Küsse auf Eis - True Love and other Disasters
Schule in einer Favela in Rio de Janeiro. Zugegebenermaßen eine sehr gute Sache, auch wenn Faith für eine karitative Organisation gestimmt hatte, die ihr nicht nur geographisch näher lag, und wie immer an einem Veto gescheitert war.
Während sie zum Treffpunkt nahe Madison und Fourth lief, nestelte sie nervös an der langen Schnur mit antiken Perlen, die zwischen den Aufschlägen ihres Regenmantels sichtbar war. Was die Kleiderordnung betraf, war die Society wirklich streng, und Faith zupfte die langen Ärmel ihres Kaschmir-Twinsets unter ihrem raffinierten Mantel zurecht, als sie die Hand nach der Eingangstür des Gebäudes ausstreckte. In der Lobby kam ihr Tabby Rutherford-Longstreet entgegen, die Frau von Frederick Longstreet, dem Präsidenten und Generaldirektor der Investment-Beratungsfirma Longstreet Financial, ein langjähriger Freund und Geschäftspartner von Virgil.
»Hallo, Tabby«, sagte sie überrascht, schob ihren Ärmel
zurück und sah irritiert auf ihre Rolex. Das gemeinsame Mittagessen begann immer um zwölf, und es war erst zehn vor. »Sind die anderen alle schon da?« Als sie zum Fahrstuhl lief, versperrte Tabby ihr den Weg.
»Ja, sie sind alle da. Sie haben mich runtergeschickt, um mit dir zu reden.«
»Worüber?«
»Wir sind uns alle einig, dass Dodie Farnsworth-Noble die Verantwortung für das Unterhaltungskomitee der diesjährigen Spendenaktion übertragen werden sollte.«
»Aber das ist meine Aufgabe.« Faith sah in Tabbys blaue Augen, die von feinen Fältchen und Kompaktpuder umgeben waren. » Ich bin die Vorsitzende des Unterhaltungskomitees.«
»Wir halten es für das Beste, wenn Dodie diese Position übernimmt.«
»Oh.« Vor Virgils Tod hatte sie unablässig für die diesjährige Benefizveranstaltung geschuftet. Sie hatte sogar schon mit den Seattler Philharmonikern über einen Auftritt gesprochen und war nun ziemlich niedergeschlagen. »Und was ist meine Funktion?«
Tabby setzte ein falsches Lächeln auf. »Wir glauben, dass du nach den vielen Umwälzungen in deinem Leben keine Zeit für deine Verpflichtungen haben wirst.«
Klar. Jetzt, wo ihr ein Eishockeyteam gehörte, hatte sie viel am Hals, aber ihr Engagement für die Society war ihr wichtig. »Ich verstehe eure Besorgnis, aber ich versichere euch, dass ich mir die Zeit dafür nehmen werde«, versprach sie Tabby. »Da braucht ihr euch keine Sorgen zu machen.«
Tabby fasste sich an den Hals und verzwirbelte ihre Perlenkette. »Zwing mich nicht, deutlicher zu werden.«
»Was?«
»Wir würden es für das Beste halten, wenn du deine Mitgliedschaft in der Society freiwillig aufgibst.«
Sie klappte den Mund auf, um nach dem Grund zu fragen, schloss ihn jedoch wieder. Sie machten sich gar keine Sorgen, dass sie »nach den vielen Umwälzungen« in ihrem Leben keine Zeit mehr hätte. Virgil hatte sie einmal aufgezogen, dass nach seinem Tod die Frauen all seiner Freunde und Geschäftspartner sie aus ihren Clubs herauswerfen würden, weil sie es nicht ertragen könnten, eine so junge und schöne Frau in der Nähe ihrer Ehemänner zu wissen. Da war Virgil auf dem Holzweg gewesen. Die meisten Männer hielten sich mit Einwilligung ihrer Ehefrauen Geliebte. Sie lehnten sie ab, weil sie nicht mit einem Nachnamen auf die Welt gekommen war, der eines Bindestrichs würdig war. Schon vom ersten Treffen an hatte sie gewusst, dass sie sie für kein würdiges Mitglied ihrer Society hielten. Im Laufe der Zeit hatte sie dann vergessen, dass sie im Grunde nicht dazugehörte. Sie war »Pack«. Ganz egal, wie sehr sie sich engagierte oder wie viel Geld sie aufgetrieben hatte.
»Ich verstehe.« Wenn Tabby glaubte, Faith würde ihr eine Szene machen, über die die Mitglieder der Society noch monatelang genüsslich tratschen konnten, hatte sie falsch gedacht. »Viel Glück für euch«, flötete sie. »Ich hoffe, die diesjährige Spendenaktion wird ein voller Erfolg.« Sie lächelte und machte auf dem Absatz kehrt, während ihr vor Scham ganz heiß wurde und sich ihre Kehle zuschnürte. Mit zitternder Hand öffnete sie die Tür und trat nach draußen in die kühle Nachmittagsluft. In ihren Augen brannten Tränen, und sie durchwühlte hektisch ihre Handtasche nach ihrer Sonnenbrille. Sie würde nicht weinen. Sich nicht über Leute grämen, die sich nichts aus ihr machten.
Sie könnte ihnen ihr Anwaltsteam auf den Hals hetzen und dafür sorgen, dass es ihnen noch leidtun würde. Sie könnte ihnen den Tag genauso versauen, wie sie ihr ihren versaut
Weitere Kostenlose Bücher