Kullmann
vereinten Kräften gegen Esche vorgingen. Daraufhin musste der Polizeipräsident reagieren und Esche versetzen.«
»Deshalb ist er bei uns gelandet?«, lief es Anke eiskalt über den Rücken, weil ihr wieder die schreckliche Szene in ihrem Büro einfiel. Das war ja der Gipfel, ihre Abteilung in Unwissenheit darüber zu lassen, welcher Schuft sich dort bei ihnen einschleichen sollte. Fast wäre sie zum Opfer geworden, wenn es ihr nicht gelungen wäre, sich wirkungsvoll zu wehren. Entsetzt schüttelte sie sich.
»Als ich meine Versetzung nach Saarbrücken beantragt habe, habe ich nicht gewusst, dass Esche auch hier ist. Deshalb war ich schockiert, ihn hier zu sehen. Als ich von seinem Überfall auf dich erfahren habe, bekam ich die Bestätigung, dass solche Typen sich niemals ändern.« Erik legte eine kurze Denkpause ein, bevor er anfügte: »Aber zu solchen Gemeinheiten hätte ich ihn nicht fähig gehalten. Das erinnert mich an Kain und Abel aus der Bibel. Brudermord setzt allen Verbrechen die Krone auf!«
»Tja, im Fall seines Bruders Robert Spengler hat er sich verrechnet«, bemerkte Anke innerlich kochend vor Wut, weil sie durch Eriks Bericht aufgewühlt war. »Gott sei Dank ist Kullmann schlauer als Esche. Sonst hätte es tatsächlich Roberts Ende bedeuten können!«
»Und Esche hätte mit seinen arglistigen Spielchen gewonnen!«
In Kurt Spenglers Haus tat sich etwas. Sie sahen, wie das elektrische Garagentor sich öffnete und ein Jaguar im Rückwärtsgang herausgefahren kam. Bis zur Hauptstraße folgten ihm Erik und Anke mit ausgeschalteten Scheinwerfern. Kurt Spengler hatte nichts bemerkt. Er fuhr weiterhin in ruhigem Tempo durch die Stadt.
»Was will Kullmann denn erreichen, wenn Kurt Spengler in sein Büro kommt?«, fragte Erik, während er dem Jaguar folgte.
Der Regen wurde stärker. Für Kurt Spengler war es unmöglich zu erkennen, dass er verfolgt wurde. Auch die Verfolger hatten ihre Not, ihn nicht aus den Augen zu verlieren.
»Er hofft, dass Kurt einen Fehler macht, wenn er sich in die Enge getrieben fühlt. Die Erwähnung von Esches Namen war ganz gezielt. Kurt Spengler sollte den Eindruck gewinnen, dass wir mehr über Esche wissen, als ihm lieb sein könnte!«
»Wenn die Dinge so liegen, hat er schon den ersten Fehler gemacht«, staunte Erik. »Er gab uns gegenüber vor, Esche nicht zu kennen.«
»Stimmt! Kullmanns Plan funktioniert also«, stimmte Anke zu.
»Nur leider führt die Richtung, in die Kurt Spengler fährt, nicht zum Landeskriminalamt«, stellte Erik überrascht fest.
»Nein. Wie es aussieht, fährt er ins Krankenhaus zu Robert!«
»Schöne Bescherung! Niemand kann ihm einen Vorwurf machen, wenn er seinen Sohn im Krankenhaus besucht!«
»Inzwischen ist es aber zehn Uhr in der Nacht, keine übliche Zeit für Krankenbesuche. Was will er dort?«, überlegte Anke.
»Vielleicht hat der kurze Anruf damit zu tun«, vermutete Erik.
*
Inzwischen hatten alle bis auf Kullmann die Dienststelle verlassen. Der heftige Regen blieb. Im Stakkato trommelte er auf den asphaltierten Innenhof. Bei geöffnetem Fenster begrüßte Kullmann die frische Luft, fühlte sich aber in dem unerbittlichen Regenrhythmus wie gefangen. Dass sich der Tag schneller dem Ende neigte, bedrückte ihn. Die Ungewissheit, ob sein Plan funktionierte, ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. In der Eintönigkeit des Regenkonzerts fiel ihm das Warten schwer. Er wollte endlich was Handfestes.
Das Telefon läutete in die Stille. Erwartungsvoll riss Kullmann den Hörer herunter und bellte seinen Namen hinein.
»Hier ist Jürgen. Wir haben zusammen mit den Kollegen alle Verstecke abgesucht und keine Spur von Steven Dienhardt gefunden. Die Kollegen der Bereitschaftspolizei sind seit Stunden daran, den Jungen über die Landesgrenze hinaus zu suchen, ohne Ergebnis. Was sollen wir jetzt machen? Sollen wir die ganze Nacht weitersuchen?«
»Nein, das ist nicht nötig. Solange der Junge nicht in unserer Nähe ist, ist er nicht gefährlich«, meinte Kullmann, worauf Jürgen verwundert reagierte: »Wie kommst du darauf, dass er nicht in unserer Nähe ist?«
»Weil ihr ihn dann gefunden hättet. Also macht euch nicht verrückt, brecht die Arbeit ab und meldet euch morgen früh wieder, bevor ihr die Suche fortsetzt«, lautete Kullmanns Anweisung. Jürgen seufzte erleichtert auf.
Nach diesem Gespräch informierte er den Kollegen an der Pforte, welchen Besucher er noch zur späten Stunde erwartete. Schließlich sollte sein Plan nicht an
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