Küss mich wie damals
Wohlergehen der Kinder liegt.“
„Das ist mir klar. Mrs. Butterworth und die anderen Gäste müssen jedoch den Eindruck gewonnen haben, dass wir uns zanken.“
„Tun wir das? Ich meine, zanken wir uns?“
„Nein, natürlich nicht.“
„Dann liegt kein Grund zur Beunruhigung vor. Und von Klatsch lasse ich mich nicht beeinflussen.“
„Das weiß ich“, erwiderte Frances und dachte an die Saison, in der sie siebzehn Jahre alt gewesen war. Damals hatte er sie sehr gedemütigt. Alle Leute hatten über sie getuschelt. Aber noch einmal würde er sie nicht ins Gerede bringen. Kein Mann würde sie je wieder so verletzen.
„Ich versichere Ihnen, ich habe nicht die Absicht, mich wieder zu vermählen, jedenfalls nicht in dieser Saison. Wenn die Leute Gefallen daran finden, Mutmaßungen anzustellen, sollen sie das getrost tun. Sie, Madam, sind vor mir sicher.“
„Ich?“, fragte sie verblüfft. „Sie können unmöglich glauben, dass ich …“ Sie hielt inne und atmete tief durch. „Ich wollte von Ihnen nicht in dieser Hinsicht beruhigt werden, Euer Gnaden. Ihre Absichten interessieren mich nicht im Mindesten.“
„Gut.“ Er lachte. „Seltsam, dass es den Klatschmäulern nicht in den Sinn kommt, ich könne wirklich nur in London sein, weil ich dringende geschäftliche Angelegenheiten zu erledigen habe und außerdem möchte, dass meine Tochter vor ihrem gesellschaftlichen Debüt im nächsten Jahr etwas Schliff bekommt.“
„Sie ist sehr talentiert“, erwiderte Frances, um das Thema zu wechseln. „Sie können sehr stolz auf sie sein.“
„Wirklich?“, fragte Marcus, als müsse er eingehend darüber nachdenken. „Ja, ich nehme an, Sie haben recht.“
„Sehr überzeugt klingt das nicht.“
„Natürlich bin ich mir sicher. Sie ist meine Tochter. Allerdings war sie mehr mit meiner Gattin zusammen als mit mir. Ich lerne sie erst jetzt besser kennen.“
„Das ist bedauerlich.“
„Vielleicht, aber …“ Der Duke zuckte mit den Schultern und beschloss, Ihrer Ladyschaft nicht zu sagen, dass Margaret und er überhaupt nicht zueinander gepasst hatten und stets unterschiedlicher Meinung gewesen waren, auch was die Erziehung ihrer Tochter betraf. Margaret und seine Kinder schienen immer am glücklichsten gewesen zu sein, wenn er fort war. Daher hatte er viel Zeit auf seinen anderen Besitzungen verbracht. Das Ergebnis all dessen war, dass er jetzt nach London hatte fahren müssen.
Schweigend tanzte er mit Lady Frances weiter, und jeder von ihnen versuchte, mit seinen Gefühlen ins Reine zu kommen. Sie war verwirrt. Er war verwundert. Doch die Art, wie sie beide sich bewegten, ihr Mienenspiel und der traurige Ausdruck in ihren Augen veranlassten die Gäste, die sie beobachteten, sich ihr Teil zu denken.
„Ich habe vor, mit Ihrer Tochter eine Gemäldeausstellung zu besuchen, natürlich mit Ihrer Erlaubnis“, sagte Frances, nachdem der Tanz beendet war, auf dem Weg zum Speisezimmer. Sie ging neben Seiner Gnaden und war ihm nah genug, um seine Ausstrahlung zu spüren und zu wissen, dass sie ihn, wenn sie nur die Hand hob, berühren würde. Diese Möglichkeit verursachte ihr Unbehagen, und daher hatte sie nach einem unverfänglichen Thema gesucht.
„Oh, ich bin einverstanden“, erwiderte Marcus und schwieg, bis man sich gesetzt und die Lakaien das Essen serviert hatten. „Allerdings werde ich mich bei diesem Museumsbesuch anschließen“, sagte er dann.
„Das ist nicht nötig.“
„Oh, doch! Die Tochter eines der bedeutendsten Herzöge Englands kann nicht scharf genug beaufsichtigt werden.“
Frances lachte. „Du meine Güte! Befürchten Sie, jemand könne sie auf dem Weg zur Royal Academy entführen?“
„Dergleichen ist schon passiert“, antwortete der Duke of Loscoe trocken. „Nein, ich möchte mitkommen. Ich war schon Jahre nicht mehr in Somerset House.“
Frances gab sich geschlagen, obwohl ihr nun wieder ein Anlass bevorstand, bei dem sie die Anwesenheit Seiner Gnaden ertragen musste. Seltsam war, dass die geschäftlichen Angelegenheiten, von denen er dauernd redete, offenbar doch nicht so dringend waren und ihm die Möglichkeit ließen, ganz nach Belieben über seine Zeit zu verfügen. Frances lächelte verhalten, als man nach dem Essen in den Ballsaal zurückkehrte.
Da Marcus nicht noch einmal mit ihr tanzen konnte, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, entschuldigte er sich, und nach einem Blick auf die erwartungsvollen Mienen der jungen Damen und die finsteren der jungen Herren begab er
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