Kunstblut (German Edition)
braucht also nicht hektisch zu werden.«
Ich ging zu meinem Quattroporte. Solange ich Fahrenbachs Leute hinter mir hatte, konnte sogar Arnies Schwachkopf mir folgen, aber im Moment musste ich damit leben.
In meiner Wohnung schaffte ich es gerade bis zur Bar, als das Telefon zu klingeln begann. Ich schenkte mir einen kleinen Calvados ein, bevor ich dranging, doch als ich die Nummer auf dem Display erkannte, knallte ich das Glas ärgerlich auf den Tisch: Der Anruf kam von Wolters Anschluss. Ich wartete, bis der Anrufbeantworter ansprang; aber es war nicht Frau Wolter, wie ich erwartet hatte.
Es war Fahrenbach.
»Was so eine Wahlwiederholungstaste alles hergibt, Kant«, krähte seine Stimme aus dem Lautsprecher. »Ich bin einigermaßen erstaunt, dass Wolter Sie angerufen hat, wo Sie ihn doch nur rein zufällig nach Frankfurt gefahren haben. Ich erwarte Sie morgen früh im Präsidium. Und dann sollten Sie eine gute Erklärung parat haben. Sonst krieg ich Sie nämlich dran.« Er legte auf.
Missmutig nahm ich das Glas und trank. Ich würde mir schon eine Erklärung einfallen lassen – die Frage blieb, was Frau Wolter ihm erzählte.
Das Glas in der Hand, ging ich zum Fenster. Der Passat stand gegenüber, wo er hingehörte, aber der BMW war außer Sicht. Ich nahm das Handy und rief Herrn Kim an.
»Dieses Mal könnte es ein bisschen heikel werden«, sagte ich, als er sich meldete.
»Ich nehme an, Sie werden den Preis anpassen«, antwortete er. »Der übliche Ort?«
»Nein. Fahren Sie weiter in die Markgrafenstraße hinein und warten Sie gegenüber der Einfahrt zur Tiefgarage, die mit der Tankstelle.«
»Kenn ich.«
»Wann können Sie da sein?«
»In fünfzehn Minuten.«
»Das passt«, sagte ich und legte auf.
* * *
Ich entdeckte den BMW bereits, bevor ich noch über den Zaun war. Er stand direkt vor der Gittertür. Der Fahrer würde mich nicht sehen, ich war vollständig schwarz gekleidet. Dieses Mal wählte ich den Weg über die Höfe der angrenzenden Grundstücke, für den ich ausnahmsweise und absichtsvoll Sportschuhe trug. Er führte über einen mannshohen Zaun und eine Mauer mit Glassplittern. Ein guter Kontakt zu einem bestimmten Hausmeister hatte mich in Besitz eines Hoftürschlüssels gebracht, der es mir erlaubte, durch ein Treppenhaus auf die Markgrafenstraße zu gelangen, knapp außer Sicht eines an der Ecke wartenden Beobachters. Ich benutzte diesen Weg nur in Sonderfällen. Zum Beispiel bei einer doppelten Beschattung.
Herr Kim wartete bereits auf mich, als ich aus der Haustür trat. Mit stoischer Miene legte er den Express zusammen, als ich mich neben ihn setzte.
»Wir müssen wieder nach Benrath. Da, wo die Dame ausgestiegen ist. Wissen Sie die Adresse noch?«
»Das war Am Mönchgraben.«
»Gut. Haben Sie Erfahrung darin, Verfolger abzuschütteln?«
»Ich stamme aus Pjöngjang, Herr Kant. Da kommt niemand weg, der das nicht kann.«
»Ich glaube nicht, dass die deutsche Kripo so hartnäckig ist wie eine nordkoreanische Grenzstreife«, sagte ich.
Zum ersten Mal sah ich ihn lächeln. Er fuhr los.
Wolters Haus war hell erleuchtet. In der Nähe standen etliche Wagen herum, die der Kripo gehören konnten, doch noch während wir daran vorbeirollten, öffnete sich die Haustür, und Fahrenbach trat gemeinsam mit seinem neuen Assistenten auf die Straße. Herr Kim fuhr langsam weiter; ich drehte mich um. Wie immer wunderte ich mich über die Geschwindigkeit, mit dem sich dieser Fettklops bewegte. Sie stiegen in einen Mondeo. Als sie anfuhren, winkte der junge Inspektor lässig den Insassen eines anderen Mondeos zu, der gegenüber von Wolters Haus parkte.
»Fahren Sie mich zum ›Mühlhaus‹«, sagte ich, und Herr Kim gab wieder Gas. An der Paulsmühlenstraße kam fünfzig Meter vor uns ein Blumenverkäufer mit einem nicht sehr großen Strauß langstieliger Rosen aus einer Eckkneipe.
»Halten Sie bitte«, sagte ich. Herr Kim stoppte den Mercedes neben dem Pakistaner. Ich ließ die Scheibe herunter. »Zwanzig für alle«, sagte ich und hielt ihm einen Schein hin.
Er strahlte und sagte: »Fünfzig.«
Einen Moment starrten wir uns in die Augen, ohne dass sein Lächeln sich verändert hätte, schließlich nahm ich noch zwei Zehner aus der Brieftasche und hielt sie gemeinsam mit ihrem großen Bruder aus dem Fenster.
Er strahlte weiter und sagte: »Fünfzig.«
Ich zog die Hand wieder herein. »Dreißig«, sagte ich.
Sein Strahlen verschwand. »Wir waren bei vierzig«, sagte er.
»Genau,
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