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Kurbjuweit, Dirk

Kurbjuweit, Dirk

Titel: Kurbjuweit, Dirk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriegsbraut
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weil
ich glaube, dass die Schüsse von dieser Seite kommen, da ist ein ziemliches
Loch im Bauch, ein Stück Darm ist draußen, so viel - sie zeigt zehn Zentimeter
mit den Händen -, der Oberfeld stöhnt, ist aber ruhig insgesamt, ich sag dem
Sani, er soll einen Zugang legen, aber das weiß der auch, und ich will den
Oberfeld intubieren, aber ich kriege den verdammten Schlauch nicht rein, weil
ich nichts sehe, die Sonne steht so beschissen, dass ich die Stimmritzen nicht
erkennen kann und Angst habe, dass ich nicht treffe, und ich fummle da rum,
und der Sani sagt, dass der Zugang liegt, aber ich hab den Schlauch immer noch
nicht drin, deshalb sag ich, er muss rein in den Fuchs, obwohl es da zu eng
ist, um zu arbeiten, aber wir legen den Oberfeld rein, und drinnen schaff ich's
dann auch, meine Güte, ich schließe das Beatmungsgerät an und sage dem Sani, er
soll dem Oberfeld erst Fetanyl reinjagen, dann Etomidate, dann Muskelrelaxans,
und wir fahren los ...»
    «Warum
seid ihr nicht gleich losgefahren?», unterbrach Esther sie.
    «Weil man
bei der Schüttelei nicht intubieren kann.»
    Esther kam
sich dumm vor, unerfahren, nicht kampferprobt.
    «Wir
fahren los, der Oberfeld schläft schön, ich schaue auf den Monitor, wir haben
ihn ans Propac gekabelt...»
    «Was ist
Propac?», fragte Esther.
    «Patientenüberwachungsgerät,
EKG, Blutdruck und so weiter, und der Sani ruft «Scheiße», und ich sehe, dass
dem Oberfeld wegen der Schüttelei der Arm von der Trage gefallen ist, und der
Zugang ist rausgerutscht. Wir müssen halten, sage ich ins Funkgerät, warum?,
kommt es zurück, weil der Scheißzugang draußen ist und wir ihn beim Fahren
nicht reinkriegen, sage ich, Fluchen, aber wir halten, der Sani stopft den
Zugang wieder rein, und wir fahren weiter. Wir legen ihm ein Brandwundenverbandtuch
auf den freiliegenden Darm und träufeln Ringerlösung drauf...»
    Esther
wollte fragen, was Ringerlösung ist, traute sich aber nicht mehr.
    «... der
Oberfeld fängt an, sich zu bewegen, was, schon ausgeschlafen, denke ich und
sage dem Sani, er soll ihm nochmal Etomidate geben, und dann schläft er weiter,
und wir liefern den Oberfeld in einem guten Zustand in der Rettungsstation ab,
und jetzt ist er schon in der Transall auf dem Weg nach Deutschland, und wisst
ihr was?»
    Sie machte
eine Pause.
    «Nun sag
schon», sagte Maxi.
    «Der
Oberfeld war pissen, und bei dem, der ihn sichern sollte, hat sich ein Schuss
gelöst, und die Kugel ist dem Oberfeld durch den Rücken in den Bauch gefahren
und vorne wieder raus.»
    «Wie?»
Esther konnte es nicht glauben.
    «Aber ihr
wart doch unter Beschuss», sagte Maxi.
    «Wir waren
nicht unter Beschuss.»
    «Warum
habt ihr dann zurückgeschossen?»
    «Weil die
keinen Feind sehen konnten, hat der Zugführer Blindfeuer befohlen. Kann man
machen in so einer Situation.»
    «Auweia»,
rief Esther und ließ sich zurückfallen. Ihr Kopf knallte gegen die Wand.
    «Hoffentlich
kommt er durch», sagte Maxi.
    «Kann es
nicht endlich mal losgehen?», sagte Ina und heulte.
    Sie war
ohnehin etwas labil in den vergangenen Tagen, ihr Kind war krank, hatte
vereiterte Nebenhöhlen. Sie war ständig in Sorge, dass daraus eine
Mittelohrentzündung werden könnte, und genau das war jetzt passiert. Jeder auf
der Stube wusste, dass eine Mittelohrentzündung ziemlich wehtut, und hatte
Mitleid mit Mario. Esther sagte, dass Robert schon alles richtig machen werde.
Da allerdings war sich Ina nicht sicher. Schließlich hat er auch nicht gemerkt,
dass aus einer Wunde, die harmlos aussah, eine Blutvergiftung wurde. Da war
Ina schon in Kunduz gewesen. Sie wollte sofort abreisen, aber dann kamen
beruhigende Nachrichten aus der Heimat, und sie ist geblieben. Es war noch
einmal gutgegangen. Nun die Mittelohrentzündung. Sie war Ärztin, sie wusste,
dass im schlimmsten Fall Taubheit zurückbleiben konnte. Sie malte sich aus, wie
schwer das Leben für ein taubes Kind ist, ständige Herabsetzung durch andere
Kinder, kaum Chancen auf einen guten Beruf, auf Glück. Sie rief die Hausärztin
an. Nicht so ernst, sagte die Hausärztin, aber Ina kündigte an, dass sie
Urlaub nehmen werde, wenn die Mittelohrentzündung nicht bald abklinge. Jetzt
noch das, ein Bauchschuss, aber nicht vom Feind, sondern «friendly fire».
    «Wir
müssen mal zurückschlagen, sonst gehen wir alle drauf», sagte Ina.
    «Wie bei
der Fliege», sagte Maxi.
    «Aber es
war », sagte Esther.
    «Trotzdem,
es ändert sich was, das merkt man», sagte

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