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Küsse auf Eis - True Love and other Disasters

Titel: Küsse auf Eis - True Love and other Disasters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Gibson
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Mittagessen, das nie stattfände.
    Als die Essensglocke läutete, fand sie sich an einem Tisch mit Virgils leerem Platz neben ihr wieder. Sie verspürte eine tiefe Trauer über seine Abwesenheit. Er war ein starker, stabilisierender Einfluss in ihrem Leben gewesen, und sie vermisste ihn. Nun, wo er tot war, musste sie selbst stark sein.
    Ihr gegenüber am Tisch saßen Landon und seine Frau Esther, die sie völlig ignorierten und ihre Verachtung für sie in giftigen Wellen ausstrahlten. Wenn Virgil noch am Leben wäre, hätte er von ihr erwartet, ein falsches Lächeln aufzusetzen, und sie alle zu Höflichkeit gezwungen. Aber ehrlich gesagt war sie es leid, Landon und Esther in feiner Gesellschaft zu höflichem Benehmen zu nötigen. Für einige der Anwesenden würde sie immer eine Frau sein, die sich für Geld auszog. Aber dieses Leben hatte auch eine Freiheit mit sich gebracht, die nichts mit Nacktheit zu tun hatte, dafür
umso mehr damit, sich nicht um die Meinung anderer zu scheren. Es gab nur noch wenige Stufen auf der gesellschaftlichen Leiter, die niedriger waren als die, auf der eine Stripperin stand.
    Während sie sich ein fünfgängiges Menü zu Gemüte führte, das mit einem Rindercarpaccio begann, machte sie mit ihren Tischnachbarn Smalltalk. Als der vierte Gang abgeräumt wurde, war ihr klar, dass ihr das alles nichts mehr ausmachte. Weder Landon und seine Frau noch die Leute, die sie jetzt, nach Virgils Tod, nie mehr akzeptieren würden. Seit der Beerdigung war ihr Leben total anders geworden. Innerhalb nur eines Monats hatte es sich radikal verändert.
    »Ich hab gehört, die Chinooks sind noch in den Play-offs«, bemerkte einer von Virgils ehemaligen Geschäftspartnern, der links von Faith saß. Sie beugte sich ein Stückchen vor und sah in Jerome Robinsons gütige braune Augen. »Wie macht sich die Mannschaft denn?«, fragte er.
    »Wir machen uns gut«, antwortete sie, während ihr als Nachtisch eine Panna Cotta mit frischen Beeren serviert wurde. »Natürlich hatten wir große Sorgen, als wir Bressler verloren haben, aber Savage ist eingesprungen und hat es großartig hinbekommen, dass die Mannschaft sich auf das Wesentliche konzentriert. Unser Ziel war es, den Spielern vor den Play-offs ein paar Spiele zu ermöglichen, in denen sie zueinander finden und sich aufeinander einstellen konnten, bevor wir die Karten neu mischen wollten, doch sie haben sich einander so gut angepasst, dass wir gar nicht viel neu mischen mussten.« Jedenfalls hatte das Coach Nystrom gestern gesagt. Sie zuckte mit den Achseln und griff nach ihrem Dessertlöffel. »Unsere Angriffslinie hat in den Play-offs bisher dreiundzwanzig Tore und neunundachtzig Punkte gemacht. Ich
glaube, in diesem Jahr haben wir eine wirklich gute Chance auf den Pokal.« Darauf war sie selbst gekommen.
    Jerome lächelte. »Virgil wäre stolz auf Sie.«
    Das hoffte sie. Aber was noch wichtiger war, zum ersten Mal in ihrem Leben war sie stolz auf sich selbst.
    »Mein Vater war ein seniler alter Mann«, stänkerte Landon von seinem Platz gegenüber.
    »Ihr Vater war zwar vieles«, wandte sich Jerome an Landon, »doch senil war er nie.«
    Faith lächelte dankbar und trank einen Schluck Dessertwein. Als das Geschirr abgeräumt war, blieb sie nur noch so lange, um ein paar stille Gebote abzugeben. Während sie an der Garderobe auf ihren Mantel wartete, wurde ihr klar, dass sie sich inzwischen viel wohler fühlte, wenn sie in einer irischen Kneipe mit einer Schar Eishockeyspieler zusammensaß, als mit den Menschen, mit denen sie in den letzten fünf Jahren verkehrt hatte. Dabei waren nicht einmal alle Mitglieder der Seattler High Society hochnäsige Snobs. Ganz und gar nicht. Viele von ihnen waren wie Jerome. Nette Leute, die nur rein zufällig mehr Geld hatten als Krösus. Es war eher so, dass sich Faith inzwischen verändert hatte; sie verwandelte sich in jemand anderen. Jemanden, den sie nicht kannte. Sie war keine Stripperin mehr, kein Playmate und auch nicht die Frau eines reichen Mannes. Doch das Sonderbarste daran war, dass sie die neue Faith, obwohl sie sie noch nicht kannte, trotzdem mochte.
    Als sie endlich nach Hause kam, war Valerie schon von dem Eishockeyspiel zurück, das Pavel und sie von der Loge aus verfolgt hatten; sie hatten den Chinooks dabei zugesehen, wie sie mit einem 2:0-Sieg gegen die Sharks triumphierten. Das Match am Mittwochabend würde in San José stattfinden,
und wenn die Chinooks gewannen, würden sie in die nächste Runde

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