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Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)

Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)

Titel: Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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einen
Absatz aus dem Fundortsbericht. »Hier sind die Schuheindrücke auch erwähnt. ›Im
dichten Gebüsch hinter der gegenüberliegenden Grabstelle fanden sich sich
gegenseitig überlappende Schuheindruckspuren der Profilsohlenschuhe mit
bekannter Scharte‹. Das spricht dafür, dass der Täter hier eine Weile gewartet
hat.«
    Silke
zog sich einen Besucherstuhl heran, plumpste wenig elegant auf die Sitzfläche.
    »Hatte
Lombard ein Handy?«
    »Soweit
wir das wissen, nicht«, antwortete Wiener. »Sie haben den Treffpunkt von
Angesicht zu Angesicht ausgemacht? Am Grab des Vaters? Zu dem der Sohn keine
tiefe Beziehung hatte?«
    Nachtigall
griff zum Telefon.
    »Guten
Abend, Frau John, ja, ich weiß, dass ich lästig bin. Bringt der Beruf so mit
sich. Wann hat Heiner Sie denn zum letzten Mal besucht? Und hat er sich mit
jemandem getroffen? Vielleicht war ja überraschend ein Fremder an der Tür.
Drückerkolonne, Vertreter für Markisen? Ach – und
Ihr Sohn hat den Mann weggeschickt? Ja, danke.« Er atmete durch und legte auf.
    »Ihr
habt es gehört? Lombard war etwa zwei Wochen, bevor er gefunden wurde, bei
seiner Mutter, weil er für die Urlaubsreise noch etwas abholen wollte. Während
er in einer alten Kiste wühlte, klingelte es an der Tür und da stand jemand,
der Frau John eine Versicherung anbieten wollte. Heiner hat den Kerl mit ein
paar Worten unfreundlich abgefertigt. Der ist dann auch tatsächlich
verschwunden und zu ihrer Freude auch nicht wieder aufgetaucht. Das könnte also
der Todestag gewesen sein.«
    »Ein
Versicherungsvertreter lauert ihm auf, bringt ihn um, weil er so unfreundlich
war?«, fragte Silke verständnislos. »Der war gar keiner!«, erkannte sie dann
und strahlte stolz. »Bei der Gelegenheit hat sich Lombard mit dem Mann
verabredet!«
    »Genau.«
    »Heiner
Lombard, euer erstes Opfer, wurde erdrosselt. Beim zweiten hat der Täter ein
wahres Blutbad angerichtet. Warum?«, wollte Couvier wissen. »In der Wohnung
lebte der Täter seine Affekte intensiv aus. Wenn er beide Opfer kannte … «
    »Hat er
wirklich hinter dem Busch gewartet, die Schlinge vorbereitet in der Hand? Und
war dann noch Zeit für ein Gespräch? So wie in der Wohnung? Hat er vom zweiten
Opfer etwas erfahren, was ihn derart in Rage gebracht hat?« Nachtigall runzelte
die Stirn, versuchte ungeschickt mit der gesunden Hand das Gummiband am Zopf
höher zu schieben. »Achim Wintzel verschwand kurz vor Maik Grendke. Gibt es
zwischen dem alten und dem neuen Fall einen Zusammenhang, den wir nicht sehen
können?«
    »Maik
Grendke. Ist das der Mann, von dem die Aufzeichnungen in diesem Heft sind?«,
fragte Couvier und deutete auf die Kladde aus dem Schiffsfrachtraum.
    »Ja.
Hast du den gesamten Text gelesen?«
    Couvier
nickte. »Wenn er all diese schrecklichen Dinge wirklich erlebt hat, so gequält
und geschunden wurde, gefoltert, gebrochen – dann
ist er sicher jetzt in Behandlung.«
    »Maik
Grendke ist tot.« Michael Wiener klang enttäuscht.
    »Ach?«
    »Er
wurde im Bauch eines Schiffes tot aufgefunden.«
    Wieder
störte das Telefon.
    »Wiener!«
    »Wann?
Vor fünf Minuten! Einer von euch ist nachgeschlichen und hält Kontakt? Wir sind
gleich da.«
    Zu
Nachtigall gewandt sagte er: »Das waren die beiden Beamten vor Langers
Wohnblock. Ein Mann in Handwerkermontur ist gerade ins Haus gegangen, er hatte
eine Frau dabei. Die Kollegen fanden das seltsam, weil die Frau nicht so
angezogen war, als wolle sie eine Heizung reparieren oder im Liftschacht
herumkriechen.«
    Er
hatte noch nicht zu Ende berichtet, da war Nachtigall auch schon aufgesprungen.
»Los, alle!«
    Ungerührt
beobachtete Couvier, wie die drei auf den Gang hinausstürmten.
    Er
beschäftigte sich lieber mit den möglichen Antworten auf all die vielen
gestellten Fragen.

31
     
    Ich glaube, man hat mich
vergessen.
    Die
Welt hat mich einfach von der Liste der Menschen gestrichen.
    Wir
trinken unsere eigene Pisse, notfalls auch die von einem anderen.
Wahrscheinlich war es richtig uns zu streichen, denn so benimmt sich ein Mensch
auch nicht. Manchmal versuche ich mir vorzustellen, wie es zu Hause ist. Aber
das lasse ich besser bleiben. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie eine
Rolltreppe aussieht oder ein Pfirsich, wie Milch schmeckt oder eine Banane. Es
stimmt mich nur traurig, noch trauriger. Wir versuchen manchmal nicht
weiterzuleben. Doch ohne jede Waffe bleibt nur Luftanhalten, sich gegenseitig
erwürgen und solche Dinge. Nur, wenn ich einen erwürge, wer tut es dann

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