Kullmann
dieser Vermutung.
»Auf jeden Fall sind mir die Augen geöffnet worden«, wandte Kullmann vielsagend ein.
Sofort hielt Anke inne.
»Ich bin mit meinen Ermittlungen ein gutes Stück weitergekommen«, machte der Chef eine bedeutungsvolle Pause, um Anke auf die Folter zu spannen. »Ich habe gestern – nach meinem spektakulären Besuch bei Ihnen – mit dem Reporter Ingo Weber gesprochen! Sie glauben nicht, wie entscheidend uns dieser Schritt bei den Ermittlungen weiterhelfen kann!«
»Sie machen mich neugierig!«, gestand Anke.
»Oh ja! Aber das erkläre ich Ihnen später. Zunächst möchte ich von Ihnen noch einige Details über den Einbruch in Roberts Wohnung wissen. Erst dann kann ich mir sicher sein!«
»Und was wollen Sie wissen?«
»Sie erklären in Ihrer Aussage beim Einbruchsdezernat, dass Sie dem Täter mit einer Stehlampe auf die rechte Schulter geschlagen haben, der Täter aber sich von Ihnen abwendete und fluchtartig die Wohnung verließ! Kann es sein, dass der Einbrecher Sie kannte?«
Anke überlegte eine Weile, bis sie antwortete: »Mein Eindruck war viel mehr, dass der Täter nicht damit gerechnet hatte, noch jemanden in der Wohnung anzutreffen und völlig überrumpelt war, als er mich sah. Ich kann also nicht mit Sicherheit darauf antworten!«
Kullmann rieb sich nachdenklich die Stirn und meinte: »Welchen Eindruck hatten Sie denn, als Sie die beiden kämpfenden Männer beobachteten?«
»Sie konnten beide verdammt gut kämpfen.«
»Also war es dem Einbrecher nicht möglich, Robert zu töten in der kurzen Zeit, bis Sie eingriffen«, fragte Kullmann weiter.
»Ich hatte eher den Eindruck, dass der Einbrecher Robert unbedingt lebend aus dieser Wohnung herausschaffen wollte.«
»Sie glauben also, dass der Einbrecher auf keinen Fall Robert in seiner Wohnung töten wollte?«
»Auf keinen Fall«, bestätigte Anke.
»Das hilft mir weiter!«, erklärte er.
Dann stand er auf, ging zu seinem Aktenschrank und nahm dort einen ganzen Stapel Papiere heraus. »Das sind meine Unterlagen der Ermittlungen über Kurt Spengler. Verfassen Sie diese bitte als Bericht; Sie wissen, wie schwer mir diese Art von Arbeit fällt!«
Anke nickte, wofür sie von Kullmann ein dankbares Lächeln erntete. »Wenn Sie fertig sind, lade ich Sie zu einem feudalen Essen in Marthas Kneipe ein! Vielleicht kann ich Sie damit ein wenig für das entschädigen, was ich Ihnen angetan habe!«
Erwartungsvoll schaute er Anke an, die ihre Freude kaum zügeln konnte. Überglücklich machte sie sich an die Schreibarbeit, die ihr sonst immer so verhasst war. Heute war es für sie ein Hochgenuss, diese Arbeit für ihren Chef zu tun; sie hätte sich nichts Schöneres vorstellen können. Pünktlich zur Mittagspause konnte Anke den Bericht abschließen und Kullmann zur Unterschrift vorlegen. Er verzichtete darauf, seine Lesebrille aufzusetzen, unterschrieb ungesehen mit der Bemerkung: »Ich vertraue Ihnen, da brauche ich nichts mehr zu kontrollieren.« Dann sperrte er den Bericht in seine Schreibtischschublade.
Als die beiden das Gebäude verließen, war die Luft so schwül und bleischwer, dass sie bei der geringsten Bewegung ins Schwitzen gerieten. Der Himmel verschwamm grau in grau. Kein Lüftchen regte sich. Schon seit Tagen herrschte dieses Wetter und drückte auf die Gemüter. Trotzdem hüpfte Ankes Herz vor Freude, als sie den Weg zu Marthas Kneipe zurücklegten. Es war nicht nur die Bestätigung dafür, dass Kullmann doch der Mann war, den sie in ihm sehen wollte, es war auch der Schritt in die vertraute Welt, die sie beschwingt und fröhlich machte. Kullmann wirkte ebenfalls sehr beflügelt, überlegte Anke und stellte erst jetzt fest, dass er einen neuen Anzug trug. Er war aus dunkelblauem Leinenstoff. Darin sah er trotz seiner leicht untersetzten Statur sehr elegant und vor allem sehr seriös aus. Beim Friseur war er auch gewesen; er trug sein Haar kürzer, wodurch es ein wenig fülliger wirkte. Was hatte diese Verwandlung bewirkt? fragte Anke sich neugierig wie immer, wenn es um Kullmanns Privatleben ging. Martha stand vor der Theke und erwartete sie schon. Hocherfreut kam sie auf die beiden zu und meinte: »Wie schön, dass Anke wieder dabei ist.« Dabei schaute sie prüfend an ihr herunter und fügte an: »Sie können wirklich wieder ein gutes Essen vertragen.«
Lachend fragte Anke: »Was gibt es denn Gutes?«
»Dibbelabbes mit Apfelkompott!«, antwortete Martha nicht ohne Stolz.
»Hm!«, rieb Anke sich den Bauch. »Das ist
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