Küss niemals einen Highlander
langte um Winter herum und umfing sie in einer zärtlichen Umarmung, eine Gesichtshälfte an ihre schmiegend. »Weine nicht«, sagte er und drückte sie fester an sich. »Der junge Krieger lebt. Am nächsten Morgen konnte er sich schon aufrichten und seine Wunde verbinden, ehe er sich auf den langen und mühsamen Weg zu seinem Elternhaus machte.«
Er wischte ihr mit den Daumen die Tränen fort, dann machte er sich wieder ans Bürsten. Die verfilzten Stellen waren geglättet, und Matt vollführte weiter lange Bürstenstriche. »Sein altes Zuhause erkannte er kaum wieder«, fuhr er fort, und seine Stimme war so beruhigend, wie seine Bürstenstriche es waren. »Es war halb verfallen und wirkte unbewohnt. Hinter dem Haus stieß er auf zwei Gräber, auf deren schiefen Kreuzen die Namen seiner Mutter und seiner Schwester standen. Seine Mutter war vier Jahre zuvor gestorben, wie die Inschrift auf dem Kreuz verriet, seine Schwester nur drei Monate vor seiner Rückkehr. Am Kreuz seiner Schwester lehnte noch ein Brett mit dem Namen Kyle, dazu sein Alter – drei Wochen und zwei Tage.«
Matt hielt wieder inne, umfasste Winters Hals und rieb beruhigend mit seinem Daumen über ihren Puls, als sie versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken. Winter wusste nicht, wie viel mehr sie ertragen konnte, doch zwang sie sich zur Ruhe, aus Angst, er würde mit seiner Geschichte nicht fortfahren.
»Der Krieger suchte das Haus nach Spuren ab, die ihm verraten konnten, was aus seinem Vater und seinem Bruder geworden sein mochte«, fuhr er fort und griff wieder zur Bürste. »Es herrschte totales Chaos. Geschirr war zerbrochen, Getreide verschüttet, doch sah er, dass dies der Vernachlässigung und nicht Dieben zuzuschreiben war. Und alles war von Spinnweben bedeckt, ein Zeichen, dass monatelang niemand das Haus betreten hatte, möglicherweise nicht mehr seit dem Tod seiner Schwester.
Da fiel ihm die Höhle ein, die oben auf dem Berg lag, etwa eine Meile entfernt. Dort hatte er seinen Vater oft aufgestöbert, wenn dieser tagelang nicht auftauchte. Der Krieger ging zur Höhle, und da war sein Vater – betrunken, halb erblindet, verdreckt und verwahrlost und völlig wirr im Kopf. Der Krieger versuchte ihn nach Hause zu schaffen, doch der Vater, der zunächst seinen eigenen Sohn nicht erkannte, weigerte sich beharrlich. Sie hausten fast einen Monat zusammen in der Höhle. Der Krieger ließ seine Wunde heilen, und der Alte erzählte in einem fort seine verrückten, fantastischen Geschichten.«
»Was für fantastische Geschichten?«, flüsterte Winter.
Matt zupfte leicht an ihrem Haar. »Nur Geduld.« Anstatt sie zu bürsten, ließ er seine Finger durch ihre Locken gleiten. »Der Krieger erfuhr, was aus seinem Bruder geworden war«, fuhr er fort. »Kein Jahr nachdem er fortgegangen war, hatte auch sein Bruder nach einem Wutanfall das Haus verlassen und sich einen anderen Clan gesucht, bei dem er leben konnte, da im nahen Dorf die ganze Familie als merkwürdig galt und gemieden wurde.«
»Das konnte er?«, fragte Winter und versuchte sich zu Matt umzudrehen. »Er konnte sich einem anderen Clan anschließen?«
Matt hielt ihr Haar fest, damit sie nur geradeaus sehen konnte. »Damals war es nicht ungewöhnlich, die Clans zu wechseln. Du darfst nicht vergessen, dass dies alles schon sehr lange her ist, sogar lange vor der Zeit deines Vaters. Der junge Krieger blieb also bei seinem Vater, bis dieser eines Tages einfach nicht mehr aufwachte. Er begrub ihn neben seiner Mutter und Schwester und dem kleinen Neffen, dann setzte er das alte Haus in Brand und ebnete den Boden ein, bis keine Spur mehr verriet, dass es je existiert hatte. Er tarnte sogar die Gräber, ehe er aufbrach, um das einzige überlebende Mitglied seiner Familie zu suchen.«
»Aber warum brannte er das Haus nieder und tarnte die Gräber? Was wollte er verbergen?«
»Sein Erbe«, sagte Matt knapp. Sich an die Wand lehnend, zog er sie an sich, verschränkte die Arme unter ihrer Brust und nahm sie zwischen seine Beine. Mit seinem Kinn drängte er sie, ihren Kopf an ihn zu lehnen, dann sprach er weiter.
»Die Tiraden des Alten ergaben für den Krieger nun einen Sinn, da er sich alles wochenlang hatte anhören müssen. Es sah aus, als wäre sein Vater der Sohn eines Druiden gewesen, der eine Wächterin zur Frau nahm.«
Winter stockte der Atem, und Matt hielt sie fest, als sie sich aufzusetzen versuchte. »Ja«, sagte er, ehe sie etwas sagen konnte. »Meinen Großeltern war bestimmt,
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