Küss mich wie damals
einzuschenken.
Dann äußerte sie: „Ihr Vater hat mir gesagt, dass Sie bei mir Malunterricht nehmen wollen, Lady Lavinia.“
„Er will das!“
„Möchten Sie das nicht?“
„Ich bin ein hoffnungsloser Fall“, antwortete Lavinia achselzuckend.
„Ach, herrje! Wer hat Ihnen das eingeredet?“
„Miss Hastings, meine Gouvernante. Sie ist sehr ungeduldig mit mir.“
„Das ist kein Wunder“, warf der Duke of Loscoe ein. „Du bemühst dich nicht einmal!“
„Ich sehe keinen Sinn darin, dauernd neue Versuche zu unternehmen. Welchen Nutzen hat es für mich, wenn ich zeichnen, tanzen, ein Tasteninstrument spielen oder sticken kann?“
„Darüber haben wir schon unzählige Male geredet, Vinny“, sagte Marcus seufzend. „Das sind Fähigkeiten, die man sich als junge Dame erwerben sollte, wenn man in guten Kreisen verkehren will.“
„Dann will ich das nicht. In Gesellschaft langweile ich mich ohnehin schrecklich.“
„Du wirst tun, was ich dir sage, Lavinia“, erwiderte Marcus scharf. „Erst gestern haben wir darüber geredet, dass …“
„Ja, ja, ichweiß.Mama hätte das so gewollt. Aber sie ist tot.“
Frances hatte Mitgefühl mit dem Mädchen, das sichtlich noch unter dem Verlust der Mutter litt, obwohl Marcus es anscheinend nicht bemerkte. „Sollen wir dennoch einen Versuch unternehmen, Lady Lavinia, nur um zu sehen, wie wir miteinander auskommen?“, erkundigte sie sich. „Falls wir nicht harmonieren, hätte es keinen Sinn, den Unterricht fortzusetzen. Ich kann Ihnen nichts beibringen, wenn Sie nichts lernen wollen.“
„Vergessen Sie nicht, Madam, dass ich auch ein Porträt meiner Tochter in Auftrag gegeben habe“, warf Marcus ein. „Ich bestehe darauf, dass sie Ihnen dafür Modell sitzt.“
„Damit befassen wir uns später“, sagte Frances und zog irritiert die Brauen zusammen. „Möchten Sie morgen wiederkommen, Lady Lavinia? Dann können wir uns weiter unterhalten. Vielleicht bringen Sie Ihre Gouvernante mit, damit Ihr Vater sich seinen Geschäften widmen kann.“
„Ich werde Lavinia begleiten“, verkündete er ungehalten. „Sie geht nicht ohne akzeptablen Begleiter in die Öffentlichkeit. Ihre Gouvernante würde nur still in einer Ecke sitzen.“
„Wie Sie wünschen, Euer Gnaden“, erwiderte Frances. „Dann erwarte ich Sie beide morgen um zehn Uhr. Später geht es leider nicht, weil ich mittags unterrichte und am Nachmittag eine Verabredung habe.“
„Zehn Uhr passt mir“, sagte Marcus und stand auf. „Komm, Vinny, wir müssen noch andere Besuche machen.“
Nachdem die Herrschaften gegangen waren, fand Frances, die Angelegenheit sei in sehr distanziertem, geschäftsmäßigem Ton über die Bühne gegangen. Marcus hatte sich sehr kalt und hochnäsig verhalten. Hoffentlich benahm er sich seiner Tochter gegenüber nicht dauernd so, sondern bekundete ihr hin und wieder Zuneigung. Frances wusste nicht, ob sie Zugang zu ihr finden würde, wollte das jedoch aus einem ihr unerklärlichen Grund versuchen. Möglicherweise lag es nur daran, dass sie Herausforderungen genoss.
Am frühen Vormittag des nächsten Tages, als Frances mit Sir Percival im Hyde Park ausritt, erzählte sie ihm vom Besuch des Duke of Loscoe und dessen Absicht, seine Tochter unterrichten zu lassen.
„Mit Verlaub, Madam, aber wenn Sie das tun, dann sind Sie töricht“, erwiderte er. „Sie werden nur ins Gerede kommen.“
„Sie haben mir doch gesagt, niemand erinnere sich an den alten Skandal!“
„Ja, aber Sie müssen die Leute nicht mit der Nase darauf stoßen.“
„Das tue ich nicht. Hätte ich Seiner Gnaden die Bitte jedoch abgeschlagen, würde man glauben, ich grollte ihm noch, und das möchte ich vermeiden. Die Vergangenheit ist begraben, und das werde ich beweisen, indem ich seine Tochter unterrichte.“
„Wie wollen Sie das erreichen?“
„Wenn ich die Unterweisung beendet habe und Seine Gnaden mit Lady Lavinia nach Derbyshire zurückgereist ist, werden die Leute begreifen, dass die Sache rein geschäftlicher Natur war.“
„Sie sollten aufpassen, dass Sie nicht in die eigene Falle geraten.“
„Was soll das heißen?“
„Oh, ich glaube, Sie wissen sehr gut, was ich damit meine.“
„Ich bin nicht persönlich an Seiner Gnaden interessiert. Er ist ein Auftraggeber und entlohnt mich gut.“
Percival lachte. „Und Sie sind so arm, dass Sie es sich nicht leisten können, ihn abzuweisen?“
„Nein, das kann ich wirklich nicht. Das von mir verdiente Geld wird für einen sehr
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