bekommen hatte.
In einem Truck-Stop in Orangeburg, South Carolina, kaufte er ihr dann Frühstück. Der Trucker-Treff war mit Lampen aus Kupferkesseln dekoriert, und an den Wänden hing ein Sortiment Plastikbrote. Als sie mit Essen fertig war, verzog sie sich auf die Toilette, um klammheimlich eine ihrer letzten drei verbliebenen Zigaretten zu rauchen. Als sie wieder rauskam, stellte sie zwei Dinge fest. Eine attraktive Kellnerin flirtete mit ihm. Und er tat nicht die Bohne dagegen.
Sie sah, wie er den Kopf zur Seite neigte und über etwas lächelte, das die Kellnerin gesagt hatte. Heiße Eifersucht durchzuckte sie bei diesem Anblick. Offensichtlich genoss er die Gesellschaft der Kellnerin weit mehr als die ihre, dennoch war sie bereit, den Vorfall zu übersehen, bis ihr wieder ihr Entschluss einfiel, zu versuchen, etwas aus ihrer Ehe zu machen. Mit einem Gefühl der Resignation straffte sie die Schultern und machte sich auf den Weg zum Tisch, wo sie der Kellnerin ihr strahlendstes Lächeln schenkte.
»Vielen Dank, dass Sie meinem Mann Gesellschaft geleistet haben, während ich weg war.«
Die Kellnerin, auf deren Smiley-Sticker der Name KIM- BERLEY stand, geriet angesichts von Daisys ungewöhnlich freundlicher Haltung ein wenig aus der Fassung. »Das war das war doch selbstverständlich.«
Daisy senkte ihre Stimme. »Nicht jeder ist so nett zu ihm, seit sie ihn aus dem Gefängnis entlassen haben.«
Alex, der gerade einen herzhaften Schluck Kaffee genommen hatte, fing heftig an zu husten.
Daisy beugte sich vor und klopfte ihm bereitwillig auf den Rücken. Dabei blickte sie strahlend zu Kimberley auf. »Es ist mir egal, wieviel Beweise man gegen ihn vorgebracht hat.
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