Kullmann
Ingo Weber ans Licht gebracht?«, fragte Erik weiter.
»Lassen Sie mich ausreden, dann werden Sie alles verstehen.«
Sofort verstummte Erik.
»Kullmann hat herausgefunden, dass der Reporter Ingo Weber der Halbbruder von Horst Esche ist. Esches Mutter war von Kurt Spengler schwanger, der sie aber nicht heiraten konnte – oder wollte, wer weiß. Dafür bekam sie von ihm Alimente, bis sie einen Herrn Weber heiratete. Von diesem Weber bekam sie einen zweiten Sohn, Ingo Weber.«
»Wie hat Kullmann das herausbekommen?«
»Er hat mit Ingos Mutter gesprochen, die ihm alles völlig ahnungslos erzählt hat.«
»Aber damit verstehe ich immer noch nicht, warum Kullmann gegen Esche ermittelt. Er ist unbestreitbar ein Schwein, denn das, was er sich geleistet hat – ich meine den Überfall auf Sie« Anke platzte zornig heraus »Musste das in der ganzen Abteilung breitgetreten werden?« Aber Erik ließ sich nicht unterbrechen »– hat er sich in Köln auch schon geleistet. Er hat sich keine Spur verändert. Aber damit hat diese Aktion doch bestimmt nichts zu tun!« Tief atmete Anke durch, um ihren Schrecken schnell wieder zu vergessen. Sie hatte keine Zeit für Gefühlsduseleien.
»Nein! Kullmann hat die Kontobewegungen von Kurt Spengler überprüft und dabei durch Zufall entdeckt, dass er einen neuen Mercedes Geländewagen per Geldkarte bezahlt hat. Ein solches Auto wurde nie von Kurt Spengler benutzt, aber Esche protzte vor drei Tagen mit diesem Luxus-Gefährt. Hinzu kamen noch eine große Summe in einem Uhrengeschäft und hohe Geldbeträge in verschiedenen Designerläden, die alle über eine Geldkarte Kurt Spenglers beglichen wurden. Sei kurzem prangt an Esches Arm eine Rolex. Mit seinen edlen Designerklamotten sieht er aus, als komme er frisch vom Laufsteg.«
»Das hat Kullmann alles überprüft?«, staunte Erik.
»So ist es! Unsereins kann sich diese Dinge nicht leisten, es sei denn, er würde im Lotto gewinnen oder erben. Beides ist bei Esche nicht der Fall. Kullmann hat festgestellt, dass Spengler mehrere Konten hat. Davon wird eins ausschließlich von Esche genutzt.«
»Glaubt Kullmann, dass Esche seinen Vater erpresst?«
Anke nickte.
In dem Haus, das sie beobachteten, blieb es still. Anke befürchtete schon, Kullmanns Plan könne nicht aufgehen. Das Einzige, was sie erkennen konnten, war, dass Spengler telefonierte. Allerdings dauerte dieses Gespräch nicht sehr lange, Kurt Spengler hatte wohl seinen Anwalt nicht erreicht.
»Aber womit hat er seinen Vater erpressen können?«
»Esche und Nimmsgern haben anfangs an dem Fall Luise Spengler gearbeitet. Mit Sicherheit ist dabei etwas herausgekommen, was Esche dazu benutzt, seinen Vater zu erpressen, anstatt es Kullmann zu melden.«
»Aber warum sollte er das tun? Er ist ehrgeizig und könnte sich eine Beförderung verdienen, wenn er mit seinen Beweisen herausrückt?«
»Vielleicht ist es so etwas wie Futterneid unter Brüdern. Robert Spengler, Luises Sohn, ist immer im Luxus aufgewachsen, während Esche als Sohn niemals akzeptiert, geschweige denn adoptiert worden ist. Er musste immer zusehen, wie gut es Robert ging.«
Regen prasselte auf das Autodach.
»Es ist doch sehr bezeichnend, dass Esche sich von dem Geld seines Vaters ausgerechnet einen silbergrauen Mercedes-Geländewagen kauft, haargenau das gleiche Modell, wie Robert es fährt – einen ML 500!«
Erik nickte staunend über diese Beweisführung.
»Eine Beförderung hat er durch Roberts Verhaftung als Polizistenmörder angestrebt. Damit hätte er drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Robert wäre endlich nicht mehr der ewige Gewinner, Esche wäre befördert worden und hätte noch dazu das Geld seines Vaters«, erklärte Anke weiter.
»Ich habe Esche in Köln kennen gelernt«, begann Erik schnaubend. »Dort hat er auch keine Schweinerei ausgelassen. Den Kolleginnen gegenüber benahm er sich wie ein Inquisitor aus dem Mittelalter: Frauen hatten im Polizeidienst nichts zu suchen. Sie waren für ihn Lustobjekte, die still halten sollten, wenn es ihm danach war. Deshalb wurde er versetzt. Lange war er mit seinen perversen Spielchen nicht aufgefallen. Als eine Kollegin sich beklagt hatte, wurde ihr nicht geglaubt. Die Bedeutung sexueller Belästigung am Arbeitsplatz und die Gleichstellung von Mann und Frau waren noch nicht so weit vorgedrungen, dass es bei jedem Vorgesetzten im Kopf angekommen wäre. Es musste erst noch einige Kolleginnen treffen, die sich dann zusammengeschlossen haben und mit
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