Küsse im Mondschein
Nase hoch, dann blickte sie wieder auf und drehte sich erneut zum Bett um - so als ob sie die Absicht hätte, neben Reggies Schlafstatt zu knien, bis dieser endlich wieder zu Bewusstsein kam.
Doch Martin hielt sie fest. »Nein - du brauchst jetzt auch erst einmal etwas Ruhe.«
Amanda sah ihn mit großen Augen an. »Aber ich kann ihn unmöglich hier allein lassen.«
»Wir richten uns gleich neben dem Kamin ein provisorisches Bett her. Dann sind wir nahe genug bei ihm, um zu hören, wenn er wieder unruhig wird.« Martin zog Amanda einfach mit sich, während er gleichzeitig das Bündel mit den Kissen aufnahm, die er zusammengesammelt hatte. »Du nützt ihm doch nichts, wenn du am Ende selbst völlig entkräftet und erschöpft bist.«
Amanda fügte sich also und half Martin, die schöne Tagesdecke auf dem Boden auszubreiten, um darauf aus den dicken Sitzpolstern und den Kissen, Tüchern und Umhängen ein provisorisches Bett herzurichten. Denn in ihrem Inneren wusste sie, dass Martin Recht hatte. Doch als er versuchte, sie sanft auf jene Seite zu betten, die näher am Feuer war, wehrte Amanda sich. »Nein. Von da aus kann ich ihn doch nicht sehen.«
Mit schmalen Augen sah Martin sie an. Und sofort begriff Amanda, dass genau das wohl auch Martins Absicht gewesen war; dass sie es am besten gar nicht mitbekommen sollte, wenn Reggie sich wieder regte, damit er, Martin, sich um den Verletzten kümmern und Amanda einfach weiterschlafen lassen könnte. Energisch schob sie ihr Kinn vor. »Ich schlafe auf der Seite da.«
Damit legte sie sich auf jene Seite, die dichter an Reggies Bett war, schmiegte ihren lockigen Schopf in das Kissen - und sah weiterhin starr zu dem Bett hoch. Die Hände in die Hüften gestützt, die Lippen zu einer schmalen Linie zusammengepresst, blickte Martin ärgerlich auf sie hinab. Dann aber gab er sich mit einem tiefen Knurren geschlagen. Er kletterte über sie hinweg und legte sich zwischen sie und den Kamin.
Sein Körper schirmte die Hitze des Feuers von ihr ab, und Amandas vom Schock und von der Sorge bis auf die Knochen ausgekühlter Körper hatte keine Chance, sich wieder ein wenig aufzuwärmen. Sie war fast ganz und gar ausgekühlt. Martin rückte also dicht hinter sie, sodass seine Brust an ihrem Rücken lag, schmiegte seinen Körper an den ihren, schlang die Arme um sie - bis seine Wärme schließlich auch auf sie überging, in sie eindrang, bis auf ihre Knochen durchzudringen schien... bis sich die Verspannung aus ihren Muskeln löste und ihre Lider schwer wurden …
Ein seltsames Geräusch weckte sie. Eine Mischung aus Schnauben und Röcheln, ein gedämpftes Schniefen...
Dann, plötzlich, fiel Amanda alles wieder ein. Sie riss die Augen auf und sah zum Bett hinüber. Und endlich begriff sie, was sie da hörte. Es war Schnarchen. Und dieses Schnarchen stammte nicht etwa von Martin, sondern von Reggie.
Sie löste sich vorsichtig aus Martins Umarmung, stand auf und ging zu Reggies Lager hinüber. Bei einem der Fenster hatten sie die Vorhänge offen gelassen; schwach drang das frühe Morgenlicht in das Zimmer ein. Reggie lag auf dem Rücken. Und das schnaubende, röchelnde Geräusch kam eindeutig von ihm, doch er machte nicht den Eindruck, als ob sich sein Zustand noch weiter verschlechtert hätte. Für eine Art Todeskampf wirkte das Röcheln viel zu regelmäßig.
Auch seine Gesichtszüge schienen wieder ein wenig entspannter, nicht mehr so schlaff und konturlos wie während der tiefsten Phase seiner Bewusstlosigkeit. Amanda wagte es also, wieder zu hoffen, wagte es, wieder ein Gefühl der Zuversicht in sich aufkeimen zu lassen, und legte behutsam ihre Finger an seine Wange.
Reggie schnaubte noch ein wenig lauter, dann hob er die Hand, tätschelte Amandas Finger und schob sie dann wieder fort. »Nicht jetzt, Daisy. Später.«
Damit drehte er sich von ihr weg, zog die Bettdecke ein Stückchen höher und kuschelte sich in die Kissen. Schließlich runzelte er die Stirn und wandte noch einmal unruhig den Kopf hin und her. »Du solltest wirklich einmal bessere Kissen besorgen, meine Liebe.«
Amanda starrte Reggie an. Doch schon drang ein leises, gedämpftes Schnarchen unter den übereinander geschichteten Decken hervor. Und noch ein Geräusch war zu hören; sie wandte sich um und sah, wie Martin sich auf den Ellenbogen aufstützte. Müde hob er eine Braue.
Amanda deutete auf das Bett. »Er schläft.« Dann begriff sie endlich, und ein strahlendes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht
Weitere Kostenlose Bücher