Küss mich später: Marsden 1 - Roman (German Edition)
an der Nase herumgeführt, und du glaubst, das geht in Ordnung, weil du meiner Mutter dein Wort gegeben hast?«
Sie nickte, frustriert darüber, dass er sie nicht verstehen wollte. »Ganz recht. Wenn ich jemandem etwas verspreche, dann halte ich das auch. So bin ich eben.«
Er hob eine Augenbraue. »Ausnahmslos immer?«
»Jawohl. Und willst du wissen, wieso? Weil ich verdammt gut weiß, was es bedeutet, wenn man ein Versprechen bricht.«
Er musterte sie mit schmalen Augen.
»Mein Vater hat immer wieder gelobt, meine Mutter nicht mehr zu verprügeln, sie nicht mehr zu beleidigen oder herunterzumachen.« Sie dachte an die Szene vorhin im Supermarkt. »Unzählige Male hat er versprochen, dass er sie nicht mehr herumkommandieren würde, ihr nicht mehr verbieten würde, mit mir zu reden.« Ihre Stimme klang belegt, aber sie fuhr fort. »Er hat ihr jegliches Selbstwertgefühl genommen. Und er hat sein Versprechen immer wieder gebrochen, und jedes Mal wurde es noch schlimmer.«
Bei ihren Worten veränderte sich jäh die Atmosphäre im Raum. Die Kälte verflüchtigte sich, und Cara konnte förmlich spüren, wie geschockt Mike war. Aber er sollte ihr nicht aus Mitleid verzeihen, sondern begreifen, warum es ihr so wichtig war, unter allen Umständen Wort zu halten.
»Ich habe schon früh gelernt, dass es nichts Wichtigeres gibt, als Wort zu halten, wenn man jemandem etwas verspricht. Und genau das ist es auch, was mich als Menschen ausmacht. Das ist der Unterschied zwischen ihm und mir.« Jetzt versagte ihr die Stimme, aber sie riss sich am Riemen, wild entschlossen, nicht in Tränen auszubrechen. »Und deshalb habe ich es dir nicht erzählt. Weil ich deiner Mutter mein Wort gegeben hatte.« Sie wandte sich von ihm ab.
Mike trat zu ihr, stand so dicht hinter ihr, dass sie seine Körperwärme spüren konnte. »Cara.«
Sie schüttelte den Kopf. Nicht zu fassen, dass der Abend, auf den sie sich die ganze Woche gefreut hatte, derart aus dem Ruder gelaufen war. Andererseits konnte sie es Mike nicht verübeln, dass er gekränkt und enttäuscht war.
»Sieh mich an«, befahl er mit rauer Stimme. Das klang schon ganz anders als noch vor ein paar Minuten.
Sie war noch nicht bereit, aber er legte ihr die Hände auf die Schultern und zwang sie, sich umzudrehen. »Ich weiß am allerbesten, wie es ist, wenn man nicht so werden will wie sein Vater. Ich war wütend, und ich habe überreagiert und meinen Zorn an dir ausgelassen, weil ich nicht die Möglichkeit hatte, ihn an Rex auszulassen.« Sein schuldbewusstes schiefes Grinsen wirkte entwaffnend.
Sie seufzte. »Ich hätte es dir furchtbar gern gesagt, aber ich konnte nicht.«
»Das verstehe ich jetzt.«
Das tat er wirklich. Sie hatte ihn mit ihren offenen Worten völlig überrumpelt, und sein selbstgerechter Groll hatte sich auf einen Schlag in Luft aufgelöst. Wieder einmal hatte sie ihn total durcheinandergebracht und in ihm Gefühle geweckt, die ihm völlig fremd waren. Und sie hatten mehr gemeinsam, als er angenommen hatte. Beide wollten sie sich nicht nur von ihren Vätern distanzieren, sondern auch noch den Beweis dafür erbringen, dass sie anders waren.
Mike fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Höchste Zeit, diese Unterhaltung zu beenden. Es war alles gesagt. »Sollen wir uns dann auf den Weg machen?«, fragte er.
Cara beäugte ihn argwöhnisch. »Soll das heißen, die Sache ist damit erledigt?«
»Seh ich so aus, als wäre ich nachtragend?«
Sie schnaubte belustigt. »Ja, das tust du, wenn ich ganz ehrlich sein soll.«
Er verdrehte die Augen, und auf einen Schlag waren die Spannungen zwischen ihnen wie weggewischt. »Gehen wir.«
Sie nickte und griff nach ihrer Tasche. »Okay.« Allem Anschein nach hatte sie auch keine Lust mehr, die Diskussion fortzusetzen.
Mike atmete tief durch. Vorhin war ihm in seiner Entrüstung gar nicht aufgefallen, wie schick sie sich zurechtgemacht hatte. Das lange dunkle Haar, das normalerweise zum Pferdeschwanz zusammengebunden war, fiel ihr offen über die Schultern, der Pony hing ihr neckisch in die Stirn, und sie war stärker geschminkt als sonst. Und dann erst das sexy Outfit, das sie trug … er war hin und weg.
Das hier war nicht Cara Hartley, die Polizistin, und auch nicht das Mädchen, das in Jeans und T-Shirt verdammt heiß aussah. Sie hatte sich für ihn in eine sexy Sirene verwandelt, und statt sie gebührend zu bewundern, war er hereingekommen und hatte ihr Vorwürfe gemacht, nur weil sie ihm eine Information
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