Kunstblut (German Edition)
Kim geistesgegenwärtig mit »Korea«, was die Frau dazu veranlasste, von ihrer Freundin aus Nippes zu erzählen, die letztes Jahr in Thailand gewesen war. »Vor diesem Moslembombengedöns, wissense.«
Ich versuchte, van Wygan zu verstehen, aber die Frau übertönte ihn, redete immer weiter und machte nicht den Eindruck, als ob sie in absehbarer Zeit damit aufhören würde.
Friedel sah mich fragend an. Ich zuckte die Schultern.
»Do hingen noch’n Kölsch?«, rief die Frau und verschwand endlich aus der Leitung.
»Ja, Sie bekommen noch eine Chance. Ich bin schließlich kein Unmensch. Ich habe sogar Swann eine zweite gegeben, nicht wahr?«
Steen stieß ein böses Lachen aus. »Und er hat sie genutzt.«
»Reden Sie keinen Blödsinn, Mann!«
»Herr Professor, ich werde …«
»Schweigen Sie. Nur der Beweis zählt.«
»Ich verstehe, Herr Professor.«
»Gut.«
»Euch auch noch zwei?«, krähte die Wirtin dazwischen.
»Nein, ich möchte zahlen«, sagte Steen.
»Zusammen? Macht dreizehn, Liebelein.«
»Ich möchte auch zahlen«, sagte Herr Kim mit alarmiertem Unterton in der Stimme.
»Einer nach dem anderen, junger Mann.«
»Stimmt so«, sagte Steen.
»Könnte ich auch …«, sagte Herr Kim.
»Bin gleich bei dir.«
Die Tür öffnete sich. Van Wygan und Steen kamen heraus und gingen die schmale, zugeparkte Straße hinunter. Van Wygan weit ausschreitend, Steen hektisch trabend hinter ihm. Herr Kim tauchte nicht auf, also sprang ich aus dem Wagen und folgte ihnen. Friedel kam hinterher. An der nächsten Ecke trennten sich die Wege der beiden; van Wygan bog grußlos nach rechts ab, Steen rief ihm noch »Gute Nacht, Herr Professor« nach, dann ging er in die andere Richtung. Ich drehte mich zu Friedel um und zeigte van Wygan hinterher. Er nickte und bog ab, ich folgte Steen. Zügig ging er vor mir her, ohne sich umzudrehen. Die Straße war schlecht beleuchtet, aber für die fortgeschrittene Stunde stark bevölkert. Ständig kamen uns Fußgänger entgegen. Nach hundertfünfzig Metern zog Steen einen Schlüssel und verschwand in der Tür eines alten Mietshauses. Bevor ich die Tür erreichte, fiel sie ins Schloss. Im Licht meiner Maglite las ich die Klingelschilder, aber Steens Name war nicht dabei.
Ich lief zurück zu Herrn Kims Taxi.
»Tut mir Leid, ich musste noch zahlen«, sagte er, als ich einstieg.
»Nicht Ihr Fehler«, sagte ich.
Bereits eine Minute später kam auch Friedel zurück. Er schüttelte schon von weitem den Kopf und winkte ab.
»Er hat ein Taxi angehalten und war weg. Dumm gelaufen. Was haben die beiden da drin geredet?«
»Ich habe dem Gespräch nicht ganz folgen können«, sagte Herr Kim.
»Das lag nicht an Ihnen«, sagte ich. »Das lag an dem, was er gesagt hat. Van Wygan trauert um sein Konzept. Sein Schüler läuft Amok, erschießt seine Geliebte und den OB , und van Wygan denkt an sein Konzept.«
Friedel stieß ein grimmiges Lachen aus. »Ich hatte es von Anfang an im Urin, der Mann hat sie nicht alle!«
»Das ist sein Job, er ist Künstler. Was hat dich eigentlich auf die Idee gebracht, ihn zu verfolgen?«, fragte ich.
»Ich fand es erstaunlich, dass er so schnell abgehauen ist. Die ganze Sache galt doch offensichtlich ihm. Und er verschwindet einfach. Und jetzt sitzt er hier mit einem Mordverdächtigen. Ich hab es ja gesagt: Ich hatte was im Gefühl.«
»Im Urin, hast du gesagt.«
»Im Urin. Genau. Lass uns da doch ein Kölsch trinken gehen.« Er lachte heftig über seine fragwürdige Assoziationskette. »Vielleicht kennen sie Steen da drin ja.«
»Ich bleibe im Wagen, wenn’s recht ist«, sagte Herr Kim schnell.
Friedel stieg aus und betrat zielstrebig die Kneipe; ich folgte widerwillig. Er besetzte resolut den zentralen Platz an der Theke. Auf den fragenden Blick der Wirtin hob er zwei Finger.
»Ihr seid das erste Mal hier, Liebeleins, oder? Wo kommt ihr denn her?«
Bevor ich intervenieren konnte, antwortete Friedel deutlich vernehmbar: »Düsseldorf.«
Es wurde merklich leiser im Raum.
»Wir haben hier nichts gegen Neger«, sagte eine Stimme, und verhaltenes Gelächter löste die Situation.
Etwas boxte gegen meine Hüfte. Als ich hinunter sah, entdeckte ich eine etwa einen Meter zehn hohe Frau, die mich anstieß.
»Sie sind aus Düsseldorf?«, fragte sie.
Als ich nickte, erklärte sie mir ihr Verständnis und ihr umfassendes Wissen um Düsseldorf, denn sie hatte vor zwölf Jahren nicht weniger als vier Monate in Unterrath verbracht, weil ihr damaliger Freund
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