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Kultur 08: Der Algebraist

Kultur 08: Der Algebraist

Titel: Kultur 08: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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kudosvermehrender
Schnelligkeit!) geliefert worden, und mit ihr waren allerlei
Geschenke von Freunden und Verwandten eingetroffen. Die meisten der
edlen Spender hatten es offenbar für ihre Pflicht gehalten, ihre
überwiegend nutzlosen oder sogar gefährlichen Gaben
persönlich zu überreichen und dabei Unmengen von
widersprüchlichen, aber dafür umso lauteren
Ratschlägen von sich zu geben.
    Y’sul war sehr aufgeregt und fand es schmeichelhaft, dass man
ihm so viel Beachtung schenkte. Er hatte alle Besucher zu einem
kleinen Imbiss in seine Garderobe gebeten und war nun dabei, seine
neuen Kleider anzuprobieren und sich zu vergewissern, dass ihm der
antike Panzer, ein Familienerbstück, noch einigermaßen
passte und sich mit all dem Krimskrams kombinieren ließ, den er
dazubekommen hatte. Fassin zählte mehr als dreißig Dweller
in diesem Raum, einem der größten in dem radförmigen
Haus. Es gab ein Sprichwort, wonach ein Dweller die Vorstufe zu einem
Streit war, zwei eine Verschwörung und drei ein Aufruhr. Was
eine Versammlung von mehr als dreißig Exemplaren darstellen
sollte, wusste er nicht genau, aber mit taktvoller Zurückhaltung
hatte es sicher nichts zu tun. Der Lärm hallte von den
gewölbten Wänden wider. Die Kleidung tat alles, um die
Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Über alle freiliegenden
Körperteile flimmerten ausdrucksstarke Muster wie abstrakte
Videoinstallationen. Magnetwellen plätscherten durch den Raum,
Infraschall wurde Verwirrung stiftend von Wand zu Wand reflektiert,
und eine berauschende Mischung von Pheromonen erzeugte überall
wilde Ausbrüche von Dweller-Heiterkeit.
    - Gibt es noch andere Führer/Beschützer, die wir
anwerben könnten?, fragte Hatherence und presste sich
unterhalb von Fassin an die Wand, als sich ein weiterer mit
Geschenken beladener Dweller durch die Menge auf Y’sul
zuschob.
    - Eigentlich nicht, antwortete Fassin. – Als
Y’sul sich damals als Mentor für Onkel Slovius zur
Verfügung stellte, musste er in der Gilde der
Beschützer/Mentoren beträchtliche Kudos-Einbußen
hinnehmen, weil er sich mit einem Fremdweltler, noch dazu einem Alien
einließ. Irgendwann hat er die Verluste wieder wettgemacht,
aber es war eine mutige Entscheidung, zu der nicht viele bereit
wären. Jemand Neuen zu suchen und wieder von vorne anzufangen,
würde Jahre dauern, selbst wenn Y’sul damit einverstanden
wäre.
    Ein kleines, rundes, rosarotes Ding prallte gegen den Schutzanzug
des Colonel und blieb daran kleben. Sie streifte es ab. – Was
ist das denn?, fragte sie ärgerlich.
    - Nur ein Ausdruck von Gastfreundschaft, sendete Fassin
resigniert.
    Bobfrüchte, Wergbälle, Gummilüster-Sträucher
und schwankende Windtabletts mit Süßigkeiten,
Stimmungsballons, Narkocremes und Partyzäpfchen schwebten oder
tanzten durch den Raum. Die Gäste bedienten sich ungeniert und
aßen, schluckten, schnieften, massierten oder führten ein,
was das Zeug hielt. Der Lärm schwoll von Minute zu Minute weiter
an, die Kollisionen wurden häufiger – immer ein sicheres
Zeichen dafür, dass Dweller die Kontrolle verloren. (Viele laute
Schläge, hastiges ›Verzeihung!‹, unerwartetes Abkippen
und Ausbrüche von besonders grölendem Gelächter
beseitigten auch die letzten Zweifel daran, dass viele der Anwesenden
ihren Auftrieb nicht mehr im Griff hatten).
    - Du meine Güte, sagte Fassin. – Das scheint
zu einer Party zu entgleisen.
    - Sind diese Leute etwa berauscht?, fragte Hatherence. Es
klang aufrichtig schockiert.
    Fassin wandte sich ihr zu und signalisierte Ungläubigkeit.
– Colonel, sagte er. – Sie sind selten in einem
anderen Zustand.
    In Y’suls Nähe war ein Knall zu hören und jemand
schrie auf. Mitten im Gas war eine Bobfrucht zerplatzt und sank nun
langsam zu Boden. Die Umstehenden wischten sich das schaumige
Fruchtfleisch von der Kleidung.
    »Hoppla!«, sagte Y’sul unter allgemeinem
Gelächter.
    - Er kann nicht der einzige Führer sein!, protestierte
der Colonel. – Was ist mit den anderen Sehern? Sie haben doch
sicher auch einen Führer?
    - Schon, aber es ist eine sehr persönliche, exklusive
Beziehung. Seinen Beschützer/Mentor zu entlassen, wäre eine
schwere Beleidigung. Alle würden an Kudos verlieren.
    - Major Taak, wir können uns keine Sentimentalitäten
leisten! Wenn es auch nur eine kleine Möglichkeit gibt, einen
besseren, nicht ganz so schwachsinnigen Führer zu finden,
sollten wir zumindest zu suchen anfangen.
    - Alle Beschützer/Mentoren gehören einer Gilde

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