Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können
erkennen glaubt. Seinem bauernschlauen Diener Sancho Pansa gelingt es nicht, ihn von diesem Wahn zu befreien. Obwohl dieser Roman 400 Jahre alt ist, lässt er sich noch heute mit großem Vergnügen lesen.
Die großen Russen
Während die Weimarer Klassik des 18. Jahrhunderts als die große Zeit der deutschen Literatur gilt (dazu später), kamen im 19. Jahrhundert die größten Dichter aus Russland. Zwei Merkmale zeichnen die russischen Romane dieser Epoche aus: beißende Gesellschaftskritik und eine scharfsinnige Psychologie der Figuren. Für Letztere ist Fjodor M. Dostojewski (1821–1881) berühmt. In seinem Roman »Schuld und Sühne« (1994 von Swetlana Geier neu übersetzt als »Verbrechen und Strafe«) begeht der Student Rodion Raskolnikow einen Mordan seiner unsympathischen Vermieterin. Obwohl der Mörder sich einredet, die Tat sei moralisch gerechtfertigt, plagen ihn Schuldgefühle. Sein Gewissen sucht ihn in Fieberträumen heim, und am Ende stellt er sich den Behörden. In »Der Spieler« verarbeitete Dostojewski seine eigene Spielsucht. Übrigens diktierte er diesen Roman innerhalb von 26 Tagen, um mit dem Honorar seine drängenden Casino-Schulden zu begleichen.
Leo Tolstoi (1828–1910) ist der Verfasser des weltberühmten Ehebruch-Dramas »Anna Karenina«, auf das wir später noch zurückkommen werden. In seinem zweiten Hauptwerk »Krieg und Frieden« zeichnete Tolstoi ein großartiges Porträt der russischen Gesellschaft während der Napoleonischen Kriege. Drei Namen sollten Sie sich außerdem noch merken: Nikolai Gogol (1809–1852), in dessen ironischer Groteske »Die Nase« einem kleinen Beamten seine Nase abhandenkommt. Iwan Turgenjew (1818–1883), dessen »Väter und Söhne« den Konflikt zwischen den Gesellschaftsvorstellungen der zaristischen Gutsbesitzer und der neuen, nihilistischen Generation schildert. Und schließlich Alexander Puschkin (1799–1837), der große Romantiker und Nationaldichter Russlands. Sein Versepos »Eugen Onegin« hat Peter Tschaikowsky als Oper vertont.
Die großen Franzosen
In der französischen Literatur sollten wir uns zwei Epochen näher ansehen: die Aufklärung und das 19. Jahrhundert.
Das ausgehende 18. Jahrhundert war in Frankreich die große Zeit der Aufklärung, also der Aufforderung, seinen eigenen Verstand zu benutzen, um den »Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit« zu erreichen, wie es der deutsche Philosoph Immanuel Kant 1784 formulierte (siehe Kapitel Philosophie). Denis Diderot gab das erste Lexikon, genauer gesagt: die Enzyklopädie, heraus, um das verstandesuntermauerte Wissen seiner Zeit zu bündeln. Zu den großen Aufklärern zählte Voltaire (1694–1778), der Lieblingsphilosoph des preußischen Königs Friedrich der Große. Sein Roman »Candide oder Die beste aller Welten« ist eine sehr witzige Satire über einen einfach gestrickten Helden, eben jenen Candide, der alles, was ihm widerfährt, in einem optimistischen Licht sieht – sogar das große Erdbeben von Lissabon. Die ewig aktuelle Kunst der Intrige lernen wir hingegen in Choderlos de Laclos’ (1741–1803) »Gefährliche Liebschaften« kennen (verfilmt mit John Malkovich und Glenn Close) – einem Roman, der als Briefwechsel konzipiert ist, ein im 18. Jahrhundert beliebtes literarisches Mittel.
In glänzender Form zeigten sich die französischen Schriftsteller nochmals im 19. Jahrhundert. Vier Namen verdienen besondere Beachtung: Stendhal, Balzac, Hugo und Flaubert (auf den wir später noch zu sprechen kommen). Stendhal (1783–1842) verfasste eine quicklebendige Geschichte um einen liebestrunkenen Helden, seine amourösen Verwicklungen und höfische Intrigen (»Die Kartause von Parma«). Honoré de Balzac (1799–1850) war ein Vielschreiber, der Johannes Mario Simmel seiner Zeit – nur anspruchsvoller. Sein großes Ziel: ein Gesamtwerk aus 137 Romanen zu schaffen, das alle menschlichen Schwächen und Stärken, Eitelkeit und Großmut in sich vereint. Er wurde nicht fertig, schaffte aber immerhin 91 Bücher seiner »Comédie Humaine«, der »Menschlichen Komödie« (eine Anspielung auf Dantes »Göttliche Komödie«). Für den Einstieg zum Schmökern empfiehlt sich daraus »Vater Goriot« oder »Glanz und Elend der Kurtisanen«.
Victor Hugo (1802–1885) kennen die meisten als Autor des »Glöckners von Notre Dame«, der romantischen Liebesgeschichte zwischen der schönen Zigeunerin Esmeralda und dem hässlichen Quasimodo im
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