Küsse im Mondschein
Skandal irgendwann natürlich noch mal geklärt werden muss - überhaupt kein Anlass für uns bestände, uns da einzumischen.«
Die Blicke sämtlicher anwesender Cynsters waren auf Vane gerichtet. Dann wandten sie sich geschlossen zu Richard.
»Und ich habe sie dann wiederum einen kurzen Moment lang während des letzten Walzers beobachten können«, nahm Devil den Faden auf. »Ich bin mir übrigens ziemlich sicher, dass Dexter mich ebenfalls gesehen hat.«
»Aber hat er dich auch wiedererkannt?« Richard hob die Brauen, dann fuhr er fort: »Was ich gesehen habe, muss sich dann wohl danach ereignet haben, also ungefähr zu dem Zeitpunkt, als schon die Schlussakkorde des Walzer gespielt wurden.« Er berichtete ihnen alles, was er gesehen hatte. »Um es kurz zu machen - es sah mir so aus, als wenn Dexter ihr in ruhigem Tonfall irgendetwas erklärt hätte. Und es war Amanda, nicht er, die daraufhin eine ziemlich ungehaltene Reaktion zeigte. Und wenn man bedenkt, wie sie am Ende der Unterhaltung davongerauscht ist und wie er ihr dann daraufhin hinterhergesehen hat, so als ob er selbst nicht so genau wüsste, was sich da gerade zwischen ihnen ereignet hatte …« Richard seufzte. »Um die Wahrheit zu sagen … er tat mir in dem Augenblick richtig leid.«
Demon schnaubte verächtlich. »Der Mann ist doch ein gerissener Wolf der schlimmsten Sorte.«
»Nun ja, ich meine, genau das waren wir doch früher auch mal«, murmelte Devil.
»Richtig, darauf will ich ja hinaus. Denn wir wissen schließlich, was in seinem Kopf vorgeht …« Demon verstummte.
»Und genau das ist auch mein Punkt«, stimmte Richard ihm bei. »Erinnerst ihr euch denn etwa nicht mehr daran, wie ihr selbst irgendwann bestimmt auch schon einmal in einem Ballsaal gestanden habt oder wo auch immer und nur hilflos mit ansehen konntet, wie eure Herzensdame plötzlich einfach davonrauscht - und habt ihr euch in dem Moment nicht etwa ebenfalls gefragt, was, zum Teufel, da eigentlich gerade vor sich geht?«
Ein amüsiertes Lächeln spielte um Devils Lippen. »Dazu brauch ich gar nicht erst sonderlich weit in der Vergangenheit zu graben.«
Auf ihre Gesichter stahl sich auf einmal ein Schmunzeln oder auch ein kleines Grinsen. Dann fuhr Devil in ernsterem Tonfall fort: »Also gut. Gehen wir also einfach mal davon aus, dass Dexter allem Anschein nach um Amanda wirbt. Denn ich sehe keinen Grund, warum er ein solches Theater aufführen sollte, wenn er sie einfach nur verführen wollte. Und was auch immer der genaue Grund für sein Werben sein mag - an die Regel der Gesellschaft jedenfalls hält er sich. Da stellt sich doch die Frage, was wir bereits über ihn wissen. Ich persönlich weiß, ehrlich gesagt, kaum noch etwas über ihn.« Devil blickte Vane an, der jedoch den Kopf schüttelte. »Er ist ja schließlich wesentlich jünger als wir.«
»Sogar jünger als ich«, fügte Demon hinzu, »aber ich erinnere mich trotzdem noch daran, dass er früher mal ein richtiger Hansdampf in allen Gassen war. Andererseits hat er ja nur eine ziemlich kurze Zeitspanne in London verbracht.«
»Nämlich bis zu jenem besagten Skandal.« Richard berichtete kurz, was er alles über diese Geschichte wusste, und endete schließlich mit den Worten: »Aber die grandes dames - und auch noch diverse andere - meinten, sein Vater hätte schlichtweg überreagiert. Genau genommen gab es sogar nur sehr wenige, die glaubten, Dexter, also der gegenwärtige Graf, könnte tatsächlich schuldig sein. Aber letztendlich wurde niemand jemals nach seiner Meinung gefragt. Denn sein Vater, der oben im Norden lebte, hatte sich sein Urteil bereits gebildet; die Sache war somit abgehandelt. Und noch ehe überhaupt irgendwer so recht wusste, was eigentlich passiert war, hatte man Dexter ja auch schon außer Landes getrieben.«
»Und wie sieht der aktuelle Stand der Meinungen aus?«, fragte Devil.
Richard zuckte mit den Schultern. »Nun ja, er steht sozusagen noch immer unter Beobachtung. Aber solange man ihm seine Schuld nicht wirklich beweisen kann, gilt er natürlich als unschuldig.«
»Ich hatte einmal näher mit ihm zu tun.« Gabriel beugte sich vor. »Das war hier, in London, denn selbst unter den hiesigen Krösussen hatte Dexter noch eine ganz besondere Stellung eingenommen. Genauer gesagt hatte er damals eine Interessengemeinschaft vertreten, die auch uns nicht ganz reizlos erschien. Und er beherrschte sein Geschäft wirklich gut, sodass wir aus der Investition letztendlich einen ganz netten
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