Küsse auf Eis - True Love and other Disasters
Pullover gefällt mir«, fügte sie bewundernd hinzu und streckte die Hand aus, um die graue Strickjacke mit Zopfmuster anzufassen. »Schöne Farbe.« Unaufdringlich. »Kaschmir?«
»Eine Kaschmir-Seiden-Mischung.«
»Herrgott«, fluchte Ty. »Habt ihr Mädels es bald? Ich würde gern irgendwann heute Abend noch mal hier rauskommen.«
»Was ist denn mit dem los?« Jules deutete mit dem Daumen auf Ty. »Immer noch sauer, weil er in Spiel fünf gegen Vancouver Mist gebaut hat?«
Ty glotzte den Assistenten an, als wollte er ihn mit seinen Riesenpranken erwürgen.
Faiths Augen weiteten sich vor Entsetzen, und sie schüttelte den Kopf. »Provozieren Sie ihn nicht, Jules.«
Jules lachte gutmütig. »Hören Sie, eigentlich bin ich nur hier, weil ich gerade mit einem Redakteur von Sports Illus- trated telefoniert habe. Die wollen ein Interview mit Ihnen.«
Als sie das letzte Mal in einer Zeitschrift aufgetaucht war, war sie nackt gewesen und die Fragen einfach. Bei der Vorstellung, in Sports Illustrated zu erscheinen und knallharte
Fragen gestellt zu bekommen, auf die sie keine Antwort wusste, wäre sie am liebsten davongerannt und hätte sich irgendwo versteckt. Sich in einem Raum voller Mitarbeiter und Manager peinliche Schnitzer zu leisten war schon peinlich genug. Da war das Letzte, was ihr noch fehlte, vor der ganzen Welt als naives Dummchen dazustehen.
»Die PR-Abteilung ist dafür, aber ich finde, Sie sollten noch warten, bis Sie sich wohler dabei fühlen, in der Öffentlichkeit über die Mannschaft zu sprechen«, schlug Jules vor, und sie hätte ihn vor Dankbarkeit knutschen können.
»Danke, und Sie haben recht. Ich bin dafür noch nicht bereit.«
»Wir sind fast so weit«, verkündete der Fotograf, während er Valerie den Lichtreflektor reichte. »Faith, ich möchte, dass Sie dicht vor Ty stehen. Und den Fuß auf die Bank stellen.«
Sie warf einen Blick auf Tys kräftige Beine in seinen blaugrünen Eishockey-Shorts. Lange weiße Strümpfe reichten über seine Schienbein- und Knieschützer, deren obere Enden mit Klebeband an seinen Oberschenkeln befestigt waren. »Wo auf der Bank?«
»Zwischen Tys Schenkeln.«
Sie sah in seine zusammengekniffenen Augen und rechnete fest damit, dass er lautstark protestieren und fluchen würde, bis das Blut aus ihrer aller Ohren rann. Stattdessen sagte er nur: »Passen Sie auf Ihren Fuß auf, ja? Ich trage keinen Tiefschutz.«
Behutsam stellte sie die Sohle ihrer Versace-Sandale zwischen seine weit gespreizten Oberschenkel. Sie richtete den Blick starr auf sein Gesicht, um ihn bloß nicht auf seinen Schritt zu senken. Sie wollte nicht mal dran denken, wie dicht seine Kronjuwelen ihren Zehen waren. Doch je mehr sie versuchte,
nicht daran zu denken, desto mehr dachte sie natürlich daran. »Erschrecken Sie mich nicht, dann tu ich Ihnen auch nicht weh«, versicherte sie ihm mit einem nervösen Lachen.
»Erschrecken Sie sich nicht, dann tue ich Ihnen nicht weh. Ich brauche mein Equipment später noch.«
Sie wandte sich dem Fotografen zu und lächelte engelsgleich. Sie mochte ein bisschen aus der Übung sein, aber sie wusste, wie man für Fotos posierte, ohne seine wahren Gefühle zu zeigen. » Deshalb sind Sie so ein Eile. Und nicht, weil Sie einen frühen Flug haben.«
Der Fotograf knipste ein paar Bilder. »Faith, drehen Sie sich mit der rechten Schulter leicht zu mir. Genau so.«
Während sie in die Kamera lächelte, fragte sie unschuldig: »Haben Sie ein heißes Date?«, und bot dem Fotografen ihr Gesicht in einem anderen Winkel dar.
»So was in der Art.«
»Ehefrau?«
»Nicht verheiratet.«
»Freundin?«
»Nicht ganz.«
Freundin mit gewissen Vorzügen ? Es war lange her, seit sie einen Freund mit gewissen Vorzügen, einen Freund oder gar einen One-Night-Stand gehabt hatte. Hier so bei Ty zu stehen, von seinem toxischen Testosteron umnebelt, erinnerte sie genau daran, wie lange es schon her war. Schon das tiefere Timbre seiner Stimme streichelte ihre Haut und rief ihr ins Gedächtnis, wie sehr sie es vermisste, von einem starken, gesunden Mann im Arm gehalten und berührt zu werden.
»Beugen Sie sich nur ein kleines Stück nach vorn, Faith. Aggressiver, als wären Sie der Boss.«
»Soll ich die Hände in die Hüften stemmen?« Faith beugte sich vor, und der Rock ihres Kleides rutschte an ihrem Schenkel hoch.
»Ja, das ist toll. Und Sie gucken weiter so angekotzt, Ty.«
Ty richtete seinen unheilvollen Blick auf den Knips-Heini. »Ich bin nicht angekotzt.«
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