Kuess mich toedlich
?«
Na toll. Nun hatte er die Familie am Hals. Er ließ seinen ungebetenen Besucher keine Sekunde aus den Augen, als er langsam auf ihn zuging. Er war nicht so dumm, zu glauben, es trotz der hageren Gestalt mit einem völlig ungefährlichen Mann zu tun zu haben. Aber Ben hatte, neben seiner Killerausbildung, einen weiteren entscheidenden Vorteil. Jemanden, der des Lebens überdrüssig geworden war, sollte man nicht unterschätzen. Schließlich hatte er nichts zu verlieren, abgesehen von seinem nackten Leben. Der fremde Mann beging einen entscheidenden Fehler. Er vertraute darauf, dass Ben genauso am Leben hing wie die anderen Killer im Dienste der Familie. Wenn es sein musste, würde er es darauf ankommen lassen. Nun ja, vielleicht ging es ja auch ohne Mord und Totschlag. Um ihn erst einmal loszuwerden, würde er diesen Mistkerl auch gern siezen. »Eine Botschaft«, wiederholte Ben gedehnt. »Die Familie schickt sie. Natürlich. Also schön. Dann lassen Sie mal hören. Ich bin ganz Ohr .«
Kurz flammte etwas in den Augen des Fremden auf. Etwas, das Erstaunen gleichkam. Sonst war er es sicher gewohnt, vor Angst schlotternde Killer bei seinen Besuchen vorzufinden. Pech gehabt. Ben würde den Teufel tun, und ihm die Genugtuung gönnen. Diesen Gefallen würde er niemandem tun, auch wenn schon der Gedanke an die Familie seinen Blutdruck deutlich in die Höhe schnellen ließ.
»Du sollst deine Telefonrapporte ernst nehmen und dich an die vorgegebenen Zeiten halten, sonst wird man dafür sorgen, dass du diesen Auftrag schnell wieder los bist und wir eine schmutzigere kleine Aufgabe für dich finden, die dir ganz und gar nicht gefallen wird.« Der Fremde lächelte selbstzufrieden, als würde er lediglich über das Wetter reden. Doch so einfach war die Sache nicht. Der Fremde wusste es. Ben wusste es. Meldete er sich nicht zu den vereinbarten Zeiten mit den geforderten Informationen, würde es ihm bald sehr leidtun. Danach würde man ihn so lange foltern, bis er sicher nie mehr etwas vergaß. Sofern er die Lektion überlebte.
Auch wenn er sich kaum beherrschen konnte und nichts lieber tun würde, als diesen blasierten Kerl grün und blau zu schlagen, gab es eine Kleinigkeit, die Ben im Zaum hielt. Es kam ihm ganz plötzlich in den Sinn. Am Ende hatte er vielleicht doch etwas zu verlieren. Denn der Auftrag war ihm wichtig. Sarah war ihm wichtig. Wenn er abgezogen wurde, würde die Familie einen anderen schicken. Einen anderen, der sich nichts aus Sarah machte, den es gar nicht interessierte, ob sie schuldig oder unschuldig war.
Ein anderer Assassin in Sarahs Nähe, das durfte nicht geschehen. Sie wäre so gut wie tot. »Geht klar«, sagte er, abermals sehr zur Überraschung seines Gegenübers.
Der Kerl zuckte mit den Schultern. »Gut. Dann ist mein Auftrag erledigt .« Mit einer Leichtigkeit, die sein fragiles Aussehen nicht hätte vermuten lassen, erhob er sich, wischte sich die Finger ab, die Bens schmutzige Couch kaum berührt hatten, und schritt an Ben vorbei auf den Ausgang zu. Bevor er die Wohnung verließ, drehte er sich noch einmal zu Ben um. »Man sagte mir schon, dass du zu denen gehörst, die sich ständig nah am Abgrund bewegen. Sie wissen viel mehr über dich, als du glaubst. Mehr als dir lieb sein kann. Tu einfach, was man dir sagt. Oder freunde dich mit dem Gedanken an, für immer von der Bildfläche zu verschwinden, wie schon so viele vor dir. Du weißt doch, Ben, Versagen bedeutet Verrat. Verrat bedeutet Tod .«
Als die Tür ins Schloss fiel, stieß Ben den angehaltenen Atem aus. Ahnten sie etwas? Hatte dieser Kerl die verdächtigen Fotos von Sarah gesehen? Wussten sie gar von seinen Gefühlen für sie? Wäre das möglich?
Was für ein verdammter Mist.
Kapitel 3
Kontakt
B en kam nicht. Sie hatte zwei Tage lang darauf gewartet, gehofft, er würde sich seinen Kaffee holen, doch von dem Kerl war weit und breit nichts zu sehen. Zu ihrem Erstaunen machte es ihr mehr aus, als sie erwartet hatte. Sie hatte gehofft, Ben sehr bald wiederzusehen.
Nachdem sie den Buchladen eine halbe Stunde früher als üblich geschlossen hatte, machte sie sich auf den Weg zum Supermarkt, um ein paar Lebensmittel einzukaufen. In ihrem Kühlschrank war kaum noch Essbares zu finden, sie konnte es nicht länger aufschieben, und betrat den brechend vollen Laden, der zwischen dem Buchladen und ihrem Wohnhaus lag. Um möglichst schnell nach Hause zu kommen, suchte sie rasch alles Nötige fürs Abendessen zusammen.
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