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Kunstblut (German Edition)

Kunstblut (German Edition)

Titel: Kunstblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schüller
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in Richtung der Fensterscheibe, »schließlich bezahle ich dich.«
    » Da für? Dass ich dir keine Fragen stelle?«
    »Auch dafür«, sagte sie leise.
    »Dann kann ich den Job nicht machen, Isabelle.«
    Endlich wandte sie mir den Blick zu. Sonnenlicht fiel durch das Fenster und ließ ihr Haar aufleuchten, es schien in rotgoldenen Flammen zu stehen. Sie tat einen kleinen Schritt auf mich zu und legte ihre Hand um meinen Nacken.
    »Lass mich nicht allein, Jo«, flüsterte sie und drückte ihre Lippen auf meine.
    * * *
    Katjas Blick war so spöttisch wie ungläubig, als ich um neunzehn Uhr neunundfünfzig das »Mühlhaus« betrat. Sie knotete die lange, weiße Schürze auf, verabschiedete sich kurz von ihrem Barmann und kam auf mich zu. Ich bekam sogar einen Kuss auf die Wange, bevor ich ihr in den Mantel half. Herr Kim brachte uns ins »Schiffchen«, wo ich unter Einsatz meiner sämtlichen Beziehungen noch einen Tisch bekommen hatte.
    »Ich kann immer noch nicht glauben, dass du tatsächlich für mich Zeit hast«, sagte sie, als die Ober uns mit der Ambroisie von der Gänseleber alleingelassen hatten, dem Ersten von acht Gängen.
    »Habe ich auch nicht«, antwortete ich.
    Sie verzog das Gesicht. »Wie lange gibst du uns denn?«
    »So lange du willst.« Ich stieß mein Weinglas an ihres.
    »Und wenn dein Handy klingelt?«
    »Ich habe es ausgeschaltet.«
    »Womit hab ich das nur verdient«, seufzte sie und nahm einen kräftigen Schluck, der das Glas fast leerte. »Krieg ich noch einen?«, fragte sie.
    »Alles, was du willst«, antwortete ich und liebte sie sekundenlang für den Schalk in ihren Augen. Der Ober schenkte von dem Elsässer Gewürztraminer nach, den ich gegen den Sommelier durchgesetzt hatte.
    »Die Frau ist nicht mehr aufgetaucht gestern«, sagte sie.
    »Was ist das ? Willst du jetzt über meine Arbeit reden, Katja?«
    »Die Frau hat Probleme, hast du gesagt.«
    »Das stimmt auch.«
    »Und dann sitzt du hier mit mir?«
    »Ich habe dir ja gesagt, dass ich keine Zeit habe.« Mein Lächeln verfehlte seine Wirkung.
    »Du willst ihr also nicht helfen?«
    »Ich wüsste nicht, wie. Sie ist verschwunden. Außerdem hat sie sich ihre Probleme selbst bereitet. Ich denke nicht, dass das mein Job ist.«
    Sie schüttelte den Kopf und stellte ihr Glas ab.
    »Du bist oft so kalt, Jo«, sagte sie, ohne mich anzusehen. »Manchmal bist du mir unheimlich.«
    »Ich bin kein edler Ritter, Katja. Ich mache meinen Job, und der ist nicht, die Welt zu retten. Die Leute, mit denen ich zu tun habe, sind so gut wie nie – nein, tatsächlich nie – ohne eigenes Zutun in die Situationen geraten, aus denen ich sie dann heraushauen soll. Die Frau hat versucht, jemanden zu erpressen. Ich weiß weder wen noch womit, aber diese Leute haben wohl etwas humorlos reagiert. Wenn ich eine Ahnung hätte, wo sie steckt, würde ich ihr helfen – wenn es Sinn machte. Ich kann nicht jeden Mist verhindern, den sich irgendwelche Halbweltler gegenseitig antun wollen, nur weil ich zwischendurch zufällig in der Nähe bin. Ich bin kein Polizist, und das mit Absicht.«
    »Ich wollte dich nicht beleidigen, Jo.« Sie sah mich kühl an.
    »Das hast du nicht. Aber müssen wir an einem solchen Abend wirklich über mich und meine Arbeit reden?«
    »Bin ich nicht Teil deiner Arbeit? Ich verschaffe dir Alibis, verleugne dich oder andere, bestreite, dich jemals gesehen zu haben, wie immer es gerade sein muss. Dafür gehst du einmal im Jahr mit mir essen.«
    »Nicht nur«, wandte ich ein.
    »Stimmt, wir haben auch mal miteinander geschlafen. Früher.«
    Ich grinste halb. »Siehst du?«
    »An die drei Male kannst du dich noch erinnern?«
    »Ich meine, es waren sechs Mal.«
    »Fang jetzt nicht so an, Jo. Ich finde, ich habe ein Recht zu erfahren, was du so treibst und was für Leute du in meinen Laden schleppst. Sonst kannst du auf mich nicht länger zählen.«
    Zwei Ober traten an unseren Tisch und tauschten Teller und Gläser aus. Zur Seewolfschnitte und dem Velouté vom Bressehühnchen wählte ich einen Mönchberg Pinot-Gris. Mit dem Pegel dieser Flasche sank auch Katjas Angriffslaune etwas, und ich fand gerade die Hoffnung auf einen gelungenen Abend wieder, als der Maître zu mir an den Tisch trat und sich zu meinem Ohr herunter beugte.
    »Ich bitte um Verzeihung, Herr Kant von Eschenbach, aber da ist ein Herr am Telefon, der Sie zu sprechen verlangt. Er hat seinen Namen nicht genannt, aber es sei außergewöhnlich dringend«, flüsterte er.
    »Was ist denn?«,

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